Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

nach Ministerien votirt werden, d. h. es durste z. B. nicht über den Auf¬
wand für das Ministerium, für Gesandtschaften. Consulate u. tgi., sondern
nur über das Budget des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten im
Ganzen abgestimmt werden. Eine weitere Schranke gegen Uebergriffe der
Volksvertreter, welche Herr Fould zu erwähnen übersehen hat, bestand darin,
daß kein Amendement zugelassen wurde, wenn sich der Staatsrath nicht damit
einverstanden erklärte. Der Kaiser machte von seinem Recht zur Initiative
umfassenden Gebrauch. Er führte Kriege, verstärkte Heer und Flotte, ver¬
schönerte Paris, baute und unterstützte Eisenbahnen, und hob Frankreich auf
eine hohe Stufe des Ansehens und der Macht. Kein Wunder, daß die Aus¬
gaben größer waren als die Einnahmen. Von 1852 bis jetzt wurden neben
den Einnahmen des Staates noch 2000 Millionen Franken durch Anleihen
herbeigeschafft und 1000 Millionen Franken auf die schwebende Schuld über¬
nommen. Die schwebende Schuld besteht aus unbezahlten Rechnungen, oder
aus Rechnungen, die man einstweilen (und das darf nur der Staat) aus
anvertrauten Geld, welches z. B. den Sparkassen, den Beamten für Cau-
tionen, der Armee-Dotation, den Gemeinden gehört, oder endlich durch schrift¬
liche Zahlungsversprechungen, die in 6. 12 oder 18 Monaten fällig werden
(Schatzbons) berichtigt. Herr Fould ist nun der Meinung, daß diese Wirth¬
schaft anfange, bedenklich zu werden, zumal da das Beispiel der Regierung,
sich in maßlose Ausgaben zu stürzen, in den Departements, den Städten und
bei Privatgesellschaften Nachahmung finde. Er nennt den Zustand eine "Krise,"
der man ein Ende machen lyüsse durch Abschaffung der ergänzenden und
außerordentlichen Credite.

Um den Kaiser über das Ansinnen einer Verzichtleistung auf unbeschränk¬
tes Schalten mit dem Geld und Credit des Staats zu beruhigen, setzt ihm
Herr Fould auseinander, daß eben diese Prärogative ihm eine Menge
Plagegeister auf den Hals lade, und Europa in ewiger Besorgniß erhalte.
Der Verzicht aber sei mehr scheinbar als wirklich, denn wenn Noth an
Mann gehe, so >el der gesetzgebende Körper sofort bei der Hand, um
Geld zu bewilligen. Um aber auch das leiseste Bedenken zu verscheuchen,
schlägt Hr. Fould vor. die Uebertr.agungen wieder einzuführen, welche früher
bestanden hatten. Diese ..Viremens" gestatten dem Minister, Mittel von einem
Abschnitte seines Budgets aus einen andern zu übertragen. Der Kriegsminister
kann z. B. einige Millionen am Bau und Unterhalt der Festungen erübrigen
und auf das Kapitel für Sold der Truppen, wo er sie in Folge einer stärker"
Einberufung eben braucht, übertragen. Auf die Biremens h/ne Herr Fould
große Stücke. Sie sichern dem öffentlichen Dienste die erforderlichen Mittel
für größere und unvorgesehene Ausgaben in Abwesenheit der Kammer, und
machen die ergänzenden und außerordentlichen Credite vollends entbehrlich.


nach Ministerien votirt werden, d. h. es durste z. B. nicht über den Auf¬
wand für das Ministerium, für Gesandtschaften. Consulate u. tgi., sondern
nur über das Budget des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten im
Ganzen abgestimmt werden. Eine weitere Schranke gegen Uebergriffe der
Volksvertreter, welche Herr Fould zu erwähnen übersehen hat, bestand darin,
daß kein Amendement zugelassen wurde, wenn sich der Staatsrath nicht damit
einverstanden erklärte. Der Kaiser machte von seinem Recht zur Initiative
umfassenden Gebrauch. Er führte Kriege, verstärkte Heer und Flotte, ver¬
schönerte Paris, baute und unterstützte Eisenbahnen, und hob Frankreich auf
eine hohe Stufe des Ansehens und der Macht. Kein Wunder, daß die Aus¬
gaben größer waren als die Einnahmen. Von 1852 bis jetzt wurden neben
den Einnahmen des Staates noch 2000 Millionen Franken durch Anleihen
herbeigeschafft und 1000 Millionen Franken auf die schwebende Schuld über¬
nommen. Die schwebende Schuld besteht aus unbezahlten Rechnungen, oder
aus Rechnungen, die man einstweilen (und das darf nur der Staat) aus
anvertrauten Geld, welches z. B. den Sparkassen, den Beamten für Cau-
tionen, der Armee-Dotation, den Gemeinden gehört, oder endlich durch schrift¬
liche Zahlungsversprechungen, die in 6. 12 oder 18 Monaten fällig werden
(Schatzbons) berichtigt. Herr Fould ist nun der Meinung, daß diese Wirth¬
schaft anfange, bedenklich zu werden, zumal da das Beispiel der Regierung,
sich in maßlose Ausgaben zu stürzen, in den Departements, den Städten und
bei Privatgesellschaften Nachahmung finde. Er nennt den Zustand eine „Krise,"
der man ein Ende machen lyüsse durch Abschaffung der ergänzenden und
außerordentlichen Credite.

