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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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wichtigeren Sacken, der Kampf das Hauptbeweismittel der Schuld oder Un¬
schuld und der Kampf wieder mit einem Stieropfer verbunden war. welches
dargebracht, wurde, um den Sieg zu erflehen oder für denselben der Gottheit
zu danken. Diese Wechselbeziehung von Göttercultus und Gericht. Opferbanm,
schwort- und Schildpfahl. Kampf, Hinrichtung und Opfer erschließt uns nun
auch bis zu einem gewissen Grade die Erkenntniß des Heidengottes, welcher
als der kampfrichtende Gott unter den Symbolen des Baumstumpfes, des
Schwertes und des Schildes der Vorläufer des Roland war. und dessen Feste
nach dem Untergang des Heidenthums auf letztern übertragen wurden. An
die heilige Holzsäule, an das Symbol des Schildes und namentlich des
Schwertes knüpfen sich Götternamen an, und wenn auch die Attribute der
deutschen Götter schwanken, local der eine Gott dem andern substituirt oder
mit ihm verschmolzen wird, so haben wir doch genügende Nachrichten, um
einiges von dem Regelmäßiger unter den Abweichungen herausfinden zu kön¬
nen. Sehr wahrscheinlich war die Irnwnsäule. ein solcher Baumstumpf, und
mit ziemlicher Gewißheit darf man annehmen, daß sie ein Schwert, das
Symbol des Kampfgottes Er oder Zio trug. Ein andrer Baumstumpf dieser
Art. war der Weidenstock im Welfesholz, bei dem im Jahre 1115 die Sachsen
d"in Kaiser Heinrich den Fünften besiegten,, und der bei dieser Schlacht den
Kriegsruf "Joout" erhoben haben soll. In welcher Weise Zöpfl auch andere
Götter, wie Wuotan. Fro und den slavischen Chrado (dessen Name ebenfalls
auf die rothe Farbe hinweist) mit seiner Beweisführung in Verbindung bringt,
müssen^ wir den Leser in dem Werke selbst nachsehen lassen.

Das Ergebniß der ganzen Betrachtung,, welcher der Verfasser eine aus¬
führliche Untersuchung der einzelnen in Norddeutschland zerstreuten Nolandsbilder
folgen läßt, faßt sich in nachstehende Sätze zusammen:


"Die. in den Ländern des sächsischen Rechts und überhaupt von Nord¬
thüringen, bis an die Nordgrenzen von Holstein verbreitete Rulands- oder
Rothlandssäule ist ursprünglich und ihrem eigentlichen Wesen nach ein Königs¬
bild und. zwar das Bildniß des rothen Königs Otto. Sie vereinigt rü sich
die dreifache Bedeutung einer Blutgerichts-, Markt- und Mnndatssäule, woran
sich mitunter eine vierte Bedeutung als Wahrzeichen der Reichsunmittelbarkeit
einer Stadt, schloß. Allmählig wurde ihr fast überall die Eigenschaft eines
Standbildes des karolingischen Paladins Roland beigemessen und dadurch das
Verständniß ihrer Bedeutung getrübt. Mitunter wurde ihr das Standbild
Karls des Großen, oder eines mächtigen Landesherr", wie Heinrich der Löwe,
untergeschoben. An einigen Orten sank der Ruland bis zum städtischen Schild-
Walter herab."

"Auf die Nulandsbtlder sind mancherlei Gebräuche und Sagen übertra¬
gen wovden^ welche. tHM .an den Schwertgott Tyr, Ziu oder Er, theils an

wichtigeren Sacken, der Kampf das Hauptbeweismittel der Schuld oder Un¬
schuld und der Kampf wieder mit einem Stieropfer verbunden war. welches
dargebracht, wurde, um den Sieg zu erflehen oder für denselben der Gottheit
zu danken. Diese Wechselbeziehung von Göttercultus und Gericht. Opferbanm,
schwort- und Schildpfahl. Kampf, Hinrichtung und Opfer erschließt uns nun
auch bis zu einem gewissen Grade die Erkenntniß des Heidengottes, welcher
als der kampfrichtende Gott unter den Symbolen des Baumstumpfes, des
Schwertes und des Schildes der Vorläufer des Roland war. und dessen Feste
nach dem Untergang des Heidenthums auf letztern übertragen wurden. An
die heilige Holzsäule, an das Symbol des Schildes und namentlich des
Schwertes knüpfen sich Götternamen an, und wenn auch die Attribute der
deutschen Götter schwanken, local der eine Gott dem andern substituirt oder
mit ihm verschmolzen wird, so haben wir doch genügende Nachrichten, um
einiges von dem Regelmäßiger unter den Abweichungen herausfinden zu kön¬
nen. Sehr wahrscheinlich war die Irnwnsäule. ein solcher Baumstumpf, und
mit ziemlicher Gewißheit darf man annehmen, daß sie ein Schwert, das
Symbol des Kampfgottes Er oder Zio trug. Ein andrer Baumstumpf dieser
Art. war der Weidenstock im Welfesholz, bei dem im Jahre 1115 die Sachsen
d«in Kaiser Heinrich den Fünften besiegten,, und der bei dieser Schlacht den
Kriegsruf „Joout" erhoben haben soll. In welcher Weise Zöpfl auch andere
Götter, wie Wuotan. Fro und den slavischen Chrado (dessen Name ebenfalls
auf die rothe Farbe hinweist) mit seiner Beweisführung in Verbindung bringt,
müssen^ wir den Leser in dem Werke selbst nachsehen lassen.

