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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Literatur.

.
Reisebriefe von Felix Mendelssohn Bartholdy, aus den Jah¬
ren 1830 bis 1832. Leipzig. Verlag von Hermann Mendelssohn. 1861.

Die Briefe haben an sich schon ein großes Interesse, da sie den oft be¬
handelten Gegenstand, namentlich Italien, in einem ganz neuen Licht zeigen;
auch die erste Berührung Mendelssohns mit Goethe wird anspruchslos und
heiter, wie sie erzählt ist, den Verehrern beider Mülner willkommenen. Am
erfreulichsten aber ist das Bild, das man von dem großen Musiker gewinnt.
Daß er ein geistvoller, hochgebildeter Mann war, ist allgemein bekannt; ge¬
wöhnlich aber schildert ihn die Tradition als eure" Spötter, der eher die klei¬
nen, als die großen Seiten eines Mannes zu entdecken verstand. In diesen
Briefen tritt gerade das Gegentheil davon hervor: eine trotz aller Begabung
und trotz aller frühreifen Bildung heitere, unbefangene und kindliche Natur,
die mit dem lebhaftesten Interesse und der wärmsten Theilnahme auf alles
Schöne und Gute eingeht und über der Freude an den Dingen sich selbst
ganz vergißt. Wenn, wie es in neuster Zeit scheint, der Ruhm des schaffenden
Künstlers in engere Grenzen eingeschränkt werden sollte, als die frühere Ver¬
ehrung annahm, so wird die Verehrung vor dem guten und tüchtigen Men¬
schen durch diesen Nachlaß desto höher steigen.

Fr. Aug. Wolf, in seinem Verhältniß zum Schulwesen u. zur Pädago¬
gik, dargestellt von Prof. Dr. F. I. Arnoldt. Oberlehrer am köiugl. Fried¬
richsgymnasium zu Gumbinnen. Erster Band. Biographischer Theil. Mit
verschiedenen Beilagen. Braunschweig. C. A. Schwetschke und Sohn (M.
Brühn) 1861.

Es ist eine Undankbarkeit, wenn man einem Verfasser, der sich en>e be¬
stimmte Aufgabe gestellt und diese befriedigend gelöst hat. zumuthe" wollte,
er hätte seine Aufgabe weiter fassen sollen, und doch können wir den Wunsch
nicht unterdrücken, daß Herr Arnoldt die Biographie nicht von einer bestimmten
Seite aus. sondern vom allgemeinen menschlichen Standpunkt aus aufgefaßt
haben möchte. Mit Recht weist er nach, wie sehr Körte's Versuch selbst hin¬
ter den bescheidensten Anforderungen zurückbleibt, und das gegenwärtige Buch
verräth, daß Niemand geeigneter hätte sein können. Wolf nicht blos vom
Standpunkt der Pädogik. sondern allgemein zu charakterisiert, als der Ver¬
sasser. -- Wie dem auch sei. die Arbeit ist vortrefflich und eine wesentliche
Bereicherung für die Geschichte unsrer Wissenschaft; die Vorstudien sind


Literatur.

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Reisebriefe von Felix Mendelssohn Bartholdy, aus den Jah¬
ren 1830 bis 1832. Leipzig. Verlag von Hermann Mendelssohn. 1861.

Die Briefe haben an sich schon ein großes Interesse, da sie den oft be¬
handelten Gegenstand, namentlich Italien, in einem ganz neuen Licht zeigen;
auch die erste Berührung Mendelssohns mit Goethe wird anspruchslos und
heiter, wie sie erzählt ist, den Verehrern beider Mülner willkommenen. Am
erfreulichsten aber ist das Bild, das man von dem großen Musiker gewinnt.
Daß er ein geistvoller, hochgebildeter Mann war, ist allgemein bekannt; ge¬
wöhnlich aber schildert ihn die Tradition als eure» Spötter, der eher die klei¬
nen, als die großen Seiten eines Mannes zu entdecken verstand. In diesen
Briefen tritt gerade das Gegentheil davon hervor: eine trotz aller Begabung
und trotz aller frühreifen Bildung heitere, unbefangene und kindliche Natur,
die mit dem lebhaftesten Interesse und der wärmsten Theilnahme auf alles
Schöne und Gute eingeht und über der Freude an den Dingen sich selbst
ganz vergißt. Wenn, wie es in neuster Zeit scheint, der Ruhm des schaffenden
Künstlers in engere Grenzen eingeschränkt werden sollte, als die frühere Ver¬
ehrung annahm, so wird die Verehrung vor dem guten und tüchtigen Men¬
schen durch diesen Nachlaß desto höher steigen.