Um den Kaiser über das Ansinnen einer Verzichtleistung auf unbeschränk¬
tes Schalten mit dem Geld und Credit des Staats zu beruhigen, setzt ihm
Herr Fould auseinander, daß eben diese Prärogative ihm eine Menge
Plagegeister auf den Hals lade, und Europa in ewiger Besorgniß erhalte.
Der Verzicht aber sei mehr scheinbar als wirklich, denn wenn Noth an
Mann gehe, so >el der gesetzgebende Körper sofort bei der Hand, um
Geld zu bewilligen. Um aber auch das leiseste Bedenken zu verscheuchen,
schlägt Hr. Fould vor. die Uebertr.agungen wieder einzuführen, welche früher
bestanden hatten. Diese ..Viremens" gestatten dem Minister, Mittel von einem
Abschnitte seines Budgets aus einen andern zu übertragen. Der Kriegsminister
kann z. B. einige Millionen am Bau und Unterhalt der Festungen erübrigen
und auf das Kapitel für Sold der Truppen, wo er sie in Folge einer stärker»
Einberufung eben braucht, übertragen. Auf die Biremens h/ne Herr Fould
große Stücke. Sie sichern dem öffentlichen Dienste die erforderlichen Mittel
für größere und unvorgesehene Ausgaben in Abwesenheit der Kammer, und
machen die ergänzenden und außerordentlichen Credite vollends entbehrlich.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0382" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112890"/>
          <p xml:id="ID_1131" prev="#ID_1130"> nach Ministerien votirt werden, d. h. es durste z. B. nicht über den Auf¬<lb/>
wand für das Ministerium, für Gesandtschaften. Consulate u. tgi., sondern<lb/>
nur über das Budget des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten im<lb/>
Ganzen abgestimmt werden. Eine weitere Schranke gegen Uebergriffe der<lb/>
Volksvertreter, welche Herr Fould zu erwähnen übersehen hat, bestand darin,<lb/>
daß kein Amendement zugelassen wurde, wenn sich der Staatsrath nicht damit<lb/>
einverstanden erklärte. Der Kaiser machte von seinem Recht zur Initiative<lb/>
umfassenden Gebrauch. Er führte Kriege, verstärkte Heer und Flotte, ver¬<lb/>
schönerte Paris, baute und unterstützte Eisenbahnen, und hob Frankreich auf<lb/>
eine hohe Stufe des Ansehens und der Macht. Kein Wunder, daß die Aus¬<lb/>
gaben größer waren als die Einnahmen. Von 1852 bis jetzt wurden neben<lb/>
den Einnahmen des Staates noch 2000 Millionen Franken durch Anleihen<lb/>
herbeigeschafft und 1000 Millionen Franken auf die schwebende Schuld über¬<lb/>
nommen. Die schwebende Schuld besteht aus unbezahlten Rechnungen, oder<lb/>
aus Rechnungen, die man einstweilen (und das darf nur der Staat) aus<lb/>
anvertrauten Geld, welches z. B. den Sparkassen, den Beamten für Cau-<lb/>
tionen, der Armee-Dotation, den Gemeinden gehört, oder endlich durch schrift¬<lb/>
liche Zahlungsversprechungen, die in 6. 12 oder 18 Monaten fällig werden<lb/>
(Schatzbons) berichtigt. Herr Fould ist nun der Meinung, daß diese Wirth¬<lb/>
schaft anfange, bedenklich zu werden, zumal da das Beispiel der Regierung,<lb/>
sich in maßlose Ausgaben zu stürzen, in den Departements, den Städten und<lb/>
bei Privatgesellschaften Nachahmung finde. Er nennt den Zustand eine &#x201E;Krise,"<lb/>
der man ein Ende machen lyüsse durch Abschaffung der ergänzenden und<lb/>
außerordentlichen Credite.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1132" next="#ID_1133"> Um den Kaiser über das Ansinnen einer Verzichtleistung auf unbeschränk¬<lb/>
tes Schalten mit dem Geld und Credit des Staats zu beruhigen, setzt ihm<lb/>
Herr Fould auseinander, daß eben diese Prärogative ihm eine Menge<lb/>
Plagegeister auf den Hals lade, und Europa in ewiger Besorgniß erhalte.<lb/>
Der Verzicht aber sei mehr scheinbar als wirklich, denn wenn Noth an<lb/>
Mann gehe, so &gt;el der gesetzgebende Körper sofort bei der Hand, um<lb/>
Geld zu bewilligen. Um aber auch das leiseste Bedenken zu verscheuchen,<lb/>
