Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

worauf die Empörer auseinanderginge". Recht erfinderisch war auch der
ätherische Feldherr Timotheus in Geldverlegenheiten, indem er nicht nur seine"
Siegelabdruck als Münze ausgab, um ihn spater wieder einzulösen, sondern
auch Silberdrachmen mit 3 Vertheilen Kupfergehalt schlagen ließ. Vom
macedonischen Philipp erzählt Polyän, daß er, um den ungestümen Mah¬
nungen seiner Söldner zu entgehen, einst so lange beim Baden schwamm,
untertauchte und sich mit seinen Gefährten im Wasser herumtummelte, bis
die Manichäer sich verlaufen hatten. Viel Klugheit. Energie. auch ein im-
ponirendes Aeußere gehörte dazu, als Feldherr die zügellosen Söldnerschaaren
zu dressiren und Gehorsam. Pünktlichkeit und Ehrgefühl wach zu rufen.
Außer Jphikrates soll diese Kunst in hohem Grade der thessalische Fürst Jason
von Pherä verstanden haben. Natürlich Hütte eine solche Schule für die
Milizen nicht gepaßt, und wo die Einheit der Führung fehlte, erreichte auch
bei den Söldnern die Kriegszucht nie diese Höhe der Ausbildung. Im grie¬
chischen Heere des Cyrus wollen die Soldaten um alle Pläne wissen und in
berathenden Versammlungen dafür gewonnen werden. Ja sie versagen offen
den Gehorsam; weigern sich, weiter zu marschiren; drohen, sich andere An-
führer wählen zu wollen; kurz wollen fein säuberlich behandelt sein. Wenn
es ihnen bei einem Führer nicht gefiel, liefen sie mit Sack und Pack zum
andern über. Zuweilen nahm wohl auch ein Strateg den Stock in die Hand;
aber, wenn er zuschlug, mußte er gewärtig sein, sich, wie Tenophon selbst,
später der Menge gegenüber öffentlich verantworten zu müssen; züchtigte er aber
gar den Söldner einer fremden Truppenabtheilung, so konnte es ihm noch
übler bekommen, wie Klearchs Beispiel lehrt, dem eine Holzaxt und viele
Steine nachflogen, als er nach der That so unvorsichtig war. durch das La¬
ger desselben Regiments zu reiten. Der rohe spartanische General Mnasippus
freilich wagte es sogar, seine Hauptleute zu schlagen, die ihm vorgehalten
hatten, wie schwer es sei, die Leute in Gehorsam zu halten, wenn dieselben
nicht den schuldigen Sold bekämen. Steine aufzuheben und damit zu werfen
scheint übrigens allenthalben bei den Lanzknechten Mode gewesen zu sein, um
dem Zorn und Haß Lust zu machen. Denn auch von den karthagischen
Söldnern, die ihren unvorsichtigen Herrn einen so langwierigen und gefähr¬
lichen Krieg bereiteten, erzählt Polybius, daß sie, von versah^ednerlei Ration und
Sprache, doch alle das einzige Wort: "Wirf" verstanden. "Wenn daher
Jemand dieses Wort zu rusen begann, so warfen sie von allen Seiten so ge¬
schwind mit Steinen, daß Niemand entfliehen konnte, der sich einmal genähert
hatte." Das Feldlager bot einen bunten, belebten Anblick nicht nur durch
eine Menge von Dienern aller Art, Herolden. Trompetern. Schildträgern.
Priestern, Aerzten und Handwerkern, sondern auch durch die Kaufleute und
Marketender, die auf Wagen und Lastthieren den Proviant anführten. Die


worauf die Empörer auseinanderginge». Recht erfinderisch war auch der
ätherische Feldherr Timotheus in Geldverlegenheiten, indem er nicht nur seine»
Siegelabdruck als Münze ausgab, um ihn spater wieder einzulösen, sondern
auch Silberdrachmen mit 3 Vertheilen Kupfergehalt schlagen ließ. Vom
macedonischen Philipp erzählt Polyän, daß er, um den ungestümen Mah¬
nungen seiner Söldner zu entgehen, einst so lange beim Baden schwamm,
untertauchte und sich mit seinen Gefährten im Wasser herumtummelte, bis
die Manichäer sich verlaufen hatten. Viel Klugheit. Energie. auch ein im-
ponirendes Aeußere gehörte dazu, als Feldherr die zügellosen Söldnerschaaren
zu dressiren und Gehorsam. Pünktlichkeit und Ehrgefühl wach zu rufen.
