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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Die Tage vom 14. bis 25. April wurden in Leipzig mit Exerciren und
Uebungen im Felddienst verbracht. Ich meines Orts wurde bei der zweiten Escad¬
ron unter Führung des Rittmeisters von Aschenhach eingestellt. Diese ausschließlich
aus Studenten und Beamten gebildete Escadron gewährte mit ihren auserlesenen
Pferden, ihren schmucken Leuten in kleidsamer Uniform, nämlich schwarzem
Waffenrock mit rothem Vorstöße und vergoldeten Achselschuppen, einen schönen
militärischen Anblick. Kricgstüchtiger waren aber wohl die erste Escadron
unter v. Helden - Sarnowsky und die Uhlanenescadron unter, Rittmeister
v. Kropf, weil unter diesen eine nicht unbedeutende Anzahl gedienter Leute
sich befand, auch die Führer in jeder Hinsicht ausgezeichnet waren.

v. Helden-Sarnowsky, einer der verwegensten und gewandtesten Reiter,
wurde von seinem Truppentheil wie ein. Vater geliebt; vorsorglich und menschen¬
freundlich, verband er mit der Milde soldatische Strenge. Ich sehe noch
seine schlanke ritterliche Gestalt, wie er sich seinem wilden unbändigen Schimmel
im Bäumen in den Sattel schwang und mit Anstand grüßend lächelnd davon
sprengte, v. Kropf, Führer der Uhlanen, finster und strenge, mit röthlichem
Haupthaar und Barte, verstand es, seine Schaar besser zu discipliniren.
als es einem der übrigen Führer gelingen wollte. Gewiß waren die Lanzen¬
reiter, wenn auch nicht die Tapfersten, doch die Kriegsgeübtesten unter den
Lützowern.

v. Bismark, ein stiller blonder Offizier, war die Gutmüthigkeit selbst; er
bot des Hervorragenden zu wenig dar, um ein erschöpfendes Urtheil über ihn
fällen zu können; so viel ich mich erinnern kann, schloß er sich dem Corps
erst an. als dasselbe in die Gegend von Schönhausen an der Elbe, einem
v. Bismark'schen Familiengute, kam.

Der Chester zweiten Schwadron, Rittmeister". Aschenbach, würde in Friedens¬
zeiten einen erträglichen Lieutenant abgegeben haben, aber zum Führer der zweiten
Escadron taugte er nicht, und die Verblendung Lützows ist unbegreiflich, dM
diesem Mann ohne Energie und militärischen Blick das Kommando über
eine Schaar aufgeweckter junger Leute anvertrauen konnte, deren richtige
Führung die ausgezeichnetsten Eigenschaften heischte. Schläfrig und in schlaffer
Haltung hing der blondbärtige Hüne auf seinem Pferde, unfähig, irgend
einer Schwierigkeit anders zu begegnen, als mit dem Trotz' der Unwissen¬
heit in militärischen Dingen; auch gelang es seinem Lieutnant v. Holleben, der
früher in östreichschen Diensten praktischere Erfahrungen gemacht hatte, nur
selten, bei der Führung die Mangel des Escadronchefs zu decken.

Unter den Offizieren des Corps war anerkannt der fähigste und genialste,
der Rittmeister v. Bornstedt. ohne Escadron dein Stäbe zugetheilt. Uner¬
schrocken, nie rathlos. stets aufmerksam auf die Bewegungen des Feindes,
wohlgemuth und heiteren Sinnes, war er die Seele jeder kühnen Unternehmung.


Die Tage vom 14. bis 25. April wurden in Leipzig mit Exerciren und
Uebungen im Felddienst verbracht. Ich meines Orts wurde bei der zweiten Escad¬
ron unter Führung des Rittmeisters von Aschenhach eingestellt. Diese ausschließlich
aus Studenten und Beamten gebildete Escadron gewährte mit ihren auserlesenen
Pferden, ihren schmucken Leuten in kleidsamer Uniform, nämlich schwarzem
Waffenrock mit rothem Vorstöße und vergoldeten Achselschuppen, einen schönen
militärischen Anblick. Kricgstüchtiger waren aber wohl die erste Escadron
unter v. Helden - Sarnowsky und die Uhlanenescadron unter, Rittmeister
v. Kropf, weil unter diesen eine nicht unbedeutende Anzahl gedienter Leute
sich befand, auch die Führer in jeder Hinsicht ausgezeichnet waren.

v. Helden-Sarnowsky, einer der verwegensten und gewandtesten Reiter,
wurde von seinem Truppentheil wie ein. Vater geliebt; vorsorglich und menschen¬
freundlich, verband er mit der Milde soldatische Strenge. Ich sehe noch
seine schlanke ritterliche Gestalt, wie er sich seinem wilden unbändigen Schimmel
im Bäumen in den Sattel schwang und mit Anstand grüßend lächelnd davon
sprengte, v. Kropf, Führer der Uhlanen, finster und strenge, mit röthlichem
Haupthaar und Barte, verstand es, seine Schaar besser zu discipliniren.
als es einem der übrigen Führer gelingen wollte. Gewiß waren die Lanzen¬
reiter, wenn auch nicht die Tapfersten, doch die Kriegsgeübtesten unter den
Lützowern.

v. Bismark, ein stiller blonder Offizier, war die Gutmüthigkeit selbst; er
bot des Hervorragenden zu wenig dar, um ein erschöpfendes Urtheil über ihn
fällen zu können; so viel ich mich erinnern kann, schloß er sich dem Corps
erst an. als dasselbe in die Gegend von Schönhausen an der Elbe, einem
v. Bismark'schen Familiengute, kam.

