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Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

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und erleuchteter Bürger seine wunderbare" Fortschritte zu Glück und Größe
nicht sich, sondern lediglich den günstigen äußern Conjuncturen dankt, unter
denen er seinen Gang antrat und bis jetzt fortsetzte.

Ein bitterer Hohn. oder, wie w>r als billig Urlbeilende annehmen, eine
bärrere Verleumdung ist selten ausgesprochen.

Die, welche eine ins Unendliche gehende Spaltung zwischen den
Unionsstaaten als natürliche Folge der Spaltung erwarten, welche jetzt statt¬
gefunden hat, sehen letzteres Ereigmß durchaus in einem falschen Lichte.
Dieselben Gründe, welche zur Trennung zwischen Nord und Süd geführt
haben, werden logisch zum Zusammfchlnß der östlichen, nordwestlichen und
der andern oben betrachteten Staatengruppen führen. Dieselben Argumente,
welche dafür vorgebracht werden. daß der Uankeestaat Massachusetts und der
Cavalierstaat Südcarolina nicht wohl unter einen Hut "zu bringen sind, unter
verschiedenen Regierungen stehen, mit verschiedenen Nachbarn verbunden sei"
müssen, beweisen auch, daß Mickigan und Ohio. Indiana und die übriger;
Nordweststaaten mit einem Congreß, einem Capital, einem Präsidenten zu¬
frieden sein können. Es bedarf keiner laugen Ueberlegung, um dies klar zu
machen.

Wenn dre politischen Einrichtungen eines Landes, gleichviel ob verfassungs¬
mäßige Monarchie oder Republik, in Wirklichkeit constitutionell und frei
sind, so existiren sie auf Grund der Einwilligung und als Ausdruck der Be¬
dürfnisse und Wünsche des Volkes. Der oberste Lenker ist dies, weil er das
erwählte oder ererbte Haupt der ganzen Nation ist. Der Landtag, das Par¬
lament, der Congreß existin und findet Gehorsam, weil dessen Mitglieder die
Bürger des Staats vertreten, deren Willen verkörpern und deren Interessen
vertheidigen und fördern. In dem Augenblick, wo die Meinungen und das
Wohl einer große" Minorität der Bürger mit denen der Majorität in Wider¬
spruch gerathen, hört der Präsident und der Congreß aus, den Willen und
die Ansichten des ganzen Volkes zu vertreten, er ist dann nur Repräsentant
der Mehrheit desselben, und dies hat namentlich dann Bedeutung, wenn die
Meinungen nach bestimmte" Oertlichkeiten geschieden und die Ursachen des
Widerstreits der Ansichten und Tendenzen bleibende sind, bei einer Parteibil¬
dung also von localer. also nationaler und aus dein Zwang der Umstände
hervorgehender Natur.

Nehmen wir den Fall des Nordens und Südens der Union in Betreff
der Wahl Lincolns. Der gesummte Süden stimmte gegen ihn. und so könnte
Niemand behaupte", er se, vom Süden gewählt, vertrete dessen Interessen,
spreche dessen Willen aus. Die Entschiedenheit, die Localisirung und die Aus¬
dehnung der sich einander widerstreitenden Willen war solcher Art, daß seine
Erwählung -- vorzüglich, va ihr die Erwählung eines ebenso günstig für den


und erleuchteter Bürger seine wunderbare» Fortschritte zu Glück und Größe
nicht sich, sondern lediglich den günstigen äußern Conjuncturen dankt, unter
denen er seinen Gang antrat und bis jetzt fortsetzte.

Ein bitterer Hohn. oder, wie w>r als billig Urlbeilende annehmen, eine
bärrere Verleumdung ist selten ausgesprochen.

Die, welche eine ins Unendliche gehende Spaltung zwischen den
Unionsstaaten als natürliche Folge der Spaltung erwarten, welche jetzt statt¬
gefunden hat, sehen letzteres Ereigmß durchaus in einem falschen Lichte.
Dieselben Gründe, welche zur Trennung zwischen Nord und Süd geführt
haben, werden logisch zum Zusammfchlnß der östlichen, nordwestlichen und
der andern oben betrachteten Staatengruppen führen. Dieselben Argumente,
welche dafür vorgebracht werden. daß der Uankeestaat Massachusetts und der
Cavalierstaat Südcarolina nicht wohl unter einen Hut »zu bringen sind, unter
verschiedenen Regierungen stehen, mit verschiedenen Nachbarn verbunden sei»
müssen, beweisen auch, daß Mickigan und Ohio. Indiana und die übriger;
Nordweststaaten mit einem Congreß, einem Capital, einem Präsidenten zu¬
frieden sein können. Es bedarf keiner laugen Ueberlegung, um dies klar zu
machen.

