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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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gleiche mit einem Stücke Eichenholz bei der Gesammtstärke eines Schiffes den
Ausschlag. Ein Schiff ist aus unzähligen, und im Vergleiche zu dem ganzen
Schiffe, steinen Stücken erbaut. Ein Schiff von 1000 Tonnen enthält wahr¬
scheinlich an 2000 Hauptstücke Holz in seinem Rumpfe, und die Schwierigkeit,
ein gutes hölzernes Schiff zu erbauen, besteht in der Schwierigkeit, diese Stücke
durch Mittel zu verbinden, welche stark genug sind, um einem Sturm wider¬
stehen zu können.

Der Hauptunterschied zwischen der großen Stärke eines eisernen Schiffes
und der vergleichsweisen Schwäche ernes hölzernen liegt in der Art, die
Stücke zu verbinden.

Zwei hölzerne Deckbalken können nicht wie zwei Eisenstangen zusammen¬
geschweißt werden, und Alles, was uns zu thun möglich ist. um sie zu ver-
binden, besteht darin, ein drittes Stück Holz zu nehmen, welches so stark ist
wie eines der beiden, und dieses quer über die Verbindung zu befestigen. Das-
selbe gilt von der Bekleidung des Sckiffsgerippes. Die Ränder von zwei
anliegenden Eisenplatten können an einander genietet werde", sodaß die Naht
oder Niete, wenn auch nicht ganz, so doch beinahe eben so stark als die Platte
ist. wo keine Verbindung vorkommt. Wie werden aber die Planken eines
hölzernen Schiffes jetzt zusammengehalten? Antwort: durch dasselbe Mittel'
womit die Enden zusammengehalten sind. Ein zweiter Gang hölzerner
Planken oder Balken wird quer an den ersten Gang angelegt und zuweilen
eine dritte Lage darüber angebracht, so daß die Stärke des einen Ganges
in einem rechten Winkel mit dem anderen Gange dazu dient, die beiden En.
den mit einander zu verbinden.

Der Leser wird hieraus leicht begreifen, daß die Hälfte des ganzen Holzes
in einem Schiffe nur dazu da ist, um die Holzenden zu verstärken und die
Verbindungen der anderen Hülste zu verschließe", während der Bedarf zu die¬
sem Zwecke aus einem eisernen Schiffe nicht den zehnten Theil erreicht.

Es sind aber nicht allein die Arten, zwei Stücke zu vereinigen, voll¬
kommener auf eisernen Schiffen, als auf hölzernen, sondern die verschiedenen
Theile und Stücke selbst können von viel größerer Stärke gemacht werden.
Einzelne Stücke Eisen kann man von jeder Größe und >n jeder Art, welche
der menschliche Geist nur ausfindig zumachen im Stande ist, herstellen. Das
Holz hingegen wächst in der ihm eigenen Größe und Form, und man kann
letztere nicht verändern, ohne daß es an Kraft verliert. Das Eisen kann um
jede Ecke, wie scharf diese auch immer sein mag, gebogen werden ohne zu
brechen. Es ist dies eine weitere Quelle großer Stärke für eiserne Schiffe.
Diese Vortheile, welche sich in kleinem Maßstabe als richtig erweisen, werden
aber in verschiedenem Grade wahr, wenn die Größe des Schiffes zunimmt.

Ein großes aus Holz erbautes Schiff ist viel schwächer, als ein kleines


gleiche mit einem Stücke Eichenholz bei der Gesammtstärke eines Schiffes den
Ausschlag. Ein Schiff ist aus unzähligen, und im Vergleiche zu dem ganzen
Schiffe, steinen Stücken erbaut. Ein Schiff von 1000 Tonnen enthält wahr¬
scheinlich an 2000 Hauptstücke Holz in seinem Rumpfe, und die Schwierigkeit,
ein gutes hölzernes Schiff zu erbauen, besteht in der Schwierigkeit, diese Stücke
durch Mittel zu verbinden, welche stark genug sind, um einem Sturm wider¬
stehen zu können.

Der Hauptunterschied zwischen der großen Stärke eines eisernen Schiffes
und der vergleichsweisen Schwäche ernes hölzernen liegt in der Art, die
Stücke zu verbinden.

Zwei hölzerne Deckbalken können nicht wie zwei Eisenstangen zusammen¬
geschweißt werden, und Alles, was uns zu thun möglich ist. um sie zu ver-
binden, besteht darin, ein drittes Stück Holz zu nehmen, welches so stark ist
wie eines der beiden, und dieses quer über die Verbindung zu befestigen. Das-
selbe gilt von der Bekleidung des Sckiffsgerippes. Die Ränder von zwei
anliegenden Eisenplatten können an einander genietet werde», sodaß die Naht
oder Niete, wenn auch nicht ganz, so doch beinahe eben so stark als die Platte
ist. wo keine Verbindung vorkommt. Wie werden aber die Planken eines
hölzernen Schiffes jetzt zusammengehalten? Antwort: durch dasselbe Mittel'
womit die Enden zusammengehalten sind. Ein zweiter Gang hölzerner
Planken oder Balken wird quer an den ersten Gang angelegt und zuweilen
eine dritte Lage darüber angebracht, so daß die Stärke des einen Ganges
in einem rechten Winkel mit dem anderen Gange dazu dient, die beiden En.
den mit einander zu verbinden.

