Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.zu erschießen, damit der Befehl nicht ankommen könnte. Er aber kam schon Eines Mittags kam ermüdet bis zum Umfinken eine Compagnie des 14. Grenzboten I. 1362. ' 22
zu erschießen, damit der Befehl nicht ankommen könnte. Er aber kam schon Eines Mittags kam ermüdet bis zum Umfinken eine Compagnie des 14. Grenzboten I. 1362. ' 22
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zu erschießen, damit der Befehl nicht ankommen könnte. Er aber kam schon
zurück und mir entgegen, ich traf ihn zwischen Tzemesno und Mogilno. Der
brave Oberst Hermann hatte den Angriff schon eröffnet und ihm nur geant-
wortet: „Sie kommen zu spät." Da war ein zweiter Adjutant des comman-
direnden Generals gekommen mit bestimmtem Befehl, die Truppen mußten
sich zurückziehn. Man denke, die siegreichen Truppen wurden vom halben
Siege zum Rückzüge commandirt, es ist unglaublich! — Von allen Seiten ver¬
ließen die flüchtigen Insurgenten Tzcmcsne. Schleinil) hatte an 50 Todte
derselben gesehen, in den Häusern hatte es noch von Zeit zu Zeit geknallt.
Gleich nach dem Abmarsch der Truppen hatten sich die Insurgenten wieder
in Tzemesno gesammelt und die grausamsten Excesse begangen. Mehrere
Deutsche und Juden waren auf das Entsetzlichste verstümmelt und ermordet.
Als endlich am andern Morgen unsere Truppen einrückten, fanden sie das
Nest leer, im Gefängniß aber eine Anzahl Deutsche, die bange ihrem Tod ent¬
gegen sahen und an ihre Rettung fast nicht glauben wollten. Unterdeß fuhr
ich grimmig nach Hause. Der ganze Weg war voll flüchtiger Insurgenten,
sie hatten die Waffen weggeworfen, die Stiefeln auf dem Rücken, und liefen,
was sie konnten. In Willalvwe war ein Zug Blüchersche Husaren um das
Dorf geritten, er empfing 'die durcheilenden Insurgenten mit Zaunknitteln,
weil er behauptete,' das Futter sei für die guten Klingen zu schlecht. ' Als
ich unserer Stadt näher kam, sah ich einen Wagen in scharfem Tempo auf
uns zukommen; ich sah Flintenläufe, unwillkürlich hatte Jeder von uns die
Büchse gespannt im Arm liegen, da erkannte ich die blässigen Pferde eines
Bäckers, und richtig es waren Se — er. In der Stadt hatte sich das
Gerücht verbreitet, die Polen wollten mich im Walde aufheben, meine Frau
hatte sich sehr geängstigt, darauf waren 20 Schützen auf Wagen mir ent¬
gegengekommen, der Druck mancher harten Hand war mir ein liebes Freund¬
schaftszeichen. Als ich nach Hause kam, gab es natürlich tüchtige Straf¬
predigten, aber Hempel sagte beim Abschied: „Na, Herr, wenn's 'mal wieder
gilt, da thun Sie mir schon die Ehre an."
Eines Mittags kam ermüdet bis zum Umfinken eine Compagnie des 14.
Regiments, ich nahm einige ganz Ermattete unterwegs aus den Wagen, sie
ruhten noch einmal auf der Landstraße, dann ging es im strammen Marsch
in die Stadt hinein. Kaum hatten sich die Offiziere bei mir zu Tische ge¬
setzt, als ein Husar auf schäumendem Pferde den Befehl zum Abmarsch
brachte. Der Generalmarsch wurde geschlagen, und ich fürchtete, da ich die
Erschöpfung der Leute gesehen hatte, es würde nur die halbe Compagnie sich
einfinden, aber nach 15 Minuten fehlte kein Mann auf dem Sammelplatz;
ich ritt eben dahin und bat, die Fußkranken bei mir zu lassen, es waren 12
Mann und ein Fähnrich v. L. Der Fähnrich schlief drei Tage und drei
Grenzboten I. 1362. ' 22
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