Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.genblick unseres Lebens darnach zu ringen haben, ihm wohlgefällig zu han¬ Und wenn in der Seele des theuren Herrn, der jetzt die Geschicke Preußens Freilich wird es dem Herrengeschlcchte Preußens nicht leicht, sich in das Das Volk aber Hai in den letzten Monaten eine vortreffliche Haltung bewie¬ Denn nicht mehr in dem Herrscher Preußens, wie gut. geliebt, nmaßvoll genblick unseres Lebens darnach zu ringen haben, ihm wohlgefällig zu han¬ Und wenn in der Seele des theuren Herrn, der jetzt die Geschicke Preußens Freilich wird es dem Herrengeschlcchte Preußens nicht leicht, sich in das Das Volk aber Hai in den letzten Monaten eine vortreffliche Haltung bewie¬ Denn nicht mehr in dem Herrscher Preußens, wie gut. geliebt, nmaßvoll <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0013" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113255"/> <p xml:id="ID_15" prev="#ID_14"> genblick unseres Lebens darnach zu ringen haben, ihm wohlgefällig zu han¬<lb/> deln, keiner vor dem Herrn mit einem Vorzug höherer und privilegirter Stel¬<lb/> lung. Das ist alter preußischer Glaube und der alte stolz der Hohenzollern.</p><lb/> <p xml:id="ID_16"> Und wenn in der Seele des theuren Herrn, der jetzt die Geschicke Preußens<lb/> lenkt, seit einigen Monaten wieder eine mystische Stimmung von der Königs¬<lb/> weihe Raum gewonnen hat, so hofft und weiß sein treues Volk, daß sein gesun¬<lb/> des Leben eine Täuschung überwinden wird, welche erhebenden Eindrücken eines<lb/> hochgespannter Augenblicks zu große Bedeutung beimißt.</p><lb/> <p xml:id="ID_17"> Freilich wird es dem Herrengeschlcchte Preußens nicht leicht, sich in das<lb/> Verfassungsleben zu gewöhnen. Leichter und schneller hat,'so scheint es, das<lb/> Volk sich in dem neuen Bau eingelebt, und es sieht bereits und Theilnahme<lb/> und mit zarter Schonung auf die Conflicte zwischen einst und jetzt, welche<lb/> seinen milden und warmherzigen Herrn noch heut verstimmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_18"> Das Volk aber Hai in den letzten Monaten eine vortreffliche Haltung bewie¬<lb/> sen. Es hat seinem geliebten Fürsten die rührendsten Zeichen persönlicher Liebe und<lb/> Verehrung entgegen getragen, und es hat beim Geschäft der Wahlen sein<lb/> Recht. Vertreter freier Ueberzeugungen und Boten seines Willens zu senden,<lb/> männlich ausgeübt. Was hat doch den französischen Berichterstattern und dem<lb/> Herzog von Magenta während der zahlreichen Festlichkeiten der Krönungszeit<lb/> so imponirt, daß alle Berichte an den Kaiser mit vorsichtigem Staunen erfüllt<lb/> waren? Durchaus nicht der neue und ungewohnte Glanz des preußischen<lb/> Hofes, der sonst so einfach war, auch nicht das Ceremoniell der Krönung,<lb/> welche zu theatralisch war. um vornehm zu sein; sondern die herzliche, innige,<lb/> ungesuchte und unbefohlene Freude, mit welcher das Volk in Dorf und<lb/> Stadt sein Herrscherpaar begrüßte. Die lange Reise nach Königsberg war<lb/> ein ununterbrochenes Familienfest, so etwas war. etwa mit Ausnahme Eng¬<lb/> lands, sonst nirgend auf der Erde möglich. Das allein bewunderten die Frem¬<lb/> den; sie werden grade jetzt, wo der Ausfall der Wahlen in den Regierungs¬<lb/> kreisen Berlins so viel Befremden verursacht, ihren Regierungen zu berichten<lb/> haben, daß auch die Empfindung für das. was Preußen nach langem Siech-<lb/> thum zur Kraft und Genesung helfen kann, im Volke sehr lebendig geworden ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_19" next="#ID_20"> Denn nicht mehr in dem Herrscher Preußens, wie gut. geliebt, nmaßvoll<lb/> dieser sei, auch nicht in den Räthen der Krone, wie wohlthuend diese zu ver><lb/> Mitteln und versöhnen bemüht sind, sondern in dem preußischen Volk liegt<lb/> der Schwerpunkt der preußischen Politik. Mit jedem Jahre wächst ihm das<lb/> Verständniß für die große Aufgabe seines Staates, die Einsicht in die Mängel<lb/> und Vorzüge seiner Organisation, Sehnsucht und Bedürfniß, auf den preußischen<lb/> Namen stolz zu sein. Freilich ist auch seine Kraft noch ungeübt und in po¬<lb/> litischer Agitation wenig erprobt, noch fehlen ihm Führer und Vertreter; aber<lb/> seine Fortschritte in den letzten Jahren sind doch groß und Vertrauen erweckend.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0013]
genblick unseres Lebens darnach zu ringen haben, ihm wohlgefällig zu han¬
deln, keiner vor dem Herrn mit einem Vorzug höherer und privilegirter Stel¬
lung. Das ist alter preußischer Glaube und der alte stolz der Hohenzollern.
