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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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blendenden Satze: ""Gleiches Recht für Alle,"" den allein seligmachenden
Glauben zur Stufe menschlicher Meinungen und Ansichten herabziehe-, ob er
nun offen euch zumuthe. die Hoffnung auf ein ewiges Leben und mit ihm
das ganze Christenthum aufzugeben, oder durch das übermäßige Anpreisen des
Fortschrittes in ?er Zeit die Ewigkeit in Vergessenheit bringen wolle; ob er
mit offenem Kampfe das von Christus eingesetzte Priesterthum verfolge und
verhöhne, oder mit feindlichen Ränken Mißtrauen ausstreue; ob er sich mit
frecher Stirne über alle obrigkeitlichen Gewalten auflehnen, oder das Ver¬
langen nach schrankenloser Freiheit nähren und so die Grundlage aller Ord¬
nung untergraben wolle. Möge dieser Geist der Verführung euch mit dem
Lobe der Aufklärung schmeicheln, mit Aussicht auf Gewinn euch zu bestechen
suchen, oder alle seine Herrlichkeit vor euren Augen ausbreiten und sagen:
""Dies Alles will ich dir geben, wenn du vor mir niederfällst und mich an¬
betest"", so antwortet ihm mit Christus: ,, ..Weiche von mir, du Widersacher;
denn es steht geschrieben, du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm
allein dienen.""

Der Bischof wollte damit wol andeuten, daß es nur Eine richtige Art
Gott zu dienen. Einen alleinseligmachenden Glauben gebe, daß die Glaubcns-
einheit schon vom Evangelium vorgesehen sei. Der Staatsminister ist ihm
offenbar nur des Satans Bruder, der das tiroler Volk den falschen Göttern
zuführen will. Dies ergibt sich augenscheinlich, wenn man die angeführte
Stelle mit derjenigen vergleicht, worauf sie in der Zuschrift des Ministers an
den Erzherzog Bezug nimmt. Sie wurde früher den Bischöfen und erst am
23. Juni auch den sämmtlichen tirolischen Bezirksämtern mitgetheilt, letzteren
freilich nur im Auszug. Wir lassen sie hier wörtlich folgen, weil sie den
Kampf, der in den höchsten Kreisen geführt wurde, ahnen- läßt.

"Seine k. k. Apostolische Majestät haben mittelst Allerhöchster Entschließung
vom 13. d. M. den Herrn Staatsminister zu ermächtigen geruht, den vor¬
gelegten Gesetzentwurf des tirolischen Landtages bezüglich der Bestimmungen
über die Religionsübung der Nichtkatholiken und deren Fähigkeit, unbeweg¬
liches Vermögen zu erwerben, dahin zu erledigen, daß Seine Majestät diesen
Gesetzvorschlag in der vorliegenden Form abzulehnen befunden haben, weil er
auf benutz 17 der L.-O. bcrstrt ist, während er, seiner Beschaffenheit nach,
nur nach § 19 g. in Verhandlung zu ziehen war. Seine Majestät haben
Allerhöchst sich die Würdigung der von dem Landtage für seinen Vorschlag
dargestellten Gründe für den Fall vorbehalten, als letzterer den Gegenstand
in gesetzlicher Form zur Verhandlung bringen, und sohin einen Antrag zu
stellen sich veranlaßt finden sollte. Der Herr Staatsminister hat Mir hierüber
mittelst Schreibens vom 15. d. M. Z. 4170 Se. M. wörtlich folgende Er¬
öffnungen gemacht:


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blendenden Satze: „„Gleiches Recht für Alle,"" den allein seligmachenden
Glauben zur Stufe menschlicher Meinungen und Ansichten herabziehe-, ob er
nun offen euch zumuthe. die Hoffnung auf ein ewiges Leben und mit ihm
das ganze Christenthum aufzugeben, oder durch das übermäßige Anpreisen des
Fortschrittes in ?er Zeit die Ewigkeit in Vergessenheit bringen wolle; ob er
mit offenem Kampfe das von Christus eingesetzte Priesterthum verfolge und
verhöhne, oder mit feindlichen Ränken Mißtrauen ausstreue; ob er sich mit
frecher Stirne über alle obrigkeitlichen Gewalten auflehnen, oder das Ver¬
langen nach schrankenloser Freiheit nähren und so die Grundlage aller Ord¬
nung untergraben wolle. Möge dieser Geist der Verführung euch mit dem
Lobe der Aufklärung schmeicheln, mit Aussicht auf Gewinn euch zu bestechen
suchen, oder alle seine Herrlichkeit vor euren Augen ausbreiten und sagen:
„„Dies Alles will ich dir geben, wenn du vor mir niederfällst und mich an¬
betest"", so antwortet ihm mit Christus: ,, ..Weiche von mir, du Widersacher;
denn es steht geschrieben, du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm
allein dienen.""

Der Bischof wollte damit wol andeuten, daß es nur Eine richtige Art
Gott zu dienen. Einen alleinseligmachenden Glauben gebe, daß die Glaubcns-
einheit schon vom Evangelium vorgesehen sei. Der Staatsminister ist ihm
offenbar nur des Satans Bruder, der das tiroler Volk den falschen Göttern
zuführen will. Dies ergibt sich augenscheinlich, wenn man die angeführte
Stelle mit derjenigen vergleicht, worauf sie in der Zuschrift des Ministers an
den Erzherzog Bezug nimmt. Sie wurde früher den Bischöfen und erst am
23. Juni auch den sämmtlichen tirolischen Bezirksämtern mitgetheilt, letzteren
freilich nur im Auszug. Wir lassen sie hier wörtlich folgen, weil sie den
Kampf, der in den höchsten Kreisen geführt wurde, ahnen- läßt.

„Seine k. k. Apostolische Majestät haben mittelst Allerhöchster Entschließung
vom 13. d. M. den Herrn Staatsminister zu ermächtigen geruht, den vor¬
gelegten Gesetzentwurf des tirolischen Landtages bezüglich der Bestimmungen
über die Religionsübung der Nichtkatholiken und deren Fähigkeit, unbeweg¬
liches Vermögen zu erwerben, dahin zu erledigen, daß Seine Majestät diesen
Gesetzvorschlag in der vorliegenden Form abzulehnen befunden haben, weil er
auf benutz 17 der L.-O. bcrstrt ist, während er, seiner Beschaffenheit nach,
nur nach § 19 g. in Verhandlung zu ziehen war. Seine Majestät haben
Allerhöchst sich die Würdigung der von dem Landtage für seinen Vorschlag
dargestellten Gründe für den Fall vorbehalten, als letzterer den Gegenstand
in gesetzlicher Form zur Verhandlung bringen, und sohin einen Antrag zu
stellen sich veranlaßt finden sollte. Der Herr Staatsminister hat Mir hierüber
mittelst Schreibens vom 15. d. M. Z. 4170 Se. M. wörtlich folgende Er¬
öffnungen gemacht:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/61>, abgerufen am 23.07.2024.