schlägt Hr. Fould vor. die Uebertr.agungen wieder einzuführen, welche früher<lb/>
bestanden hatten. Diese ..Viremens" gestatten dem Minister, Mittel von einem<lb/>
Abschnitte seines Budgets aus einen andern zu übertragen. Der Kriegsminister<lb/>
kann z. B. einige Millionen am Bau und Unterhalt der Festungen erübrigen<lb/>
und auf das Kapitel für Sold der Truppen, wo er sie in Folge einer stärker»<lb/>
Einberufung eben braucht, übertragen. Auf die Biremens h/ne Herr Fould<lb/>
große Stücke. Sie sichern dem öffentlichen Dienste die erforderlichen Mittel<lb/>
für größere und unvorgesehene Ausgaben in Abwesenheit der Kammer, und<lb/>
machen die ergänzenden und außerordentlichen Credite vollends entbehrlich.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0382] nach Ministerien votirt werden, d. h. es durste z. B. nicht über den Auf¬ wand für das Ministerium, für Gesandtschaften. Consulate u. tgi., sondern nur über das Budget des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten im Ganzen abgestimmt werden. Eine weitere Schranke gegen Uebergriffe der Volksvertreter, welche Herr Fould zu erwähnen übersehen hat, bestand darin, daß kein Amendement zugelassen wurde, wenn sich der Staatsrath nicht damit einverstanden erklärte. Der Kaiser machte von seinem Recht zur Initiative umfassenden Gebrauch. Er führte Kriege, verstärkte Heer und Flotte, ver¬ schönerte Paris, baute und unterstützte Eisenbahnen, und hob Frankreich auf eine hohe Stufe des Ansehens und der Macht. Kein Wunder, daß die Aus¬ gaben größer waren als die Einnahmen. Von 1852 bis jetzt wurden neben den Einnahmen des Staates noch 2000 Millionen Franken durch Anleihen herbeigeschafft und 1000 Millionen Franken auf die schwebende Schuld über¬ nommen. Die schwebende Schuld besteht aus unbezahlten Rechnungen, oder aus Rechnungen, die man einstweilen (und das darf nur der Staat) aus anvertrauten Geld, welches z. B. den Sparkassen, den Beamten für Cau- tionen, der Armee-Dotation, den Gemeinden gehört, oder endlich durch schrift¬ liche Zahlungsversprechungen, die in 6. 12 oder 18 Monaten fällig werden (Schatzbons) berichtigt. Herr Fould ist nun der Meinung, daß diese Wirth¬ schaft anfange, bedenklich zu werden, zumal da das Beispiel der Regierung, sich in maßlose Ausgaben zu stürzen, in den Departements, den Städten und bei Privatgesellschaften Nachahmung finde. Er nennt den Zustand eine „Krise," der man ein Ende machen lyüsse durch Abschaffung der ergänzenden und außerordentlichen Credite. Um den Kaiser über das Ansinnen einer Verzichtleistung auf unbeschränk¬ tes Schalten mit dem Geld und Credit des Staats zu beruhigen, setzt ihm Herr Fould auseinander, daß eben diese Prärogative ihm eine Menge Plagegeister auf den Hals lade, und Europa in ewiger Besorgniß erhalte. Der Verzicht aber sei mehr scheinbar als wirklich, denn wenn Noth an Mann gehe, so >el der gesetzgebende Körper sofort bei der Hand, um Geld zu bewilligen. Um aber auch das leiseste Bedenken zu verscheuchen, schlägt Hr. Fould vor. die Uebertr.agungen wieder einzuführen, welche früher bestanden hatten. Diese ..Viremens" gestatten dem Minister, Mittel von einem Abschnitte seines Budgets aus einen andern zu übertragen. Der Kriegsminister kann z. B. einige Millionen am Bau und Unterhalt der Festungen erübrigen und auf das Kapitel für Sold der Truppen, wo er sie in Folge einer stärker» Einberufung eben braucht, übertragen. Auf die Biremens h/ne Herr Fould große Stücke. Sie sichern dem öffentlichen Dienste die erforderlichen Mittel für größere und unvorgesehene Ausgaben in Abwesenheit der Kammer, und machen die ergänzenden und außerordentlichen Credite vollends entbehrlich.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/382
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/382>, abgerufen am 29.12.2024.