Außer Jphikrates soll diese Kunst in hohem Grade der thessalische Fürst Jason
von Pherä verstanden haben. Natürlich Hütte eine solche Schule für die
Milizen nicht gepaßt, und wo die Einheit der Führung fehlte, erreichte auch
bei den Söldnern die Kriegszucht nie diese Höhe der Ausbildung. Im grie¬
chischen Heere des Cyrus wollen die Soldaten um alle Pläne wissen und in
berathenden Versammlungen dafür gewonnen werden. Ja sie versagen offen
den Gehorsam; weigern sich, weiter zu marschiren; drohen, sich andere An-
führer wählen zu wollen; kurz wollen fein säuberlich behandelt sein. Wenn
es ihnen bei einem Führer nicht gefiel, liefen sie mit Sack und Pack zum
andern über. Zuweilen nahm wohl auch ein Strateg den Stock in die Hand;
aber, wenn er zuschlug, mußte er gewärtig sein, sich, wie Tenophon selbst,
später der Menge gegenüber öffentlich verantworten zu müssen; züchtigte er aber
gar den Söldner einer fremden Truppenabtheilung, so konnte es ihm noch
übler bekommen, wie Klearchs Beispiel lehrt, dem eine Holzaxt und viele
Steine nachflogen, als er nach der That so unvorsichtig war. durch das La¬
ger desselben Regiments zu reiten. Der rohe spartanische General Mnasippus
freilich wagte es sogar, seine Hauptleute zu schlagen, die ihm vorgehalten
hatten, wie schwer es sei, die Leute in Gehorsam zu halten, wenn dieselben
nicht den schuldigen Sold bekämen. Steine aufzuheben und damit zu werfen
scheint übrigens allenthalben bei den Lanzknechten Mode gewesen zu sein, um
dem Zorn und Haß Lust zu machen. Denn auch von den karthagischen
Söldnern, die ihren unvorsichtigen Herrn einen so langwierigen und gefähr¬
lichen Krieg bereiteten, erzählt Polybius, daß sie, von versah^ednerlei Ration und
Sprache, doch alle das einzige Wort: „Wirf" verstanden. „Wenn daher
Jemand dieses Wort zu rusen begann, so warfen sie von allen Seiten so ge¬
schwind mit Steinen, daß Niemand entfliehen konnte, der sich einmal genähert
hatte." Das Feldlager bot einen bunten, belebten Anblick nicht nur durch
eine Menge von Dienern aller Art, Herolden. Trompetern. Schildträgern.
Priestern, Aerzten und Handwerkern, sondern auch durch die Kaufleute und
Marketender, die auf Wagen und Lastthieren den Proviant anführten. Die


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0111" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/113353"/>
          <p xml:id="ID_314" prev="#ID_313" next="#ID_315"> worauf die Empörer auseinanderginge». Recht erfinderisch war auch der<lb/>
ätherische Feldherr Timotheus in Geldverlegenheiten, indem er nicht nur seine»<lb/>
Siegelabdruck als Münze ausgab, um ihn spater wieder einzulösen, sondern<lb/>
auch Silberdrachmen mit 3 Vertheilen Kupfergehalt schlagen ließ. Vom<lb/>
macedonischen Philipp erzählt Polyän, daß er, um den ungestümen Mah¬<lb/>
nungen seiner Söldner zu entgehen, einst so lange beim Baden schwamm,<lb/>
untertauchte und sich mit seinen Gefährten im Wasser herumtummelte, bis<lb/>
die Manichäer sich verlaufen hatten. Viel Klugheit. Energie. auch ein im-<lb/>
ponirendes Aeußere gehörte dazu, als Feldherr die zügellosen Söldnerschaaren<lb/>
zu dressiren und Gehorsam. Pünktlichkeit und Ehrgefühl wach zu rufen.<lb/>
Außer Jphikrates soll diese Kunst in hohem Grade der thessalische Fürst Jason<lb/>
von Pherä verstanden haben. Natürlich Hütte eine solche Schule für die<lb/>
Milizen nicht gepaßt, und wo die Einheit der Führung fehlte, erreichte auch<lb/>
bei den Söldnern die Kriegszucht nie diese Höhe der Ausbildung. Im grie¬<lb/>
chischen Heere des Cyrus wollen die Soldaten um alle Pläne wissen und in<lb/>
berathenden Versammlungen dafür gewonnen werden. Ja sie versagen offen<lb/>
den Gehorsam; weigern sich, weiter zu marschiren; drohen, sich andere An-<lb/>
führer wählen zu wollen; kurz wollen fein säuberlich behandelt sein. Wenn<lb/>
es ihnen bei einem Führer nicht gefiel, liefen sie mit Sack und Pack zum<lb/>
andern über. Zuweilen nahm wohl auch ein Strateg den Stock in die Hand;<lb/>
aber, wenn er zuschlug, mußte er gewärtig sein, sich, wie Tenophon selbst,<lb/>
später der Menge gegenüber öffentlich verantworten zu müssen; züchtigte er aber<lb/>
gar den Söldner einer fremden Truppenabtheilung, so konnte es ihm noch<lb/>
übler bekommen, wie Klearchs Beispiel lehrt, dem eine Holzaxt und viele<lb/>
Steine nachflogen, als er nach der That so unvorsichtig war. durch das La¬<lb/>
