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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Sage Er Seinem General, es soll Alles so gemacht werden, wie es in den
Krieg einschlägt, die Offiziers sollen dazu jederzeit instruirt und Raison jeder¬
zeit gesagt werden, warum man solches macht."

Am 21. April führte der König sein erstes Bataillon abermals und übte
es im Feuer. Er commandirte Alles selbst.. Alles ging, wie man so zu sa¬
gen pflegt, wie am Schnürchen; nur Einzelne feuerten nach. Der König
machte ein zufriedenes Gesicht und wendete sich an den Lieutenant v. Strach-
witz: "Seht, nur so weit kann man es bringen, aber weiter nicht, und wenn
man alle Mühe anwenden könnte, so geht es doch nicht, so bleibt es stehen.
Ein Paar werden immer nachkommen, sie haben aber gut angeschlagen, sehr
geschwind geladen und gut gefeuert. Wenn aber Mehrere nachkommen, so
liegt es an den Offiziers und die Bursche sind nicht gut ausgearbeitet. Sehe
Er auf; Ich werde das Bataillon jetzt in Zügen links schwenken und als¬
dann den Contremarsch machen lassen!"

So weit reichen die Mittheilungen Ellert's. Der Leser wird daraus er¬
sehen, wie der große König ungefähr verfuhr, seine Armee fortzubilden, die
damals als die beste und wohlgeschulteste in der Welt bekannt war. wie es
der vierundsechzigjähnge Monarch, der Held und Sieger in so vielen Schlach¬
ten, nicht verschmähte, von der Höhe seiner Stellung dann und wann herab¬
zusteigen auf die Niederungen des Ezercirplatzes, hier in alle Einzelnheiten ein¬
zugehen und sich dabei wie ein Stabsoffizier zu benehmen. Wir sehen ihn
hier schlicht, geduldig und thätig wirken. Keine Aufregung, kein bitteres Wort.
Er scheint sich hier offenbar bemüht zu haben, seine große Ueberlegenheit so
wenig als möglich fühlen zu lassen und seine Untergebenen, die er hier zum
Nutzen des Ganzen belehren wollte, nicht einzuschüchtern, sondern zu ermuntern.
Konsequent blieb der Monarch auch bei diesem System. Einer seiner vielen
Biographen sagt treffend: "Er baute nicht, um niederzureißen, oder das Alt¬
gefangene unvollendet liegen zu lassen."

Die im Frühling ausgestreute Saat sollte im Herbste ihre Früchte tragen.
Der König wollte bei den Revüen sehen, wie man seine Lehren und Wei¬
sungen aufgefaßt und benutzt hatte. Die Ruhe und Langmuth, die er dort
als Jnstructor zeigte, war hier nicht am Platze, hier war er der strenge, ge-
fürchtete Richter. Aerger und Wuth überkam ihn. wenn er nun hier und da
sehen mußte, wie man Manches falsch aufgefaßt, Manches gar unterlassen hatte,
wie es der König wollte. Mühe, Zeit und Geld waren umsonst vergeudet worden,
und der Monarch geizte bekanntlich mit den beiden letztern Artikeln nicht wenig.
Im Zorne mußte da der Unschuldige mit dem Schuldigen leiden. So kann man
sich einigermaßen erklären, wie der König bei solchen Gelegenheiten nicht selten
so rücksichtslos und hartherzig verfahren konnte. Doch wußte er auch hier zu
loben und das Tüchtige und Praktische anzuerkennen, bisweilen auf Kosten


Sage Er Seinem General, es soll Alles so gemacht werden, wie es in den
Krieg einschlägt, die Offiziers sollen dazu jederzeit instruirt und Raison jeder¬
zeit gesagt werden, warum man solches macht."

Am 21. April führte der König sein erstes Bataillon abermals und übte
es im Feuer. Er commandirte Alles selbst.. Alles ging, wie man so zu sa¬
gen pflegt, wie am Schnürchen; nur Einzelne feuerten nach. Der König
machte ein zufriedenes Gesicht und wendete sich an den Lieutenant v. Strach-
witz: „Seht, nur so weit kann man es bringen, aber weiter nicht, und wenn
man alle Mühe anwenden könnte, so geht es doch nicht, so bleibt es stehen.
Ein Paar werden immer nachkommen, sie haben aber gut angeschlagen, sehr
geschwind geladen und gut gefeuert. Wenn aber Mehrere nachkommen, so
liegt es an den Offiziers und die Bursche sind nicht gut ausgearbeitet. Sehe
Er auf; Ich werde das Bataillon jetzt in Zügen links schwenken und als¬
dann den Contremarsch machen lassen!"

So weit reichen die Mittheilungen Ellert's. Der Leser wird daraus er¬
sehen, wie der große König ungefähr verfuhr, seine Armee fortzubilden, die
damals als die beste und wohlgeschulteste in der Welt bekannt war. wie es
der vierundsechzigjähnge Monarch, der Held und Sieger in so vielen Schlach¬
ten, nicht verschmähte, von der Höhe seiner Stellung dann und wann herab¬
zusteigen auf die Niederungen des Ezercirplatzes, hier in alle Einzelnheiten ein¬
zugehen und sich dabei wie ein Stabsoffizier zu benehmen. Wir sehen ihn
hier schlicht, geduldig und thätig wirken. Keine Aufregung, kein bitteres Wort.
Er scheint sich hier offenbar bemüht zu haben, seine große Ueberlegenheit so
wenig als möglich fühlen zu lassen und seine Untergebenen, die er hier zum
Nutzen des Ganzen belehren wollte, nicht einzuschüchtern, sondern zu ermuntern.
Konsequent blieb der Monarch auch bei diesem System. Einer seiner vielen
Biographen sagt treffend: „Er baute nicht, um niederzureißen, oder das Alt¬
gefangene unvollendet liegen zu lassen."

Die im Frühling ausgestreute Saat sollte im Herbste ihre Früchte tragen.
Der König wollte bei den Revüen sehen, wie man seine Lehren und Wei¬
sungen aufgefaßt und benutzt hatte. Die Ruhe und Langmuth, die er dort
als Jnstructor zeigte, war hier nicht am Platze, hier war er der strenge, ge-
fürchtete Richter. Aerger und Wuth überkam ihn. wenn er nun hier und da
sehen mußte, wie man Manches falsch aufgefaßt, Manches gar unterlassen hatte,
wie es der König wollte. Mühe, Zeit und Geld waren umsonst vergeudet worden,
und der Monarch geizte bekanntlich mit den beiden letztern Artikeln nicht wenig.
Im Zorne mußte da der Unschuldige mit dem Schuldigen leiden. So kann man
sich einigermaßen erklären, wie der König bei solchen Gelegenheiten nicht selten
so rücksichtslos und hartherzig verfahren konnte. Doch wußte er auch hier zu
loben und das Tüchtige und Praktische anzuerkennen, bisweilen auf Kosten


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/78>, abgerufen am 29.12.2024.