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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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bildung und Ansäßigmachung der Protestanten stützte sich den "tiefen Studien"
des Haßlwandter zu Folge auf den §. 17 der Landesordnung, der von
Gesetzesvvrschlügcn in Landesangelegenheiten spricht; den §. 19, a, der dem
Landtag das Recht einräumt, über bereits kundgemachte allgemeine Gesetze
und Einrichtungen Anträge zu stellen, hatte man deshalb nicht hervorgehoben,
weil er bloß von Anträgen, nicht von Gesetzesvorschlägen spricht. Der tiroler
Eytvphant, der mit Staatsvcrträgen und Gesetzen so trefflich zu spielen ver.
stand, wollte eben die Landesordnung verbessern, nach Bedarf erweitern.
Darüber erklärte das kaiserliche Rescnpt vom 13. Juni den Gesetzvorschlag
aus formeller Rücksicht abzulehnen, die Würdigung der Gründe aber für den
Fall in Vorbehalt zu nehmen, wenn sie der Landtag in gesetzlicher Form in
Verhandlung bringen und sohin neuerdings einen Antrag stellen sollte. Ein
Gesetzvorschlag, dies war schon jetzt ausgesprochen, konnte gar Nicht eingebracht
werden, dessenohngeachtet blieb noch blaues Feld für die Hoffnung, da ein
Antrag auch für die Zukunft nicht versagt war. Der Minister beruhigte das
Haus der Abgeordneten bei Kundgebung dieser Entscheidung in der Sitzung
vom Is. Juni durch die Versicherung, es sei an den Statthalter ein Schrei¬
ben des Inhalts gerichtet worden: "Bestrebungen gegen das Patent, welche
den Charakter von Agitationen annehmen, dürfen nicht geduldet werden. In
dieser Richtung sind die gemessensten Weisungen zu erlassen und die Behörden
für den Erfolg ihrer pflichtmäßigen Thätigkeit verantwortlich zu machen."
An das ObcrlandeSgericht und -den Oberstaatsanwalt Dr. Haßlwandter sei
der Auftrag ergangen, bezüglich der Agitationen gegen das Patent, die in'S
Bereich des Strafgesetzes fallen, nach Maßgabe des letzteren einzuschreiten,
eben so ein Schreiben an den Bischof von Brixen mit der Mahnung: "um
Maßregeln der Strenge überflüssig zu machen, könne es nur von der heilsam¬
sten Wirkung sein, wenn die kirchlichen Organe der Ueberzeugung Raum ge¬
ben möchten, daß es ihre Pflicht sei, die Bevölkerung mit Ernst Md Rach¬
druck zu belehren." Der Bischof sei ersucht worden, sich zu diesem Zwecke mit
den politischen Behörden in Einvernehmen zu setzen und entsprechende Wei¬
sungen an die kirchlichen Organe zu erlassen. Betreffs der Frage endlich, ob
die Regierung geneigt sei, das Patent vom 8. April einer verfassungsmäßi¬
gen Behandlung zu unterziehen, gab der Minister zu verstehen, daß jene Be¬
stürmungen, welche die bürgerlichen Verhältnisse der AkathoUken regeln, nichts
Neues, vielmehr nur eine Zusammenstellung und Sanction der früheren kai¬
serlichen Entschließungen enthalten, die Normen über die Einrichtungen der
protestantischen Kirche aber vom Kaiser als oberstem Schutzherrn derselben er¬
gangen seien. Er erklärte endlich Namens der Negierung Sr. Majestät: "daß
sie das Patent vom 3. April 1861 als Gesetz anerkenne, und dessen Modifi-
cation nur im verfassungsmäßigen Wege Platz greifen könne."


bildung und Ansäßigmachung der Protestanten stützte sich den „tiefen Studien"
des Haßlwandter zu Folge auf den §. 17 der Landesordnung, der von
Gesetzesvvrschlügcn in Landesangelegenheiten spricht; den §. 19, a, der dem
Landtag das Recht einräumt, über bereits kundgemachte allgemeine Gesetze
und Einrichtungen Anträge zu stellen, hatte man deshalb nicht hervorgehoben,
weil er bloß von Anträgen, nicht von Gesetzesvorschlägen spricht. Der tiroler
Eytvphant, der mit Staatsvcrträgen und Gesetzen so trefflich zu spielen ver.
stand, wollte eben die Landesordnung verbessern, nach Bedarf erweitern.
Darüber erklärte das kaiserliche Rescnpt vom 13. Juni den Gesetzvorschlag
aus formeller Rücksicht abzulehnen, die Würdigung der Gründe aber für den
Fall in Vorbehalt zu nehmen, wenn sie der Landtag in gesetzlicher Form in
Verhandlung bringen und sohin neuerdings einen Antrag stellen sollte. Ein
Gesetzvorschlag, dies war schon jetzt ausgesprochen, konnte gar Nicht eingebracht
werden, dessenohngeachtet blieb noch blaues Feld für die Hoffnung, da ein
Antrag auch für die Zukunft nicht versagt war. Der Minister beruhigte das
Haus der Abgeordneten bei Kundgebung dieser Entscheidung in der Sitzung
vom Is. Juni durch die Versicherung, es sei an den Statthalter ein Schrei¬
ben des Inhalts gerichtet worden: „Bestrebungen gegen das Patent, welche
den Charakter von Agitationen annehmen, dürfen nicht geduldet werden. In
dieser Richtung sind die gemessensten Weisungen zu erlassen und die Behörden
für den Erfolg ihrer pflichtmäßigen Thätigkeit verantwortlich zu machen."
An das ObcrlandeSgericht und -den Oberstaatsanwalt Dr. Haßlwandter sei
der Auftrag ergangen, bezüglich der Agitationen gegen das Patent, die in'S
Bereich des Strafgesetzes fallen, nach Maßgabe des letzteren einzuschreiten,
eben so ein Schreiben an den Bischof von Brixen mit der Mahnung: „um
Maßregeln der Strenge überflüssig zu machen, könne es nur von der heilsam¬
sten Wirkung sein, wenn die kirchlichen Organe der Ueberzeugung Raum ge¬
ben möchten, daß es ihre Pflicht sei, die Bevölkerung mit Ernst Md Rach¬
druck zu belehren." Der Bischof sei ersucht worden, sich zu diesem Zwecke mit
den politischen Behörden in Einvernehmen zu setzen und entsprechende Wei¬
sungen an die kirchlichen Organe zu erlassen. Betreffs der Frage endlich, ob
die Regierung geneigt sei, das Patent vom 8. April einer verfassungsmäßi¬
gen Behandlung zu unterziehen, gab der Minister zu verstehen, daß jene Be¬
stürmungen, welche die bürgerlichen Verhältnisse der AkathoUken regeln, nichts
Neues, vielmehr nur eine Zusammenstellung und Sanction der früheren kai¬
serlichen Entschließungen enthalten, die Normen über die Einrichtungen der
protestantischen Kirche aber vom Kaiser als oberstem Schutzherrn derselben er¬
gangen seien. Er erklärte endlich Namens der Negierung Sr. Majestät: „daß
sie das Patent vom 3. April 1861 als Gesetz anerkenne, und dessen Modifi-
cation nur im verfassungsmäßigen Wege Platz greifen könne."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/57>, abgerufen am 29.12.2024.