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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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daß man hier einem Schuster ein sicheres Durchfällen bereitet^, sollen die Zunft¬
meister für die Reaction stimmen-, wo aber die Junker einige Chancen haben, da
stellen sie keine Schuster als Canlidcitcn auf. Sonst ist von der rcactioncucn Liste
höchstens noch ein gewisser Bergrath Schmidt zu erwähnen, welcher sich den Herren
wahrscheinlich dadurch empfohlen haben wird, daß er kürzlich seinen Arbeitern die
Sammlungen für die deutsche Flotie verboten und die unter ihnen circulirenden
Subscriptionsbögen zerrissen hat. Neben' dem Marineminister von Roon nimmt sich
dieser Herr sehr passend aus. Bemerkenswert!) ist noch, daß Gras Bernstorff, welchen
die Reaction früher auch als Candidaten aufgestellt hatte, jetzt nicht mehr auf ihrer
Liste figurirt. Der Herr Minister des Auswärtigen scheint sich die Ehre verbeten
o. zu haben.
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Nachtrag zu dem Artikel: Die wcstfttlischeu Fehmgenchte. "

Zudem Aufsatze, welcher in dieser Zeitschrift,.Seite 340^-43 .abgedruckt
ist, möge die Bemerkung gestattet sein., daß die Schwurgerichte als Nügegerichte bis
zur Vollstreckung, des NcichsdcputationS-Hauptschlusses im Jahre 180? gedauert ha¬
ben. In Dortmund wurde das Gericht >,am, Freistuhl,-,MNter .der Linde" jährlich
viermal jge.hegt: am Dienstag nach Heiligen Drei-Könige, am zweiten Dienstage
nach^Ostern, am Mittwoch nach Mittsommer und am Dienstag nach Lamberti.
Die Gerichtsbarkeit erstreckte sich in Nügcsachen über die Bewohner der 14 Dörfer,
welche zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts zu der, "Grafschaft" gehörten. Von
jeder Hofstelle dieser Dörfer mußte ein Mann zu allen Gerichtstagen erscheinen.
Eine Ausnahme galt für die Bewohner der Brandau.erschaft,. welche nur um dritten
Gerichtstage zu kommen brauchten. Das alte Verfahren ist in seine" Hauptzügen
noch in den geringsten Verhandlungen nachweisbar, auch das blanke Schwert spielte
dabei eine Rolle. Wenn das Gericht gehegt und die Rügesälle (die Fragen) ange-
meldet waren, sprach der Fronbote: i.-ni-i-,^ ;


"Alle de unrer düscm Swerte ston,
De sind düsem Swerte unterthon!
We klagen well; de klage vast! "

schwang das Schwert über den Umstand, und -- steckte es wieder bei. Das letzte
Fchmgericht hat der Freigraf Zacharias Löbbecke am Dienstage nach Heiligen Drei-
Könige 1303 gehalten. Löbbecke starb in einem Alter von sast hundert Jahren
1327. Der Fehmstuhl unter der Linde steht heute noch auf dem bergisch-märkischen
Bahnhofe. An dieser Stelle steht er aber erst seit. 1544; vordem stand er weit
mehr nach Westen, fast an der Vichgasse. Da seine setzige Stelle Nichts mit der
hochberühmten "heimlichen Fehme" zu thun hat, so hatte man eigentlich keine Ur¬
sache, bei Anlage des Bahnhofes sie, wie geschehen ist, zu schonen. Für den stei¬
nernen Tisch mit dem Adler und die Bank hätte sich wol anderswo eine schickliche
und wenigstens zugängliche Stelle finden lassen. , Näheres über das Dortmunder
Gericht bei B Thiersch Geschichte von Dortmund. Dortmund. 1854
.-
H. Becker.