Fr. Aug. Wolf, in seinem Verhältniß zum Schulwesen u. zur Pädago¬
gik, dargestellt von Prof. Dr. F. I. Arnoldt. Oberlehrer am köiugl. Fried¬
richsgymnasium zu Gumbinnen. Erster Band. Biographischer Theil. Mit
verschiedenen Beilagen. Braunschweig. C. A. Schwetschke und Sohn (M.
Brühn) 1861.

Es ist eine Undankbarkeit, wenn man einem Verfasser, der sich en>e be¬
stimmte Aufgabe gestellt und diese befriedigend gelöst hat. zumuthe» wollte,
er hätte seine Aufgabe weiter fassen sollen, und doch können wir den Wunsch
nicht unterdrücken, daß Herr Arnoldt die Biographie nicht von einer bestimmten
Seite aus. sondern vom allgemeinen menschlichen Standpunkt aus aufgefaßt
haben möchte. Mit Recht weist er nach, wie sehr Körte's Versuch selbst hin¬
ter den bescheidensten Anforderungen zurückbleibt, und das gegenwärtige Buch
verräth, daß Niemand geeigneter hätte sein können. Wolf nicht blos vom
Standpunkt der Pädogik. sondern allgemein zu charakterisiert, als der Ver¬
sasser. — Wie dem auch sei. die Arbeit ist vortrefflich und eine wesentliche
Bereicherung für die Geschichte unsrer Wissenschaft; die Vorstudien sind


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[0433] Literatur. . Reisebriefe von Felix Mendelssohn Bartholdy, aus den Jah¬ ren 1830 bis 1832. Leipzig. Verlag von Hermann Mendelssohn. 1861. Die Briefe haben an sich schon ein großes Interesse, da sie den oft be¬ handelten Gegenstand, namentlich Italien, in einem ganz neuen Licht zeigen; auch die erste Berührung Mendelssohns mit Goethe wird anspruchslos und heiter, wie sie erzählt ist, den Verehrern beider Mülner willkommenen. Am erfreulichsten aber ist das Bild, das man von dem großen Musiker gewinnt. Daß er ein geistvoller, hochgebildeter Mann war, ist allgemein bekannt; ge¬ wöhnlich aber schildert ihn die Tradition als eure» Spötter, der eher die klei¬ nen, als die großen Seiten eines Mannes zu entdecken verstand. In diesen Briefen tritt gerade das Gegentheil davon hervor: eine trotz aller Begabung und trotz aller frühreifen Bildung heitere, unbefangene und kindliche Natur, die mit dem lebhaftesten Interesse und der wärmsten Theilnahme auf alles Schöne und Gute eingeht und über der Freude an den Dingen sich selbst ganz vergißt. Wenn, wie es in neuster Zeit scheint, der Ruhm des schaffenden Künstlers in engere Grenzen eingeschränkt werden sollte, als die frühere Ver¬ ehrung annahm, so wird die Verehrung vor dem guten und tüchtigen Men¬ schen durch diesen Nachlaß desto höher steigen. Fr. Aug. Wolf, in seinem Verhältniß zum Schulwesen u. zur Pädago¬ gik, dargestellt von Prof. Dr. F. I. Arnoldt. Oberlehrer am köiugl. Fried¬ richsgymnasium zu Gumbinnen. Erster Band. Biographischer Theil. Mit verschiedenen Beilagen. Braunschweig. C. A. Schwetschke und Sohn (M. Brühn) 1861. Es ist eine Undankbarkeit, wenn man einem Verfasser, der sich en>e be¬ stimmte Aufgabe gestellt und diese befriedigend gelöst hat. zumuthe» wollte, er hätte seine Aufgabe weiter fassen sollen, und doch können wir den Wunsch nicht unterdrücken, daß Herr Arnoldt die Biographie nicht von einer bestimmten Seite aus. sondern vom allgemeinen menschlichen Standpunkt aus aufgefaßt haben möchte. Mit Recht weist er nach, wie sehr Körte's Versuch selbst hin¬ ter den bescheidensten Anforderungen zurückbleibt, und das gegenwärtige Buch verräth, daß Niemand geeigneter hätte sein können. Wolf nicht blos vom Standpunkt der Pädogik. sondern allgemein zu charakterisiert, als der Ver¬ sasser. — Wie dem auch sei. die Arbeit ist vortrefflich und eine wesentliche Bereicherung für die Geschichte unsrer Wissenschaft; die Vorstudien sind

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/433>, abgerufen am 27.12.2024.