Das Ergebniß der ganzen Betrachtung,, welcher der Verfasser eine aus¬
führliche Untersuchung der einzelnen in Norddeutschland zerstreuten Nolandsbilder
folgen läßt, faßt sich in nachstehende Sätze zusammen:


„Die. in den Ländern des sächsischen Rechts und überhaupt von Nord¬
thüringen, bis an die Nordgrenzen von Holstein verbreitete Rulands- oder
Rothlandssäule ist ursprünglich und ihrem eigentlichen Wesen nach ein Königs¬
bild und. zwar das Bildniß des rothen Königs Otto. Sie vereinigt rü sich
die dreifache Bedeutung einer Blutgerichts-, Markt- und Mnndatssäule, woran
sich mitunter eine vierte Bedeutung als Wahrzeichen der Reichsunmittelbarkeit
einer Stadt, schloß. Allmählig wurde ihr fast überall die Eigenschaft eines
Standbildes des karolingischen Paladins Roland beigemessen und dadurch das
Verständniß ihrer Bedeutung getrübt. Mitunter wurde ihr das Standbild
Karls des Großen, oder eines mächtigen Landesherr«, wie Heinrich der Löwe,
untergeschoben. An einigen Orten sank der Ruland bis zum städtischen Schild-
Walter herab."

„Auf die Nulandsbtlder sind mancherlei Gebräuche und Sagen übertra¬
gen wovden^ welche. tHM .an den Schwertgott Tyr, Ziu oder Er, theils an

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[0393] wichtigeren Sacken, der Kampf das Hauptbeweismittel der Schuld oder Un¬ schuld und der Kampf wieder mit einem Stieropfer verbunden war. welches dargebracht, wurde, um den Sieg zu erflehen oder für denselben der Gottheit zu danken. Diese Wechselbeziehung von Göttercultus und Gericht. Opferbanm, schwort- und Schildpfahl. Kampf, Hinrichtung und Opfer erschließt uns nun auch bis zu einem gewissen Grade die Erkenntniß des Heidengottes, welcher als der kampfrichtende Gott unter den Symbolen des Baumstumpfes, des Schwertes und des Schildes der Vorläufer des Roland war. und dessen Feste nach dem Untergang des Heidenthums auf letztern übertragen wurden. An die heilige Holzsäule, an das Symbol des Schildes und namentlich des Schwertes knüpfen sich Götternamen an, und wenn auch die Attribute der deutschen Götter schwanken, local der eine Gott dem andern substituirt oder mit ihm verschmolzen wird, so haben wir doch genügende Nachrichten, um einiges von dem Regelmäßiger unter den Abweichungen herausfinden zu kön¬ nen. Sehr wahrscheinlich war die Irnwnsäule. ein solcher Baumstumpf, und mit ziemlicher Gewißheit darf man annehmen, daß sie ein Schwert, das Symbol des Kampfgottes Er oder Zio trug. Ein andrer Baumstumpf dieser Art. war der Weidenstock im Welfesholz, bei dem im Jahre 1115 die Sachsen d«in Kaiser Heinrich den Fünften besiegten,, und der bei dieser Schlacht den Kriegsruf „Joout" erhoben haben soll. In welcher Weise Zöpfl auch andere Götter, wie Wuotan. Fro und den slavischen Chrado (dessen Name ebenfalls auf die rothe Farbe hinweist) mit seiner Beweisführung in Verbindung bringt, müssen^ wir den Leser in dem Werke selbst nachsehen lassen. Das Ergebniß der ganzen Betrachtung,, welcher der Verfasser eine aus¬ führliche Untersuchung der einzelnen in Norddeutschland zerstreuten Nolandsbilder folgen läßt, faßt sich in nachstehende Sätze zusammen: „Die. in den Ländern des sächsischen Rechts und überhaupt von Nord¬ thüringen, bis an die Nordgrenzen von Holstein verbreitete Rulands- oder Rothlandssäule ist ursprünglich und ihrem eigentlichen Wesen nach ein Königs¬ bild und. zwar das Bildniß des rothen Königs Otto. Sie vereinigt rü sich die dreifache Bedeutung einer Blutgerichts-, Markt- und Mnndatssäule, woran sich mitunter eine vierte Bedeutung als Wahrzeichen der Reichsunmittelbarkeit einer Stadt, schloß. Allmählig wurde ihr fast überall die Eigenschaft eines Standbildes des karolingischen Paladins Roland beigemessen und dadurch das Verständniß ihrer Bedeutung getrübt. Mitunter wurde ihr das Standbild Karls des Großen, oder eines mächtigen Landesherr«, wie Heinrich der Löwe, untergeschoben. An einigen Orten sank der Ruland bis zum städtischen Schild- Walter herab." „Auf die Nulandsbtlder sind mancherlei Gebräuche und Sagen übertra¬ gen wovden^ welche. tHM .an den Schwertgott Tyr, Ziu oder Er, theils an

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/393>, abgerufen am 23.07.2024.