Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

öder tangsamet marschirt ais das andere, so kommt es in der Linie mit meh¬
reren entweder vor oder bleibt zurück und es giebt Confusion. Durch die
Ueberlegenheit der Preußen im Feuern .wurde im siebenjährigen Kriege be¬
kanntlich mancher Vortheil über den Gegner gewonnen, der nicht so an diese
Präcision und ruhige Haltung gewöhnt war. In den darauf folgenden Tagen
werden diese Dinge genau durchgenommen.

Am Morgen des 15. April steht die sämmtliche Potsdamer Infanterie,
7 Bataillone, vor dem Brandenburger Thore aufmarschirt, daneben befinden
sich in einem Trupp die von auswärts commandirtcn Offiziere, den Konig
erwartend. Punkt halb 10 Uhr, wie es bestimmt war, erscheint dieser auf
seinem stutzschwänzigen Schimmel, nur von einigen seiner Adjutanten begleitet.
Die Bataillone nehmen das Gewehr auf und prüsentiren. die nicht im Gliede
stehenden Offiziere ziehen die Hüte ab. Alles in steifer Haltung. Jeder blickt
forschend nach dem Gesichte des "Alten", zu sehen, welches Wetter dieses zeigt.

, Der Monarch lüftet sein kleines dreieckiges und etwas abgegriffenes Hüt¬
chen ein wenig und sagt mit Heller, klangvoller Stimme einen freundlichen
"guten Morgen". Den baarhäuptigeu Herren erlaubt er, sich zu bedecken, und
nachdem er die Fronte abgeritten und mit stierem Adlerblick Alles gemustert,
dabei auch Das und Jenes etwas kurz und bündig gerügt hat, begiebt er sich
vor die Mitte und commandirt selbst Schwenkungen und Marsch. An der
Spitze der Infanterie reitend, ruft er den Oberstlieutenant Ellert an sich
heran und sagt zu diesem:


"Heute werden die Bataillons rechts aufmarschiren und werden im Avan¬
ciren und Retiriren marschiren; dann werden die Divisions herausgezogen
werden und sollen die besten Beurlaubten darin bleiben. Dieses müht Ihr
auch so machen und nach und nach die schlechten einstellen. Ich werde heute
ein Bataillon zusammen feuern lassen und werde sehen, wie es gehet; finde
ich, daß es noch nicht ist, wie es sein soll, so wird das Fehlende noch in Divisions
redressirt werden. Dieses müßt Ihr auch thun und blind chargiren lassen,
damit die Offiziers das Commandiren wieder gewohnt werden."

Im weiteren Verlaufe des Gesprächs, erklärt der König dem Oberstlieu¬
tenant unter Anderem auch die Besetzung einer Anhöhe. Er sagt:


"Wenn Er diesen Berg, der vor uns ist, besetzen will, so muß Er seine
Fahne gerade auf die Windmühle marschiren lassen und dann sein Bataillon
so die Wendung machen lassen, daß sich der rechte und linke Flügel allnmlig
schwenken und so der Berg couronnirt wird. Die Leute müssen auch so postirt
werden, daß sie den Berg herunter schießen können, wie Er letzthin gesehen
hat, und dieses müßt Ihr auch machen lassen. Wenn im Avanciren marschirt
wird, so nehme Er die Uhr heraus und sehe Er zu, ob in einer Minute 7S
bis 76 Schritte marschirt werden, denn auf einen Schritt kommt es nicht so

öder tangsamet marschirt ais das andere, so kommt es in der Linie mit meh¬
reren entweder vor oder bleibt zurück und es giebt Confusion. Durch die
Ueberlegenheit der Preußen im Feuern .wurde im siebenjährigen Kriege be¬
kanntlich mancher Vortheil über den Gegner gewonnen, der nicht so an diese
Präcision und ruhige Haltung gewöhnt war. In den darauf folgenden Tagen
werden diese Dinge genau durchgenommen.

Am Morgen des 15. April steht die sämmtliche Potsdamer Infanterie,
7 Bataillone, vor dem Brandenburger Thore aufmarschirt, daneben befinden
sich in einem Trupp die von auswärts commandirtcn Offiziere, den Konig
erwartend. Punkt halb 10 Uhr, wie es bestimmt war, erscheint dieser auf
seinem stutzschwänzigen Schimmel, nur von einigen seiner Adjutanten begleitet.
Die Bataillone nehmen das Gewehr auf und prüsentiren. die nicht im Gliede
stehenden Offiziere ziehen die Hüte ab. Alles in steifer Haltung. Jeder blickt
forschend nach dem Gesichte des „Alten", zu sehen, welches Wetter dieses zeigt.

