Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.den fraglichen Vorschlag unberührt geblieben ist. erscheint es als eine selbst¬ den fraglichen Vorschlag unberührt geblieben ist. erscheint es als eine selbst¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0063" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112571"/> <p xml:id="ID_159" prev="#ID_158" next="#ID_160"> den fraglichen Vorschlag unberührt geblieben ist. erscheint es als eine selbst¬<lb/> verständliche Pflicht der Staats- und Kirchcnbehörden, dein bestimmt aus¬<lb/> gesprochenen Willen Sr. Majestät gemäß, das Ansehen des Gesetzes zu wah¬<lb/> ren und es an der Handhabung desselben, so lange nicht im verfassungs¬<lb/> mäßigen Wege eine Modification zu Stande gekommen ist, in keiner Weise<lb/> fehlen zu lassen. Agitationen in dem Sinne, um einen Druck auf die Landes¬<lb/> vertretung auszuüben, erscheinen im Lande Tirol um so weniger gerechtferti¬<lb/> get, als hier die Landesvertretung den Gegenstand bereits in ihre Hand ge¬<lb/> nommen hat. Deren Fortsetzung könnte daher nur den Zweck haben, die<lb/> Bevölkerung gegen die Regierung einerseits und gegen die nichtkatholischen Reli-<lb/> gionsbekenner andrerseits fortwährend aufzureizen, ein Vergehen, welches die<lb/> Strafgerichte zur strengen Ahndung herausfordert, weil es nicht nur gesetzwidrig,<lb/> sondern wirklich sträflich ist. Um solche Maßregeln der Strenge überflüssig zu<lb/> machen, wird es Pflicht der politischen Behörden sein, die Bevölkerung mit Ernst<lb/> und Nachdruck zu belehren und sich zu gleichem Zwecke mit den kirchlichen Organen<lb/> ins Einvernehmen zu setzen."" Schließlich bemerkte der Herr Staatsminister,<lb/> daß das k. k. Bezirksamt für den Erfolg seiner pflichtmäßigen Thätigkeit ver¬<lb/> antwortlich ist, „„welcher übrigens nicht ausbleiben wird, in so ferne dasselbe<lb/> seine Schuldigkeit zu thun nicht versäumt."" Ich setze das k. k. Bezirksamt<lb/> von diesem Inhalte -des Schreibens des Herrn Staatsministers vom 15. d.<lb/> M. zum Wissen und Benehmen mit der Weisung in Kenntniß, auf die Be¬<lb/> völkerung des Bezirkes im Wege der Gemeindevorstehungen mit Klugheit und<lb/> Umsicht im obigen Sinne entsprechend einzuwirken, damit etwaige Demonstra¬<lb/> tionen unterbleiben. Ich fordere das k. k. Bezirksamt aus. über den Erfolg<lb/> dieses Erlasses und über den Eindruck, welchen die Allerhöchste Entschließung<lb/> vom 13. d. M. hervorgebracht hat, binnen 8 Tagen Bericht zu erstatten. Schön¬<lb/> brunn den 23. Juni 1861. E.-H. Karl. in. p." Schon der Umstand, daß sich der<lb/> Erzherzog lediglich zum Boten der ministeriellen Mittheilung macht, läßt erkennen,<lb/> daß er nur mit Widerstreben darauf einging. Noch deutlicher tritt dies aus<lb/> ihrem Inhalt hervor, der in seinem innern Widerspruch die Spuren der<lb/> Reibung trägt. Wenn das Patent vom 8. April nur den Vollzug eines<lb/> völkerrechtlichen Vertrages, der deutschen Bundesacte, enthält, ist es platter¬<lb/> dings unmöglich, auf einen entgegengesetzten Antrag des tiroler Landtags ein¬<lb/> zugehen, da Tirol zum deutschen Bunde gehört; die Vertröstung auf eine<lb/> zweite möglicher Weise günstigere Entscheidung ist also eine Täuschung. Ent¬<lb/> spricht ferner das Patent den „zu den geläutertsten Grundsätzen christlicher<lb/> Duldsamkeit emporgestiegenen Anforderungen der europäischen Gesellschaft", so<lb/> steht nicht abzusehen, wie man künftig zu Gunsten provinzieller Unduldsamkeit<lb/> und angelernter Unvernunft davon eine Ausnahme machen will. Es ist also<lb/> schon durch diese beiden Gründe entschieden, daß es unnütz, noch „in das</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