Und wenn in der Seele des theuren Herrn, der jetzt die Geschicke Preußens
lenkt, seit einigen Monaten wieder eine mystische Stimmung von der Königs¬
weihe Raum gewonnen hat, so hofft und weiß sein treues Volk, daß sein gesun¬
des Leben eine Täuschung überwinden wird, welche erhebenden Eindrücken eines
hochgespannter Augenblicks zu große Bedeutung beimißt.
Freilich wird es dem Herrengeschlcchte Preußens nicht leicht, sich in das
Verfassungsleben zu gewöhnen. Leichter und schneller hat,'so scheint es, das
Volk sich in dem neuen Bau eingelebt, und es sieht bereits und Theilnahme
und mit zarter Schonung auf die Conflicte zwischen einst und jetzt, welche
seinen milden und warmherzigen Herrn noch heut verstimmen.
Das Volk aber Hai in den letzten Monaten eine vortreffliche Haltung bewie¬
sen. Es hat seinem geliebten Fürsten die rührendsten Zeichen persönlicher Liebe und
Verehrung entgegen getragen, und es hat beim Geschäft der Wahlen sein
Recht. Vertreter freier Ueberzeugungen und Boten seines Willens zu senden,
männlich ausgeübt. Was hat doch den französischen Berichterstattern und dem
Herzog von Magenta während der zahlreichen Festlichkeiten der Krönungszeit
so imponirt, daß alle Berichte an den Kaiser mit vorsichtigem Staunen erfüllt
waren? Durchaus nicht der neue und ungewohnte Glanz des preußischen
Hofes, der sonst so einfach war, auch nicht das Ceremoniell der Krönung,
welche zu theatralisch war. um vornehm zu sein; sondern die herzliche, innige,
ungesuchte und unbefohlene Freude, mit welcher das Volk in Dorf und
Stadt sein Herrscherpaar begrüßte. Die lange Reise nach Königsberg war
ein ununterbrochenes Familienfest, so etwas war. etwa mit Ausnahme Eng¬
lands, sonst nirgend auf der Erde möglich. Das allein bewunderten die Frem¬
den; sie werden grade jetzt, wo der Ausfall der Wahlen in den Regierungs¬
kreisen Berlins so viel Befremden verursacht, ihren Regierungen zu berichten
haben, daß auch die Empfindung für das. was Preußen nach langem Siech-
thum zur Kraft und Genesung helfen kann, im Volke sehr lebendig geworden ist.
Denn nicht mehr in dem Herrscher Preußens, wie gut. geliebt, nmaßvoll
dieser sei, auch nicht in den Räthen der Krone, wie wohlthuend diese zu ver>
Mitteln und versöhnen bemüht sind, sondern in dem preußischen Volk liegt
der Schwerpunkt der preußischen Politik. Mit jedem Jahre wächst ihm das
Verständniß für die große Aufgabe seines Staates, die Einsicht in die Mängel
und Vorzüge seiner Organisation, Sehnsucht und Bedürfniß, auf den preußischen
Namen stolz zu sein. Freilich ist auch seine Kraft noch ungeübt und in po¬
litischer Agitation wenig erprobt, noch fehlen ihm Führer und Vertreter; aber
seine Fortschritte in den letzten Jahren sind doch groß und Vertrauen erweckend.
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