, Der Monarch lüftet sein kleines dreieckiges und etwas abgegriffenes Hüt¬
chen ein wenig und sagt mit Heller, klangvoller Stimme einen freundlichen
„guten Morgen". Den baarhäuptigeu Herren erlaubt er, sich zu bedecken, und
nachdem er die Fronte abgeritten und mit stierem Adlerblick Alles gemustert,
dabei auch Das und Jenes etwas kurz und bündig gerügt hat, begiebt er sich
vor die Mitte und commandirt selbst Schwenkungen und Marsch. An der
Spitze der Infanterie reitend, ruft er den Oberstlieutenant Ellert an sich
heran und sagt zu diesem:


„Heute werden die Bataillons rechts aufmarschiren und werden im Avan¬
ciren und Retiriren marschiren; dann werden die Divisions herausgezogen
werden und sollen die besten Beurlaubten darin bleiben. Dieses müht Ihr
auch so machen und nach und nach die schlechten einstellen. Ich werde heute
ein Bataillon zusammen feuern lassen und werde sehen, wie es gehet; finde
ich, daß es noch nicht ist, wie es sein soll, so wird das Fehlende noch in Divisions
redressirt werden. Dieses müßt Ihr auch thun und blind chargiren lassen,
damit die Offiziers das Commandiren wieder gewohnt werden."

Im weiteren Verlaufe des Gesprächs, erklärt der König dem Oberstlieu¬
tenant unter Anderem auch die Besetzung einer Anhöhe. Er sagt:


„Wenn Er diesen Berg, der vor uns ist, besetzen will, so muß Er seine
Fahne gerade auf die Windmühle marschiren lassen und dann sein Bataillon
so die Wendung machen lassen, daß sich der rechte und linke Flügel allnmlig
schwenken und so der Berg couronnirt wird. Die Leute müssen auch so postirt
werden, daß sie den Berg herunter schießen können, wie Er letzthin gesehen
hat, und dieses müßt Ihr auch machen lassen. Wenn im Avanciren marschirt
wird, so nehme Er die Uhr heraus und sehe Er zu, ob in einer Minute 7S
bis 76 Schritte marschirt werden, denn auf einen Schritt kommt es nicht so