ger desselben Regiments zu reiten. Der rohe spartanische General Mnasippus<lb/>
freilich wagte es sogar, seine Hauptleute zu schlagen, die ihm vorgehalten<lb/>
hatten, wie schwer es sei, die Leute in Gehorsam zu halten, wenn dieselben<lb/>
nicht den schuldigen Sold bekämen. Steine aufzuheben und damit zu werfen<lb/>
scheint übrigens allenthalben bei den Lanzknechten Mode gewesen zu sein, um<lb/>
dem Zorn und Haß Lust zu machen. Denn auch von den karthagischen<lb/>
Söldnern, die ihren unvorsichtigen Herrn einen so langwierigen und gefähr¬<lb/>
lichen Krieg bereiteten, erzählt Polybius, daß sie, von versah^ednerlei Ration und<lb/>
Sprache, doch alle das einzige Wort: &#x201E;Wirf" verstanden. &#x201E;Wenn daher<lb/>
Jemand dieses Wort zu rusen begann, so warfen sie von allen Seiten so ge¬<lb/>
schwind mit Steinen, daß Niemand entfliehen konnte, der sich einmal genähert<lb/>
hatte." Das Feldlager bot einen bunten, belebten Anblick nicht nur durch<lb/>
eine Menge von Dienern aller Art, Herolden. Trompetern. Schildträgern.<lb/>
Priestern, Aerzten und Handwerkern, sondern auch durch die Kaufleute und<lb/>
Marketender, die auf Wagen und Lastthieren den Proviant anführten. Die</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0111] worauf die Empörer auseinanderginge». Recht erfinderisch war auch der ätherische Feldherr Timotheus in Geldverlegenheiten, indem er nicht nur seine» Siegelabdruck als Münze ausgab, um ihn spater wieder einzulösen, sondern auch Silberdrachmen mit 3 Vertheilen Kupfergehalt schlagen ließ. Vom macedonischen Philipp erzählt Polyän, daß er, um den ungestümen Mah¬ nungen seiner Söldner zu entgehen, einst so lange beim Baden schwamm, untertauchte und sich mit seinen Gefährten im Wasser herumtummelte, bis die Manichäer sich verlaufen hatten. Viel Klugheit. Energie. auch ein im- ponirendes Aeußere gehörte dazu, als Feldherr die zügellosen Söldnerschaaren zu dressiren und Gehorsam. Pünktlichkeit und Ehrgefühl wach zu rufen. Außer Jphikrates soll diese Kunst in hohem Grade der thessalische Fürst Jason von Pherä verstanden haben. Natürlich Hütte eine solche Schule für die Milizen nicht gepaßt, und wo die Einheit der Führung fehlte, erreichte auch bei den Söldnern die Kriegszucht nie diese Höhe der Ausbildung. Im grie¬ chischen Heere des Cyrus wollen die Soldaten um alle Pläne wissen und in berathenden Versammlungen dafür gewonnen werden. Ja sie versagen offen den Gehorsam; weigern sich, weiter zu marschiren; drohen, sich andere An- führer wählen zu wollen; kurz wollen fein säuberlich behandelt sein. Wenn es ihnen bei einem Führer nicht gefiel, liefen sie mit Sack und Pack zum andern über. Zuweilen nahm wohl auch ein Strateg den Stock in die Hand; aber, wenn er zuschlug, mußte er gewärtig sein, sich, wie Tenophon selbst, später der Menge gegenüber öffentlich verantworten zu müssen; züchtigte er aber gar den Söldner einer fremden Truppenabtheilung, so konnte es ihm noch übler bekommen, wie Klearchs Beispiel lehrt, dem eine Holzaxt und viele Steine nachflogen, als er nach der That so unvorsichtig war. durch das La¬ ger desselben Regiments zu reiten. Der rohe spartanische General Mnasippus freilich wagte es sogar, seine Hauptleute zu schlagen, die ihm vorgehalten hatten, wie schwer es sei, die Leute in Gehorsam zu halten, wenn dieselben nicht den schuldigen Sold bekämen. Steine aufzuheben und damit zu werfen scheint übrigens allenthalben bei den Lanzknechten Mode gewesen zu sein, um dem Zorn und Haß Lust zu machen. Denn auch von den karthagischen Söldnern, die ihren unvorsichtigen Herrn einen so langwierigen und gefähr¬ lichen Krieg bereiteten, erzählt Polybius, daß sie, von versah^ednerlei Ration und Sprache, doch alle das einzige Wort: „Wirf" verstanden. „Wenn daher Jemand dieses Wort zu rusen begann, so warfen sie von allen Seiten so ge¬ schwind mit Steinen, daß Niemand entfliehen konnte, der sich einmal genähert hatte." Das Feldlager bot einen bunten, belebten Anblick nicht nur durch eine Menge von Dienern aller Art, Herolden. Trompetern. Schildträgern. Priestern, Aerzten und Handwerkern, sondern auch durch die Kaufleute und Marketender, die auf Wagen und Lastthieren den Proviant anführten. Die

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/111
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 21, 1862, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341795_113241/111>, abgerufen am 23.07.2024.