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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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ja Ambition, Ihr werdet Euch ja schämen, wenn Ihr nicht das machen konn¬
tet, was meine übrigen thun, und wolltet zurückbleiben, daß man Euch nicht
brauchen könnte."

Bei einer Uebung am 3. April ruft der König plötzlich den Oberstlieute¬
nant EUert zu sich, der, nach damaliger Sitte, vor dem Monarchen den Hut
zieht. Dieser sagt zu ihm:


"Ellert, komme Er her! Setze Er aus! Er ist ein Mann, der Einsicht
hat. Er wird also leicht einsehen, warum in Schlesien bei den Regimentern
das Exerciren so schlecht geht. Es liegt lediglich an den Offiziers, die das
Exerciren nicht verstehen, denn nue kann der Bursche da etwas lernen, wenn
es der Offizier selber nicht kann. Es müssen dah^r die Offiziers dazu ange¬
halten werden. Versteht Er mich wohl? Und dieses sage er Tauentzien.
denn die jüngsten Offiziers müssen Alles so gut verstehen wie die alten, damit,
wenn eurer fehlt, der junge Offizier gleich in seine Stelle treten kann. Ver¬
steht Er arch wohl? Denn ich habe den Teufel vom vielen Exerciren, der
Kerl muß zum Kriege gnvandt werden, er muß marschiren und laden könne";
es kommt wol vor, daß ein, zwei und drei Manu zu spät kommen, aber
wenn mehrere fehlen, so sind die Leure nicht ausgearbeitet und mit Eurem
Laden ist es nun so so, und marschiren könnt Ihr gar nicht. Er hat gesehen,
wie die Beurlaubten dressirt und wie sie einzeln exercirt werden, und wenn sie
alle eingestellt sind, wird gleich im Ganzen marschirt, nachher werden die
Divisions vorgezogen, die Beurlaubte" appart exercirt und die Dienstthuenden
feuern. Ich habe mit Preußen viel zu thun gehabt, ehe ich es zu rechte gebracht
habe. Erstlich wußte ich nicht, woran es lag. da ich aber bei dem Divi-
sions-Exerciren sah. daß es an den Offiziers lag, so habe ich sie durch meine
Offiziers vom ersten Bataillon und sie meine Unrangirten exerciren lassen.
Nun geht es wieder besser. Er hat gesehen, wie die Unrangirten exercirt wer¬
fen, und wenn Er das Bataillon richten will, so muß Er nach dem ?vint
als vue sehen und die Leute darinnen richten. Er hat gesehen, wie ich es
mache, daß ich die, die zurücke sind, an mein Pferd kommen lasse. Man kann
wol ein Bataillon gerade richten, aber deshalb stehet es nicht in der Linie.
Versteht Er mich wohl?"

Nachdem das Exerciren vorüber ist. das heute nicht zu des Königs Zu¬
friedenheit ausgefallen war, sagt er weiter zu EUert:


"EUert. hat Er gesehen, woran es hier gelegen? Sie haben nicht ge¬
schwind genug Patronen ergriffen, sind zu enge geschlossen gewesen, haben
nicht nach dem Commando ihrer Offiziers gehört. Uebermorgen sollen sie in
Divisions cxercrren und da wird es redresfirt werden."

Der 5. April ist ein trüber Regentag, aber am 3. lacht die Sonne wie-
er heiter, und zeitig wird aus Potsdams Thoren hinaus in's Freie gerückt.


ja Ambition, Ihr werdet Euch ja schämen, wenn Ihr nicht das machen konn¬
tet, was meine übrigen thun, und wolltet zurückbleiben, daß man Euch nicht
brauchen könnte."

Bei einer Uebung am 3. April ruft der König plötzlich den Oberstlieute¬
nant EUert zu sich, der, nach damaliger Sitte, vor dem Monarchen den Hut
zieht. Dieser sagt zu ihm:


„Ellert, komme Er her! Setze Er aus! Er ist ein Mann, der Einsicht
hat. Er wird also leicht einsehen, warum in Schlesien bei den Regimentern
das Exerciren so schlecht geht. Es liegt lediglich an den Offiziers, die das
Exerciren nicht verstehen, denn nue kann der Bursche da etwas lernen, wenn
es der Offizier selber nicht kann. Es müssen dah^r die Offiziers dazu ange¬
halten werden. Versteht Er mich wohl? Und dieses sage er Tauentzien.
denn die jüngsten Offiziers müssen Alles so gut verstehen wie die alten, damit,
wenn eurer fehlt, der junge Offizier gleich in seine Stelle treten kann. Ver¬
steht Er arch wohl? Denn ich habe den Teufel vom vielen Exerciren, der
Kerl muß zum Kriege gnvandt werden, er muß marschiren und laden könne»;
es kommt wol vor, daß ein, zwei und drei Manu zu spät kommen, aber
wenn mehrere fehlen, so sind die Leure nicht ausgearbeitet und mit Eurem
Laden ist es nun so so, und marschiren könnt Ihr gar nicht. Er hat gesehen,
wie die Beurlaubten dressirt und wie sie einzeln exercirt werden, und wenn sie
alle eingestellt sind, wird gleich im Ganzen marschirt, nachher werden die
Divisions vorgezogen, die Beurlaubte» appart exercirt und die Dienstthuenden
feuern. Ich habe mit Preußen viel zu thun gehabt, ehe ich es zu rechte gebracht
habe. Erstlich wußte ich nicht, woran es lag. da ich aber bei dem Divi-
sions-Exerciren sah. daß es an den Offiziers lag, so habe ich sie durch meine
Offiziers vom ersten Bataillon und sie meine Unrangirten exerciren lassen.
Nun geht es wieder besser. Er hat gesehen, wie die Unrangirten exercirt wer¬
fen, und wenn Er das Bataillon richten will, so muß Er nach dem ?vint
als vue sehen und die Leute darinnen richten. Er hat gesehen, wie ich es
mache, daß ich die, die zurücke sind, an mein Pferd kommen lasse. Man kann
wol ein Bataillon gerade richten, aber deshalb stehet es nicht in der Linie.
Versteht Er mich wohl?"

