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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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malige Gouvernement in Washington diese Wendung der Dinge benutzen zu
wollen, und Mexico war so weit gekommen, daß es dazu selbst die Hand
bot. Vorerst handelte es sich hauptsächlich um pccuniäre Hilfe. Die Verein.
Staaten erklärten.sich bereit, der Regierung Comonforts 15 Millionen Dol¬
lars auf die Zolleintunfte zu leihen. Mexico zögerte, und man begreift leicht,
weshalb. Diese Geldopcration würde dem Präsidenten Nordamerikas eine
bequeme Handhabe zu steten Einmischungen in die innern Verhältnisse des
Nachbarstaats gegeben habe", während mit ihr die Gelegenheit zu ähnlicher
Einmischung andrer Mächte weggeschafft worden wäre.

Wohin dieses Verhältniß bei den Zuständen Mexico's zuletzt geführt
haben würde, kann nicht zweifelhaft sein. Das Zaudern Comonforts wich
indeß endlich dem Drang der Noth, und im Februar 1857 sendete er den
General Juaqumo Range! nach Washington, um Hilfe zu erbitten und den
Vereinigten Staaten das Protectorat über Mexico anzutra¬
gen. Allein währenddes, hatte Buchanan den Präsidentenstuhl bestiegen,
und dieser scheint die Ernte noch nicht für vollkommen reif zum Einheimsen
angesehen zu haben. Wenigstens fand er für gut, die Schlußphrase seiner
Antrittsbotschaft "die Unabhängigkeit aller Völker soll von uns heilig gehal¬
ten werden, und nie werden wir uns in die innern Angelegenheiten einer
Nation einzumischen versuchen, außer wenn dies von dem großen Gebot der
Selbsterlialtung verlangt wird," dadurch zu bekräftigen, daß er den Antrag
des mexicanischen Unterhändlers ablehnte. Ob im Ernst und definitiv, ob
nicht blos, um bei stärkerem Druck der Umstände günstigere Bedingungen her¬
auszupressen, ist eine Frage, die wir nicht beantworten können.

Was seitdem geschehen, ist noch in frischer Erinnerung. Spanien, Eng"
land und Frankreich haben sich vereinigt, in Mexico zu intcrvcnircn und
Erfüllung der ihnen von dorther gemachten Zusagen. Genugthuung für die
dort verletzten Interessen ihrer Unterthanen zu erzwingen. Sie haben in
einer Mittheilung an das Washingtoner Cabinet dieses Ziel der beschlossenen
Maßregeln angegeben, sich gegen die Unterstellung von Absichten auf Erobe¬
rung oder Beeinträchtigung des Rechts der Mexicaner, die Form ihrer Re¬
gierung selbst zu bestimmen, verwahrt und die Verein. Staaten eingeladen,
sich an der Expedition zu betheiligen. Präsident Lincoln hat durch seinen
Minister der auswärtigen Angelegenheiten antworten lassen, daß er das Recht
der drei Mächte, sich mit den Waffen Genugthuung zu schaffen, anerkenne,
dem Vüubmß derselben gegen Mexico aber nicht beitreten werde, da einmal
die traditionelle Politik der Verein. Staaten Allianzen mit fremden Nationen
verbiete, und andrerseits die Union gegen Mexico als Nachbarstaat und re-
publikanisch. eingerichtetes Land freundschaftliche Gesinnungen hege. Von die¬
sen Gesinnungen bewegt, habe man den Gesandten der Union in Mexico


malige Gouvernement in Washington diese Wendung der Dinge benutzen zu
wollen, und Mexico war so weit gekommen, daß es dazu selbst die Hand
bot. Vorerst handelte es sich hauptsächlich um pccuniäre Hilfe. Die Verein.
Staaten erklärten.sich bereit, der Regierung Comonforts 15 Millionen Dol¬
lars auf die Zolleintunfte zu leihen. Mexico zögerte, und man begreift leicht,
weshalb. Diese Geldopcration würde dem Präsidenten Nordamerikas eine
bequeme Handhabe zu steten Einmischungen in die innern Verhältnisse des
Nachbarstaats gegeben habe», während mit ihr die Gelegenheit zu ähnlicher
Einmischung andrer Mächte weggeschafft worden wäre.

Wohin dieses Verhältniß bei den Zuständen Mexico's zuletzt geführt
haben würde, kann nicht zweifelhaft sein. Das Zaudern Comonforts wich
indeß endlich dem Drang der Noth, und im Februar 1857 sendete er den
General Juaqumo Range! nach Washington, um Hilfe zu erbitten und den
Vereinigten Staaten das Protectorat über Mexico anzutra¬
gen. Allein währenddes, hatte Buchanan den Präsidentenstuhl bestiegen,
und dieser scheint die Ernte noch nicht für vollkommen reif zum Einheimsen
angesehen zu haben. Wenigstens fand er für gut, die Schlußphrase seiner
Antrittsbotschaft „die Unabhängigkeit aller Völker soll von uns heilig gehal¬
ten werden, und nie werden wir uns in die innern Angelegenheiten einer
Nation einzumischen versuchen, außer wenn dies von dem großen Gebot der
Selbsterlialtung verlangt wird," dadurch zu bekräftigen, daß er den Antrag
des mexicanischen Unterhändlers ablehnte. Ob im Ernst und definitiv, ob
nicht blos, um bei stärkerem Druck der Umstände günstigere Bedingungen her¬
auszupressen, ist eine Frage, die wir nicht beantworten können.

Was seitdem geschehen, ist noch in frischer Erinnerung. Spanien, Eng«
land und Frankreich haben sich vereinigt, in Mexico zu intcrvcnircn und
Erfüllung der ihnen von dorther gemachten Zusagen. Genugthuung für die
dort verletzten Interessen ihrer Unterthanen zu erzwingen. Sie haben in
einer Mittheilung an das Washingtoner Cabinet dieses Ziel der beschlossenen
Maßregeln angegeben, sich gegen die Unterstellung von Absichten auf Erobe¬
rung oder Beeinträchtigung des Rechts der Mexicaner, die Form ihrer Re¬
gierung selbst zu bestimmen, verwahrt und die Verein. Staaten eingeladen,
sich an der Expedition zu betheiligen. Präsident Lincoln hat durch seinen
Minister der auswärtigen Angelegenheiten antworten lassen, daß er das Recht
der drei Mächte, sich mit den Waffen Genugthuung zu schaffen, anerkenne,
dem Vüubmß derselben gegen Mexico aber nicht beitreten werde, da einmal
die traditionelle Politik der Verein. Staaten Allianzen mit fremden Nationen
verbiete, und andrerseits die Union gegen Mexico als Nachbarstaat und re-
publikanisch. eingerichtetes Land freundschaftliche Gesinnungen hege. Von die¬
sen Gesinnungen bewegt, habe man den Gesandten der Union in Mexico


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/210>, abgerufen am 28.12.2024.