den fraglichen Vorschlag unberührt geblieben ist. erscheint es als eine selbst¬
verständliche Pflicht der Staats- und Kirchcnbehörden, dein bestimmt aus¬
gesprochenen Willen Sr. Majestät gemäß, das Ansehen des Gesetzes zu wah¬
ren und es an der Handhabung desselben, so lange nicht im verfassungs¬
mäßigen Wege eine Modification zu Stande gekommen ist, in keiner Weise
fehlen zu lassen. Agitationen in dem Sinne, um einen Druck auf die Landes¬
vertretung auszuüben, erscheinen im Lande Tirol um so weniger gerechtferti¬
get, als hier die Landesvertretung den Gegenstand bereits in ihre Hand ge¬
nommen hat. Deren Fortsetzung könnte daher nur den Zweck haben, die
Bevölkerung gegen die Regierung einerseits und gegen die nichtkatholischen Reli-
gionsbekenner andrerseits fortwährend aufzureizen, ein Vergehen, welches die
Strafgerichte zur strengen Ahndung herausfordert, weil es nicht nur gesetzwidrig,
sondern wirklich sträflich ist. Um solche Maßregeln der Strenge überflüssig zu
machen, wird es Pflicht der politischen Behörden sein, die Bevölkerung mit Ernst
und Nachdruck zu belehren und sich zu gleichem Zwecke mit den kirchlichen Organen
ins Einvernehmen zu setzen."" Schließlich bemerkte der Herr Staatsminister,
daß das k. k. Bezirksamt für den Erfolg seiner pflichtmäßigen Thätigkeit ver¬
antwortlich ist, „„welcher übrigens nicht ausbleiben wird, in so ferne dasselbe
seine Schuldigkeit zu thun nicht versäumt."" Ich setze das k. k. Bezirksamt
von diesem Inhalte -des Schreibens des Herrn Staatsministers vom 15. d.
M. zum Wissen und Benehmen mit der Weisung in Kenntniß, auf die Be¬
völkerung des Bezirkes im Wege der Gemeindevorstehungen mit Klugheit und
Umsicht im obigen Sinne entsprechend einzuwirken, damit etwaige Demonstra¬
tionen unterbleiben. Ich fordere das k. k. Bezirksamt aus. über den Erfolg
dieses Erlasses und über den Eindruck, welchen die Allerhöchste Entschließung
vom 13. d. M. hervorgebracht hat, binnen 8 Tagen Bericht zu erstatten. Schön¬
brunn den 23. Juni 1861. E.-H. Karl. in. p." Schon der Umstand, daß sich der
Erzherzog lediglich zum Boten der ministeriellen Mittheilung macht, läßt erkennen,
daß er nur mit Widerstreben darauf einging. Noch deutlicher tritt dies aus
ihrem Inhalt hervor, der in seinem innern Widerspruch die Spuren der
Reibung trägt. Wenn das Patent vom 8. April nur den Vollzug eines
völkerrechtlichen Vertrages, der deutschen Bundesacte, enthält, ist es platter¬
dings unmöglich, auf einen entgegengesetzten Antrag des tiroler Landtags ein¬
zugehen, da Tirol zum deutschen Bunde gehört; die Vertröstung auf eine
zweite möglicher Weise günstigere Entscheidung ist also eine Täuschung. Ent¬
spricht ferner das Patent den „zu den geläutertsten Grundsätzen christlicher
Duldsamkeit emporgestiegenen Anforderungen der europäischen Gesellschaft", so
steht nicht abzusehen, wie man künftig zu Gunsten provinzieller Unduldsamkeit
und angelernter Unvernunft davon eine Ausnahme machen will. Es ist also
schon durch diese beiden Gründe entschieden, daß es unnütz, noch „in das
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