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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Nur muß gesorgt werden, daß das ordentliche Budget in seinen verschiedenen
Ausgabenzweigen besser als bisher bedacht wird. Es muß reichlicher bewilligt
werden, damit man weniger nachträgliche Bewilligungen braucht, und da"ut
im Nothfall etwas übrig ist, was man dorthin, wo es fehlt, übertragen kann.
Dagegen legt Herr Fould keinen Werth darauf, daß der gesetzgebende Körper
über die einzelnen Budgets nach Abschnitten stimmen dürfe. Da jedoch der
Kaiser diese Concession versprochen habe, so möge es dabei sein Bewenden haben.

So weit und nicht weiter äußert Herr Fould seine Gedanken. Er will
der Verschleuderung der öffentlichen Gelder ein Ziel setzen und dem Ruine
des öffentlichen Credits vorbeugen. Zu diesem Zwecke soll keine Ausgabe
mehr gemacht werden dürfen, bevor die Mittel dazu von dem gesetzgebenden
Körper bewilligt sind. Der Kaiser entsagt der Befugniß, ohne Mitwirkung
der Volksvertretung Ausgaben für Krieg oder Frieden zu decretiren. Die Con-
trole der Volksrepräsentation, bisher eine Täuschung, soll eine Wahrheit wer¬
den. -- Wird diese, von Herrn Fould zur Rettung des Staates aus einer
schweren. Verderben drohenden Krise angerathene Concession des demokratischen
Gewalthabers an das constitutionelle Princip die gewünschte Wirkung haben?
Nach unserer Ansicht hängt dies zunächst von dem Verhalten des gesetzgeben¬
den Körpers ab. Wenn dieser in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung aus
vermeintlichen Anhängern und Werkzeugen der kaiserlichen Regierung während
der letzten Session bereits Symptome einer unbequemen Neigung zur Oppo¬
sition kund gegeben hat, so dürften neue Wahlen der öffentlichen Unzufrieden¬
heit einen stärkern Ausdruck verleihen. Bei den Debatten im letzten Frühjahre
-- das Decret vom 24. November v. I. hatte Redefreiheit gewährt war
die Lage der Finanzen eben so wahr und düster geschildert. Abhülfe nicht
minder dringend gefordert worden, wie in der Denkschrift des Herrn Fonlo.
Zu entsprechenden Beschlüssen jedoch halte sich die Versammlung nicht erheben
können. Soll aber die kaiserliche Entschließung des Verzichts, auf eine ge¬
fährliche Prärogative etwas mehr als eine Redensart sein, so muß das Budget
eine>r aus neuen, von den Präfecten nicht beeinflußten Wahlen hervorgegangenen
Repräsentation vorgelegt werden. Es kann aber eine wirksame Contiole des
Staatshaushalts von den Ständen nur geübt werden, wenn sie sich auf die
öffentliche Meinung stützen, wenn das Budget nicht allein in der Kammer,
sondern auch in der Presse frei erörtert werden kann, wenn nicht mehr, wie
vor Kurzem geschehn, eine Zeitschrift wegen einer Darlegung des Staats¬
haushalts, die an Schärfe die Fould'sche Denkschrift lange nicht erreichte, eine
Verwarnung erhält. Neue Wahlen und freie Presse müssen dem Beschlusse,
welchen der Senat in der nächsten Woche zu fassen haben wird, auf dem Fuße
folgen, sonst wird man ihn nicht als den Ausgangspunkt für die Besserung
der Finanzen, sondern nur als eine neue Täuschung zu betrachten haben.


Nur muß gesorgt werden, daß das ordentliche Budget in seinen verschiedenen
Ausgabenzweigen besser als bisher bedacht wird. Es muß reichlicher bewilligt
werden, damit man weniger nachträgliche Bewilligungen braucht, und da»ut
im Nothfall etwas übrig ist, was man dorthin, wo es fehlt, übertragen kann.
Dagegen legt Herr Fould keinen Werth darauf, daß der gesetzgebende Körper
über die einzelnen Budgets nach Abschnitten stimmen dürfe. Da jedoch der
Kaiser diese Concession versprochen habe, so möge es dabei sein Bewenden haben.

So weit und nicht weiter äußert Herr Fould seine Gedanken. Er will
der Verschleuderung der öffentlichen Gelder ein Ziel setzen und dem Ruine
des öffentlichen Credits vorbeugen. Zu diesem Zwecke soll keine Ausgabe
mehr gemacht werden dürfen, bevor die Mittel dazu von dem gesetzgebenden
Körper bewilligt sind. Der Kaiser entsagt der Befugniß, ohne Mitwirkung
der Volksvertretung Ausgaben für Krieg oder Frieden zu decretiren. Die Con-
trole der Volksrepräsentation, bisher eine Täuschung, soll eine Wahrheit wer¬
den. — Wird diese, von Herrn Fould zur Rettung des Staates aus einer
schweren. Verderben drohenden Krise angerathene Concession des demokratischen
Gewalthabers an das constitutionelle Princip die gewünschte Wirkung haben?
Nach unserer Ansicht hängt dies zunächst von dem Verhalten des gesetzgeben¬
den Körpers ab. Wenn dieser in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung aus
vermeintlichen Anhängern und Werkzeugen der kaiserlichen Regierung während
der letzten Session bereits Symptome einer unbequemen Neigung zur Oppo¬
sition kund gegeben hat, so dürften neue Wahlen der öffentlichen Unzufrieden¬
heit einen stärkern Ausdruck verleihen. Bei den Debatten im letzten Frühjahre
— das Decret vom 24. November v. I. hatte Redefreiheit gewährt war
die Lage der Finanzen eben so wahr und düster geschildert. Abhülfe nicht
minder dringend gefordert worden, wie in der Denkschrift des Herrn Fonlo.
Zu entsprechenden Beschlüssen jedoch halte sich die Versammlung nicht erheben
können. Soll aber die kaiserliche Entschließung des Verzichts, auf eine ge¬
fährliche Prärogative etwas mehr als eine Redensart sein, so muß das Budget
eine>r aus neuen, von den Präfecten nicht beeinflußten Wahlen hervorgegangenen
Repräsentation vorgelegt werden. Es kann aber eine wirksame Contiole des
Staatshaushalts von den Ständen nur geübt werden, wenn sie sich auf die
öffentliche Meinung stützen, wenn das Budget nicht allein in der Kammer,
sondern auch in der Presse frei erörtert werden kann, wenn nicht mehr, wie
vor Kurzem geschehn, eine Zeitschrift wegen einer Darlegung des Staats¬
haushalts, die an Schärfe die Fould'sche Denkschrift lange nicht erreichte, eine
Verwarnung erhält. Neue Wahlen und freie Presse müssen dem Beschlusse,
welchen der Senat in der nächsten Woche zu fassen haben wird, auf dem Fuße
folgen, sonst wird man ihn nicht als den Ausgangspunkt für die Besserung
der Finanzen, sondern nur als eine neue Täuschung zu betrachten haben.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/383>, abgerufen am 23.07.2024.