Der Chester zweiten Schwadron, Rittmeister». Aschenbach, würde in Friedens¬
zeiten einen erträglichen Lieutenant abgegeben haben, aber zum Führer der zweiten
Escadron taugte er nicht, und die Verblendung Lützows ist unbegreiflich, dM
diesem Mann ohne Energie und militärischen Blick das Kommando über
eine Schaar aufgeweckter junger Leute anvertrauen konnte, deren richtige
Führung die ausgezeichnetsten Eigenschaften heischte. Schläfrig und in schlaffer
Haltung hing der blondbärtige Hüne auf seinem Pferde, unfähig, irgend
einer Schwierigkeit anders zu begegnen, als mit dem Trotz' der Unwissen¬
heit in militärischen Dingen; auch gelang es seinem Lieutnant v. Holleben, der
früher in östreichschen Diensten praktischere Erfahrungen gemacht hatte, nur
selten, bei der Führung die Mangel des Escadronchefs zu decken.

Unter den Offizieren des Corps war anerkannt der fähigste und genialste,
der Rittmeister v. Bornstedt. ohne Escadron dein Stäbe zugetheilt. Uner¬
schrocken, nie rathlos. stets aufmerksam auf die Bewegungen des Feindes,
wohlgemuth und heiteren Sinnes, war er die Seele jeder kühnen Unternehmung.


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[0496] Die Tage vom 14. bis 25. April wurden in Leipzig mit Exerciren und Uebungen im Felddienst verbracht. Ich meines Orts wurde bei der zweiten Escad¬ ron unter Führung des Rittmeisters von Aschenhach eingestellt. Diese ausschließlich aus Studenten und Beamten gebildete Escadron gewährte mit ihren auserlesenen Pferden, ihren schmucken Leuten in kleidsamer Uniform, nämlich schwarzem Waffenrock mit rothem Vorstöße und vergoldeten Achselschuppen, einen schönen militärischen Anblick. Kricgstüchtiger waren aber wohl die erste Escadron unter v. Helden - Sarnowsky und die Uhlanenescadron unter, Rittmeister v. Kropf, weil unter diesen eine nicht unbedeutende Anzahl gedienter Leute sich befand, auch die Führer in jeder Hinsicht ausgezeichnet waren. v. Helden-Sarnowsky, einer der verwegensten und gewandtesten Reiter, wurde von seinem Truppentheil wie ein. Vater geliebt; vorsorglich und menschen¬ freundlich, verband er mit der Milde soldatische Strenge. Ich sehe noch seine schlanke ritterliche Gestalt, wie er sich seinem wilden unbändigen Schimmel im Bäumen in den Sattel schwang und mit Anstand grüßend lächelnd davon sprengte, v. Kropf, Führer der Uhlanen, finster und strenge, mit röthlichem Haupthaar und Barte, verstand es, seine Schaar besser zu discipliniren. als es einem der übrigen Führer gelingen wollte. Gewiß waren die Lanzen¬ reiter, wenn auch nicht die Tapfersten, doch die Kriegsgeübtesten unter den Lützowern. v. Bismark, ein stiller blonder Offizier, war die Gutmüthigkeit selbst; er bot des Hervorragenden zu wenig dar, um ein erschöpfendes Urtheil über ihn fällen zu können; so viel ich mich erinnern kann, schloß er sich dem Corps erst an. als dasselbe in die Gegend von Schönhausen an der Elbe, einem v. Bismark'schen Familiengute, kam. Der Chester zweiten Schwadron, Rittmeister». Aschenbach, würde in Friedens¬ zeiten einen erträglichen Lieutenant abgegeben haben, aber zum Führer der zweiten Escadron taugte er nicht, und die Verblendung Lützows ist unbegreiflich, dM diesem Mann ohne Energie und militärischen Blick das Kommando über eine Schaar aufgeweckter junger Leute anvertrauen konnte, deren richtige Führung die ausgezeichnetsten Eigenschaften heischte. Schläfrig und in schlaffer Haltung hing der blondbärtige Hüne auf seinem Pferde, unfähig, irgend einer Schwierigkeit anders zu begegnen, als mit dem Trotz' der Unwissen¬ heit in militärischen Dingen; auch gelang es seinem Lieutnant v. Holleben, der früher in östreichschen Diensten praktischere Erfahrungen gemacht hatte, nur selten, bei der Führung die Mangel des Escadronchefs zu decken. Unter den Offizieren des Corps war anerkannt der fähigste und genialste, der Rittmeister v. Bornstedt. ohne Escadron dein Stäbe zugetheilt. Uner¬ schrocken, nie rathlos. stets aufmerksam auf die Bewegungen des Feindes, wohlgemuth und heiteren Sinnes, war er die Seele jeder kühnen Unternehmung.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/496>, abgerufen am 23.07.2024.