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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Grafen Kameke war ich bei einem Carr6cangriff thätig, dessen Resultat die
Eroberung einer Kanone war. Einem ostpreußischen Lnndwehrbataillon, das
im Weichen begriffen war, konnte ich die Nachricht von dem Vorrücken der
schwedischen Armee bringen und es zum Standhalten bewegen. ,

Ich hatte nun vollen Ersatz für die mir von den Franzosen angethane
Schmach und schwelgte in Siegesfreude. Das Nähere gehört nicht hierher."


jDieser kurze Bericht über die Theilnahme des Verewigten an der Schlacht
von Dennewitz kann durch einen Privatbricf desselben an einen Freund er¬
gänzt werden, in welchem er ausführlicher erzählt. Die betreffenden Sätze
des Briefes werden hier abgedruckt.

"Ich kam am 5. September 1813 aus der französischen Gefangenschaft
als Lützow'scher Ranzionirter im Hauptquartier des Kronprinzen von Schwe¬
den bei der Nordarmee um, meldete mich bei dem Führer der schwedisch-pom-
merschen reitenden Volontairlegion, Rittmeister von Quistorp, und bot ihm,
wie ich war, abgerissen, fast entblößt und leidend von den Wunden, die ich
bei dein Ueberfall von Kitzen erhalten, meine Dienste an, wenn er mir so¬
fort ein Pferd geben wollte, damit ich vor der bevorstehenden Schlacht mei¬
nen Bruder Wilhelm aufsuchen könnte, welcher zwei schwedische reitende Ar-
tillcrilbattcrien commandirte. Denn ich hatte die muthmaßliche Auflösung
des Lützow'schen Freicorps in Erfahrung gebracht, und der herrschende Ge¬
danke meines empörten Gemüthes war, unsere Niederlage bei Kitzen an den
Franzosen zu rächen, es sei, wie es sei, am liebsten durch Artillerie. Qm¬
storp gab mir Pferde und Wagen. Ich suchte meinen Bruder und fand
ihn am 6. September 1813 vor dem Dorfe Gölsdorf."

"Aber mein Wunsch, bei den Batterien des Bruders die Schlacht mitzu¬
machen, wurde mir durch den herbeikommende" Generaladjutauten Grafen
Adlcrcreuz uicht erfüllt, ich wurde von meinen Rändern, den Feuerschlünden,
abgewiesen, und konnte nicht mehr hoffen, Quistorp und seine Schaar aufzufinden,
so stand mir jetzt das ganze Schlachtfeld von Dennewitz offen. Ich ritt auf
deu linken Flügel des preußischen Heeres nach Nohrbcck zu; er war gerade
damals hart bedrängt. Die Schlacht wogte heftig. Dort traf ich auf den
Major Graf Kamele, welcher mit zwei Schwadronen des zweiten westpreußi¬
schen Dragonerregiments außerhalb Schußweite hielt. Ich bat um Erlaub¬
niß, mich anzuschließen. Dies gestattete er, verbarg mir aber nicht, daß
Mannschaft und Pferde sehr ermüdet wären, und daß es für ihn und seine
Leute wohl nichts mehr zu thun geben werde. Mir war das ein Donner¬
schlag. Ich bat ihn, durch einen Angriff auf die uns gegenüberstehende In¬
fanterie den Bataillonen der Preußen zu Hülfe zu kommen. Da wies er
mich selbst auf das zunächst stehende Bataillon ostpreußischer Infanterie, welches in


Grafen Kameke war ich bei einem Carr6cangriff thätig, dessen Resultat die
Eroberung einer Kanone war. Einem ostpreußischen Lnndwehrbataillon, das
im Weichen begriffen war, konnte ich die Nachricht von dem Vorrücken der
schwedischen Armee bringen und es zum Standhalten bewegen. ,

Ich hatte nun vollen Ersatz für die mir von den Franzosen angethane
Schmach und schwelgte in Siegesfreude. Das Nähere gehört nicht hierher."


jDieser kurze Bericht über die Theilnahme des Verewigten an der Schlacht
von Dennewitz kann durch einen Privatbricf desselben an einen Freund er¬
gänzt werden, in welchem er ausführlicher erzählt. Die betreffenden Sätze
des Briefes werden hier abgedruckt.

„Ich kam am 5. September 1813 aus der französischen Gefangenschaft
als Lützow'scher Ranzionirter im Hauptquartier des Kronprinzen von Schwe¬
den bei der Nordarmee um, meldete mich bei dem Führer der schwedisch-pom-
merschen reitenden Volontairlegion, Rittmeister von Quistorp, und bot ihm,
wie ich war, abgerissen, fast entblößt und leidend von den Wunden, die ich
bei dein Ueberfall von Kitzen erhalten, meine Dienste an, wenn er mir so¬
fort ein Pferd geben wollte, damit ich vor der bevorstehenden Schlacht mei¬
nen Bruder Wilhelm aufsuchen könnte, welcher zwei schwedische reitende Ar-
tillcrilbattcrien commandirte. Denn ich hatte die muthmaßliche Auflösung
des Lützow'schen Freicorps in Erfahrung gebracht, und der herrschende Ge¬
danke meines empörten Gemüthes war, unsere Niederlage bei Kitzen an den
Franzosen zu rächen, es sei, wie es sei, am liebsten durch Artillerie. Qm¬
storp gab mir Pferde und Wagen. Ich suchte meinen Bruder und fand
ihn am 6. September 1813 vor dem Dorfe Gölsdorf."

„Aber mein Wunsch, bei den Batterien des Bruders die Schlacht mitzu¬
machen, wurde mir durch den herbeikommende» Generaladjutauten Grafen
Adlcrcreuz uicht erfüllt, ich wurde von meinen Rändern, den Feuerschlünden,
abgewiesen, und konnte nicht mehr hoffen, Quistorp und seine Schaar aufzufinden,
so stand mir jetzt das ganze Schlachtfeld von Dennewitz offen. Ich ritt auf
deu linken Flügel des preußischen Heeres nach Nohrbcck zu; er war gerade
damals hart bedrängt. Die Schlacht wogte heftig. Dort traf ich auf den
Major Graf Kamele, welcher mit zwei Schwadronen des zweiten westpreußi¬
schen Dragonerregiments außerhalb Schußweite hielt. Ich bat um Erlaub¬
niß, mich anzuschließen. Dies gestattete er, verbarg mir aber nicht, daß
Mannschaft und Pferde sehr ermüdet wären, und daß es für ihn und seine
Leute wohl nichts mehr zu thun geben werde. Mir war das ein Donner¬
schlag. Ich bat ihn, durch einen Angriff auf die uns gegenüberstehende In¬
fanterie den Bataillonen der Preußen zu Hülfe zu kommen. Da wies er
mich selbst auf das zunächst stehende Bataillon ostpreußischer Infanterie, welches in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/508>, abgerufen am 29.12.2024.