Verantwortlicher Redacteur: Or. M o ritz Busah..
Verlag von F. L. Herdig. -- Druck von C. E. Wert in Leipzig. ^.s-

daß man hier einem Schuster ein sicheres Durchfällen bereitet^, sollen die Zunft¬
meister für die Reaction stimmen-, wo aber die Junker einige Chancen haben, da
stellen sie keine Schuster als Canlidcitcn auf. Sonst ist von der rcactioncucn Liste
höchstens noch ein gewisser Bergrath Schmidt zu erwähnen, welcher sich den Herren
wahrscheinlich dadurch empfohlen haben wird, daß er kürzlich seinen Arbeitern die
Sammlungen für die deutsche Flotie verboten und die unter ihnen circulirenden
Subscriptionsbögen zerrissen hat. Neben' dem Marineminister von Roon nimmt sich
dieser Herr sehr passend aus. Bemerkenswert!) ist noch, daß Gras Bernstorff, welchen
die Reaction früher auch als Candidaten aufgestellt hatte, jetzt nicht mehr auf ihrer
Liste figurirt. Der Herr Minister des Auswärtigen scheint sich die Ehre verbeten
o. zu haben.
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Nachtrag zu dem Artikel: Die wcstfttlischeu Fehmgenchte. "

Zudem Aufsatze, welcher in dieser Zeitschrift,.Seite 340^-43 .abgedruckt
ist, möge die Bemerkung gestattet sein., daß die Schwurgerichte als Nügegerichte bis
zur Vollstreckung, des NcichsdcputationS-Hauptschlusses im Jahre 180? gedauert ha¬
ben. In Dortmund wurde das Gericht >,am, Freistuhl,-,MNter .der Linde" jährlich
viermal jge.hegt: am Dienstag nach Heiligen Drei-Könige, am zweiten Dienstage
nach^Ostern, am Mittwoch nach Mittsommer und am Dienstag nach Lamberti.
Die Gerichtsbarkeit erstreckte sich in Nügcsachen über die Bewohner der 14 Dörfer,
welche zu Ende des fünfzehnten Jahrhunderts zu der, „Grafschaft" gehörten. Von
jeder Hofstelle dieser Dörfer mußte ein Mann zu allen Gerichtstagen erscheinen.
Eine Ausnahme galt für die Bewohner der Brandau.erschaft,. welche nur um dritten
Gerichtstage zu kommen brauchten. Das alte Verfahren ist in seine» Hauptzügen
noch in den geringsten Verhandlungen nachweisbar, auch das blanke Schwert spielte
dabei eine Rolle. Wenn das Gericht gehegt und die Rügesälle (die Fragen) ange-
meldet waren, sprach der Fronbote: i.-ni-i-,^ ;


„Alle de unrer düscm Swerte ston,
De sind düsem Swerte unterthon!
We klagen well; de klage vast! "

schwang das Schwert über den Umstand, und — steckte es wieder bei. Das letzte
Fchmgericht hat der Freigraf Zacharias Löbbecke am Dienstage nach Heiligen Drei-
Könige 1303 gehalten. Löbbecke starb in einem Alter von sast hundert Jahren
1327. Der Fehmstuhl unter der Linde steht heute noch auf dem bergisch-märkischen
Bahnhofe. An dieser Stelle steht er aber erst seit. 1544; vordem stand er weit
mehr nach Westen, fast an der Vichgasse. Da seine setzige Stelle Nichts mit der
hochberühmten „heimlichen Fehme" zu thun hat, so hatte man eigentlich keine Ur¬
sache, bei Anlage des Bahnhofes sie, wie geschehen ist, zu schonen. Für den stei¬
nernen Tisch mit dem Adler und die Bank hätte sich wol anderswo eine schickliche
und wenigstens zugängliche Stelle finden lassen. , Näheres über das Dortmunder
Gericht bei B Thiersch Geschichte von Dortmund. Dortmund. 1854
.-
H. Becker.




Verantwortlicher Redacteur: Or. M o ritz Busah..
Verlag von F. L. Herdig. — Druck von C. E. Wert in Leipzig. ^.s-
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/450>, abgerufen am 27.12.2024.