Der Leser wird hieraus leicht begreifen, daß die Hälfte des ganzen Holzes
in einem Schiffe nur dazu da ist, um die Holzenden zu verstärken und die
Verbindungen der anderen Hülste zu verschließe», während der Bedarf zu die¬
sem Zwecke aus einem eisernen Schiffe nicht den zehnten Theil erreicht.

Es sind aber nicht allein die Arten, zwei Stücke zu vereinigen, voll¬
kommener auf eisernen Schiffen, als auf hölzernen, sondern die verschiedenen
Theile und Stücke selbst können von viel größerer Stärke gemacht werden.
Einzelne Stücke Eisen kann man von jeder Größe und >n jeder Art, welche
der menschliche Geist nur ausfindig zumachen im Stande ist, herstellen. Das
Holz hingegen wächst in der ihm eigenen Größe und Form, und man kann
letztere nicht verändern, ohne daß es an Kraft verliert. Das Eisen kann um
jede Ecke, wie scharf diese auch immer sein mag, gebogen werden ohne zu
brechen. Es ist dies eine weitere Quelle großer Stärke für eiserne Schiffe.
Diese Vortheile, welche sich in kleinem Maßstabe als richtig erweisen, werden
aber in verschiedenem Grade wahr, wenn die Größe des Schiffes zunimmt.

Ein großes aus Holz erbautes Schiff ist viel schwächer, als ein kleines


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[0439] gleiche mit einem Stücke Eichenholz bei der Gesammtstärke eines Schiffes den Ausschlag. Ein Schiff ist aus unzähligen, und im Vergleiche zu dem ganzen Schiffe, steinen Stücken erbaut. Ein Schiff von 1000 Tonnen enthält wahr¬ scheinlich an 2000 Hauptstücke Holz in seinem Rumpfe, und die Schwierigkeit, ein gutes hölzernes Schiff zu erbauen, besteht in der Schwierigkeit, diese Stücke durch Mittel zu verbinden, welche stark genug sind, um einem Sturm wider¬ stehen zu können. Der Hauptunterschied zwischen der großen Stärke eines eisernen Schiffes und der vergleichsweisen Schwäche ernes hölzernen liegt in der Art, die Stücke zu verbinden. Zwei hölzerne Deckbalken können nicht wie zwei Eisenstangen zusammen¬ geschweißt werden, und Alles, was uns zu thun möglich ist. um sie zu ver- binden, besteht darin, ein drittes Stück Holz zu nehmen, welches so stark ist wie eines der beiden, und dieses quer über die Verbindung zu befestigen. Das- selbe gilt von der Bekleidung des Sckiffsgerippes. Die Ränder von zwei anliegenden Eisenplatten können an einander genietet werde», sodaß die Naht oder Niete, wenn auch nicht ganz, so doch beinahe eben so stark als die Platte ist. wo keine Verbindung vorkommt. Wie werden aber die Planken eines hölzernen Schiffes jetzt zusammengehalten? Antwort: durch dasselbe Mittel' womit die Enden zusammengehalten sind. Ein zweiter Gang hölzerner Planken oder Balken wird quer an den ersten Gang angelegt und zuweilen eine dritte Lage darüber angebracht, so daß die Stärke des einen Ganges in einem rechten Winkel mit dem anderen Gange dazu dient, die beiden En. den mit einander zu verbinden. Der Leser wird hieraus leicht begreifen, daß die Hälfte des ganzen Holzes in einem Schiffe nur dazu da ist, um die Holzenden zu verstärken und die Verbindungen der anderen Hülste zu verschließe», während der Bedarf zu die¬ sem Zwecke aus einem eisernen Schiffe nicht den zehnten Theil erreicht. Es sind aber nicht allein die Arten, zwei Stücke zu vereinigen, voll¬ kommener auf eisernen Schiffen, als auf hölzernen, sondern die verschiedenen Theile und Stücke selbst können von viel größerer Stärke gemacht werden. Einzelne Stücke Eisen kann man von jeder Größe und >n jeder Art, welche der menschliche Geist nur ausfindig zumachen im Stande ist, herstellen. Das Holz hingegen wächst in der ihm eigenen Größe und Form, und man kann letztere nicht verändern, ohne daß es an Kraft verliert. Das Eisen kann um jede Ecke, wie scharf diese auch immer sein mag, gebogen werden ohne zu brechen. Es ist dies eine weitere Quelle großer Stärke für eiserne Schiffe. Diese Vortheile, welche sich in kleinem Maßstabe als richtig erweisen, werden aber in verschiedenem Grade wahr, wenn die Größe des Schiffes zunimmt. Ein großes aus Holz erbautes Schiff ist viel schwächer, als ein kleines

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/439>, abgerufen am 23.07.2024.