Wenn dre politischen Einrichtungen eines Landes, gleichviel ob verfassungs¬
mäßige Monarchie oder Republik, in Wirklichkeit constitutionell und frei
sind, so existiren sie auf Grund der Einwilligung und als Ausdruck der Be¬
dürfnisse und Wünsche des Volkes. Der oberste Lenker ist dies, weil er das
erwählte oder ererbte Haupt der ganzen Nation ist. Der Landtag, das Par¬
lament, der Congreß existin und findet Gehorsam, weil dessen Mitglieder die
Bürger des Staats vertreten, deren Willen verkörpern und deren Interessen
vertheidigen und fördern. In dem Augenblick, wo die Meinungen und das
Wohl einer große» Minorität der Bürger mit denen der Majorität in Wider¬
spruch gerathen, hört der Präsident und der Congreß aus, den Willen und
die Ansichten des ganzen Volkes zu vertreten, er ist dann nur Repräsentant
der Mehrheit desselben, und dies hat namentlich dann Bedeutung, wenn die
Meinungen nach bestimmte» Oertlichkeiten geschieden und die Ursachen des
Widerstreits der Ansichten und Tendenzen bleibende sind, bei einer Parteibil¬
dung also von localer. also nationaler und aus dein Zwang der Umstände
hervorgehender Natur.

Nehmen wir den Fall des Nordens und Südens der Union in Betreff
der Wahl Lincolns. Der gesummte Süden stimmte gegen ihn. und so könnte
Niemand behaupte», er se, vom Süden gewählt, vertrete dessen Interessen,
spreche dessen Willen aus. Die Entschiedenheit, die Localisirung und die Aus¬
dehnung der sich einander widerstreitenden Willen war solcher Art, daß seine
Erwählung — vorzüglich, va ihr die Erwählung eines ebenso günstig für den


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[0141] und erleuchteter Bürger seine wunderbare» Fortschritte zu Glück und Größe nicht sich, sondern lediglich den günstigen äußern Conjuncturen dankt, unter denen er seinen Gang antrat und bis jetzt fortsetzte. Ein bitterer Hohn. oder, wie w>r als billig Urlbeilende annehmen, eine bärrere Verleumdung ist selten ausgesprochen. Die, welche eine ins Unendliche gehende Spaltung zwischen den Unionsstaaten als natürliche Folge der Spaltung erwarten, welche jetzt statt¬ gefunden hat, sehen letzteres Ereigmß durchaus in einem falschen Lichte. Dieselben Gründe, welche zur Trennung zwischen Nord und Süd geführt haben, werden logisch zum Zusammfchlnß der östlichen, nordwestlichen und der andern oben betrachteten Staatengruppen führen. Dieselben Argumente, welche dafür vorgebracht werden. daß der Uankeestaat Massachusetts und der Cavalierstaat Südcarolina nicht wohl unter einen Hut »zu bringen sind, unter verschiedenen Regierungen stehen, mit verschiedenen Nachbarn verbunden sei» müssen, beweisen auch, daß Mickigan und Ohio. Indiana und die übriger; Nordweststaaten mit einem Congreß, einem Capital, einem Präsidenten zu¬ frieden sein können. Es bedarf keiner laugen Ueberlegung, um dies klar zu machen. Wenn dre politischen Einrichtungen eines Landes, gleichviel ob verfassungs¬ mäßige Monarchie oder Republik, in Wirklichkeit constitutionell und frei sind, so existiren sie auf Grund der Einwilligung und als Ausdruck der Be¬ dürfnisse und Wünsche des Volkes. Der oberste Lenker ist dies, weil er das erwählte oder ererbte Haupt der ganzen Nation ist. Der Landtag, das Par¬ lament, der Congreß existin und findet Gehorsam, weil dessen Mitglieder die Bürger des Staats vertreten, deren Willen verkörpern und deren Interessen vertheidigen und fördern. In dem Augenblick, wo die Meinungen und das Wohl einer große» Minorität der Bürger mit denen der Majorität in Wider¬ spruch gerathen, hört der Präsident und der Congreß aus, den Willen und die Ansichten des ganzen Volkes zu vertreten, er ist dann nur Repräsentant der Mehrheit desselben, und dies hat namentlich dann Bedeutung, wenn die Meinungen nach bestimmte» Oertlichkeiten geschieden und die Ursachen des Widerstreits der Ansichten und Tendenzen bleibende sind, bei einer Parteibil¬ dung also von localer. also nationaler und aus dein Zwang der Umstände hervorgehender Natur. Nehmen wir den Fall des Nordens und Südens der Union in Betreff der Wahl Lincolns. Der gesummte Süden stimmte gegen ihn. und so könnte Niemand behaupte», er se, vom Süden gewählt, vertrete dessen Interessen, spreche dessen Willen aus. Die Entschiedenheit, die Localisirung und die Aus¬ dehnung der sich einander widerstreitenden Willen war solcher Art, daß seine Erwählung — vorzüglich, va ihr die Erwählung eines ebenso günstig für den

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/141>, abgerufen am 23.07.2024.