Nachdem das Exerciren vorüber ist. das heute nicht zu des Königs Zu¬
friedenheit ausgefallen war, sagt er weiter zu EUert:


„EUert. hat Er gesehen, woran es hier gelegen? Sie haben nicht ge¬
schwind genug Patronen ergriffen, sind zu enge geschlossen gewesen, haben
nicht nach dem Commando ihrer Offiziers gehört. Uebermorgen sollen sie in
Divisions cxercrren und da wird es redresfirt werden."

Der 5. April ist ein trüber Regentag, aber am 3. lacht die Sonne wie-
er heiter, und zeitig wird aus Potsdams Thoren hinaus in's Freie gerückt.


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[0074] ja Ambition, Ihr werdet Euch ja schämen, wenn Ihr nicht das machen konn¬ tet, was meine übrigen thun, und wolltet zurückbleiben, daß man Euch nicht brauchen könnte." Bei einer Uebung am 3. April ruft der König plötzlich den Oberstlieute¬ nant EUert zu sich, der, nach damaliger Sitte, vor dem Monarchen den Hut zieht. Dieser sagt zu ihm: „Ellert, komme Er her! Setze Er aus! Er ist ein Mann, der Einsicht hat. Er wird also leicht einsehen, warum in Schlesien bei den Regimentern das Exerciren so schlecht geht. Es liegt lediglich an den Offiziers, die das Exerciren nicht verstehen, denn nue kann der Bursche da etwas lernen, wenn es der Offizier selber nicht kann. Es müssen dah^r die Offiziers dazu ange¬ halten werden. Versteht Er mich wohl? Und dieses sage er Tauentzien. denn die jüngsten Offiziers müssen Alles so gut verstehen wie die alten, damit, wenn eurer fehlt, der junge Offizier gleich in seine Stelle treten kann. Ver¬ steht Er arch wohl? Denn ich habe den Teufel vom vielen Exerciren, der Kerl muß zum Kriege gnvandt werden, er muß marschiren und laden könne»; es kommt wol vor, daß ein, zwei und drei Manu zu spät kommen, aber wenn mehrere fehlen, so sind die Leure nicht ausgearbeitet und mit Eurem Laden ist es nun so so, und marschiren könnt Ihr gar nicht. Er hat gesehen, wie die Beurlaubten dressirt und wie sie einzeln exercirt werden, und wenn sie alle eingestellt sind, wird gleich im Ganzen marschirt, nachher werden die Divisions vorgezogen, die Beurlaubte» appart exercirt und die Dienstthuenden feuern. Ich habe mit Preußen viel zu thun gehabt, ehe ich es zu rechte gebracht habe. Erstlich wußte ich nicht, woran es lag. da ich aber bei dem Divi- sions-Exerciren sah. daß es an den Offiziers lag, so habe ich sie durch meine Offiziers vom ersten Bataillon und sie meine Unrangirten exerciren lassen. Nun geht es wieder besser. Er hat gesehen, wie die Unrangirten exercirt wer¬ fen, und wenn Er das Bataillon richten will, so muß Er nach dem ?vint als vue sehen und die Leute darinnen richten. Er hat gesehen, wie ich es mache, daß ich die, die zurücke sind, an mein Pferd kommen lasse. Man kann wol ein Bataillon gerade richten, aber deshalb stehet es nicht in der Linie. Versteht Er mich wohl?" Nachdem das Exerciren vorüber ist. das heute nicht zu des Königs Zu¬ friedenheit ausgefallen war, sagt er weiter zu EUert: „EUert. hat Er gesehen, woran es hier gelegen? Sie haben nicht ge¬ schwind genug Patronen ergriffen, sind zu enge geschlossen gewesen, haben nicht nach dem Commando ihrer Offiziers gehört. Uebermorgen sollen sie in Divisions cxercrren und da wird es redresfirt werden." Der 5. April ist ein trüber Regentag, aber am 3. lacht die Sonne wie- er heiter, und zeitig wird aus Potsdams Thoren hinaus in's Freie gerückt.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/74>, abgerufen am 23.07.2024.