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0076" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112584"/>
          <p xml:id="ID_192" prev="#ID_191"> öder tangsamet marschirt ais das andere, so kommt es in der Linie mit meh¬<lb/>
reren entweder vor oder bleibt zurück und es giebt Confusion. Durch die<lb/>
Ueberlegenheit der Preußen im Feuern .wurde im siebenjährigen Kriege be¬<lb/>
kanntlich mancher Vortheil über den Gegner gewonnen, der nicht so an diese<lb/>
Präcision und ruhige Haltung gewöhnt war. In den darauf folgenden Tagen<lb/>
werden diese Dinge genau durchgenommen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_193"> Am Morgen des 15. April steht die sämmtliche Potsdamer Infanterie,<lb/>
7 Bataillone, vor dem Brandenburger Thore aufmarschirt, daneben befinden<lb/>
sich in einem Trupp die von auswärts commandirtcn Offiziere, den Konig<lb/>
erwartend. Punkt halb 10 Uhr, wie es bestimmt war, erscheint dieser auf<lb/>
seinem stutzschwänzigen Schimmel, nur von einigen seiner Adjutanten begleitet.<lb/>
Die Bataillone nehmen das Gewehr auf und prüsentiren. die nicht im Gliede<lb/>
stehenden Offiziere ziehen die Hüte ab. Alles in steifer Haltung. Jeder blickt<lb/>
forschend nach dem Gesichte des &#x201E;Alten", zu sehen, welches Wetter dieses zeigt.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_194"> , Der Monarch lüftet sein kleines dreieckiges und etwas abgegriffenes Hüt¬<lb/>
chen ein wenig und sagt mit Heller, klangvoller Stimme einen freundlichen<lb/>
&#x201E;guten Morgen". Den baarhäuptigeu Herren erlaubt er, sich zu bedecken, und<lb/>
nachdem er die Fronte abgeritten und mit stierem Adlerblick Alles gemustert,<lb/>
dabei auch Das und Jenes etwas kurz und bündig gerügt hat, begiebt er sich<lb/>
vor die Mitte und commandirt selbst Schwenkungen und Marsch. An der<lb/>
Spitze der Infanterie reitend, ruft er den Oberstlieutenant Ellert an sich<lb/>
heran und sagt zu diesem:</p><lb/>
          <quote> &#x201E;Heute werden die Bataillons rechts aufmarschiren und werden im Avan¬<lb/>
ciren und Retiriren marschiren; dann werden die Divisions herausgezogen<lb/>
werden und sollen die besten Beurlaubten darin bleiben. Dieses müht Ihr<lb/>
auch so machen und nach und nach die schlechten einstellen. Ich werde heute<lb/>
ein Bataillon zusammen feuern lassen und werde sehen, wie es gehet; finde<lb/>
ich, daß es noch nicht ist, wie es sein soll, so wird das Fehlende noch in Divisions<lb/>
redressirt werden. Dieses müßt Ihr auch thun und blind chargiren lassen,<lb/>
damit die Offiziers das Commandiren wieder gewohnt werden."</quote><lb/>
          <p xml:id="ID_195"> Im weiteren Verlaufe des Gesprächs, erklärt der König dem Oberstlieu¬<lb/>
tenant unter Anderem auch die Besetzung einer Anhöhe.  Er sagt:</p><lb/>
          <quote> &#x201E;Wenn Er diesen Berg, der vor uns ist, besetzen will, so muß Er seine<lb/>
Fahne gerade auf die Windmühle marschiren lassen und dann sein Bataillon<lb/>
so die Wendung machen lassen, daß sich der rechte und linke Flügel allnmlig<lb/>
schwenken und so der Berg couronnirt wird. Die Leute müssen auch so postirt<lb/>
werden, daß sie den Berg herunter schießen können, wie Er letzthin gesehen<lb/>
hat, und dieses müßt Ihr auch machen lassen. Wenn im Avanciren marschirt<lb/>
wird, so nehme Er die Uhr heraus und sehe Er zu, ob in einer Minute 7S<lb/>
bis 76 Schritte marschirt werden, denn auf einen Schritt kommt es nicht so</quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0076] öder tangsamet marschirt ais das andere, so kommt es in der Linie mit meh¬ reren entweder vor oder bleibt zurück und es giebt Confusion. Durch die Ueberlegenheit der Preußen im Feuern .wurde im siebenjährigen Kriege be¬ kanntlich mancher Vortheil über den Gegner gewonnen, der nicht so an diese Präcision und ruhige Haltung gewöhnt war. In den darauf folgenden Tagen werden diese Dinge genau durchgenommen. Am Morgen des 15. April steht die sämmtliche Potsdamer Infanterie, 7 Bataillone, vor dem Brandenburger Thore aufmarschirt, daneben befinden sich in einem Trupp die von auswärts commandirtcn Offiziere, den Konig erwartend. Punkt halb 10 Uhr, wie es bestimmt war, erscheint dieser auf seinem stutzschwänzigen Schimmel, nur von einigen seiner Adjutanten begleitet. Die Bataillone nehmen das Gewehr auf und prüsentiren. die nicht im Gliede stehenden Offiziere ziehen die Hüte ab. Alles in steifer Haltung. Jeder blickt forschend nach dem Gesichte des „Alten", zu sehen, welches Wetter dieses zeigt. , Der Monarch lüftet sein kleines dreieckiges und etwas abgegriffenes Hüt¬ chen ein wenig und sagt mit Heller, klangvoller Stimme einen freundlichen „guten Morgen". Den baarhäuptigeu Herren erlaubt er, sich zu bedecken, und nachdem er die Fronte abgeritten und mit stierem Adlerblick Alles gemustert, dabei auch Das und Jenes etwas kurz und bündig gerügt hat, begiebt er sich vor die Mitte und commandirt selbst Schwenkungen und Marsch. An der Spitze der Infanterie reitend, ruft er den Oberstlieutenant Ellert an sich heran und sagt zu diesem: „Heute werden die Bataillons rechts aufmarschiren und werden im Avan¬ ciren und Retiriren marschiren; dann werden die Divisions herausgezogen werden und sollen die besten Beurlaubten darin bleiben. Dieses müht Ihr auch so machen und nach und nach die schlechten einstellen. Ich werde heute ein Bataillon zusammen feuern lassen und werde sehen, wie es gehet; finde ich, daß es noch nicht ist, wie es sein soll, so wird das Fehlende noch in Divisions redressirt werden. Dieses müßt Ihr auch thun und blind chargiren lassen, damit die Offiziers das Commandiren wieder gewohnt werden." Im weiteren Verlaufe des Gesprächs, erklärt der König dem Oberstlieu¬ tenant unter Anderem auch die Besetzung einer Anhöhe. Er sagt: „Wenn Er diesen Berg, der vor uns ist, besetzen will, so muß Er seine Fahne gerade auf die Windmühle marschiren lassen und dann sein Bataillon so die Wendung machen lassen, daß sich der rechte und linke Flügel allnmlig schwenken und so der Berg couronnirt wird. Die Leute müssen auch so postirt werden, daß sie den Berg herunter schießen können, wie Er letzthin gesehen hat, und dieses müßt Ihr auch machen lassen. Wenn im Avanciren marschirt wird, so nehme Er die Uhr heraus und sehe Er zu, ob in einer Minute 7S bis 76 Schritte marschirt werden, denn auf einen Schritt kommt es nicht so

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/76
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/76>, abgerufen am 23.07.2024.