Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.Diener aus Weizenmehl einen zolldicken Kuchen gemacht und denselben heiß Nachdem der heiße Kuchen das dritte Mal auf den Wirbel des Kopfes Bon dem Augenblick an, wo die Kiste geöffnet wurde, bis zu dem. wo der Unter den ihre Pflichten streng beobachtenden Fakirs, Gosayens oder U ogies Diener aus Weizenmehl einen zolldicken Kuchen gemacht und denselben heiß Nachdem der heiße Kuchen das dritte Mal auf den Wirbel des Kopfes Bon dem Augenblick an, wo die Kiste geöffnet wurde, bis zu dem. wo der Unter den ihre Pflichten streng beobachtenden Fakirs, Gosayens oder U ogies <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0346" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112854"/> <p xml:id="ID_1030" prev="#ID_1029"> Diener aus Weizenmehl einen zolldicken Kuchen gemacht und denselben heiß<lb/> auf den Wirbel des Kopfes gelegt, ihn wieder abgenommen und dies wieder¬<lb/> holt. Dann zog er das Wachs und die Baumwolle heraus, womit man<lb/> dem Begrabenen Nasenlöcher und Ohren verstopft hatte, und nach großen An¬<lb/> strengungen öffnete er vermöge einer Messerklinge, die er zwischen die Zähne<lb/> klemmte, den Mund (ist der Bericht überhaupt wahr, so muß man annehmen,<lb/> daß der Fakir sich durch irgend ein unbekanntes Mittel künstlich in Starrkrampf<lb/> versetzt hatte) und zog. während er die Kinnbacken mit der linken Hand offen<lb/> hielt, mit der rechten die Zunge hervor, welche dabei einige Male seinen<lb/> Fingern entschlüpfte und in die frühere gebogene Lage zurückschnellte. Nun<lb/> rieb er die Augenlider einige Secunden mit Ghy (geklärter Butter), bis sich<lb/> dieselben öffneten; die Augen erschienen jedoch glasig und bewegungslos.</p><lb/> <p xml:id="ID_1031"> Nachdem der heiße Kuchen das dritte Mal auf den Wirbel des Kopfes<lb/> gelegt worden, begann der Körper in convulsivische Bewegungen überzugehen,<lb/> die Nasenlöcher bewegten sich vom Athem, ein Schweiß brach aus, und die<lb/> Glieder bekamen eine mehr natürliche Fülle; aber der Puls war noch immer<lb/> kaum zu fühlen. Der Diener legte etwas von der geklärten Butter auf die<lb/> Zunge, so daß der Fakir es hinunterschlucken mußte. Wenige Minuten nach¬<lb/> her zeigte sich Leben in den Augäpfeln, dieselben gewannen allmächtig ihre<lb/> ursprüngliche Färbung, und der Fakir, indem er Runzit erkannte, stammelte<lb/> mit matter, kaum hörbarer Stimme die Worte: „Glaubst Du mir jetzt?"<lb/> Runzit Sing bejahte es, hing ihm ein Perlenhalsband um. befestigte zwei<lb/> prächtige goldene Spangen an seine Arme und schenkte ihm außerdem ein<lb/> förmliches Kheiat von Seidenstoffen. Muslin und Shawls.</p><lb/> <p xml:id="ID_1032"> Bon dem Augenblick an, wo die Kiste geöffnet wurde, bis zu dem. wo der<lb/> Fakir seine Stimme wiedergewann, mochte eine halbe Stunde verflossen sein,<lb/> und nach Verlauf einer andern halben Stunde redete er mit mir und den<lb/> anderen Personen, die ihn umgaben, jedoch mit schwacher Stimme, gleich<lb/> einem Kranken." —</p><lb/> <p xml:id="ID_1033"> Unter den ihre Pflichten streng beobachtenden Fakirs, Gosayens oder U ogies<lb/> ist es Gebrauch, daß sie, wenn sie einer Krankheit zu erliegen fürchten, den<lb/> Athem anhalten und sich begraben lassen. Uebrigens sagt, wie eine Anmer¬<lb/> kung des Herausgebers bemerkt, Dr. Braid in einer 1850 erschienenen Bro-<lb/> chüre, daß ein Oberst Townsend fast vierundzwanzig Stunden leblos bleiben<lb/> konnte. In Dabistan wirv erzählt, daß einige Personen ihren Athem drei<lb/> Stunden hätten anhalten können, einer hat es auf zwölf Stunden gebracht,<lb/> und von Balls Natha, der hundert Jahre alt wurde, berichtet man, daß er<lb/> zwei Tage lang ohne Athem existiren konnte. Endlich ist noch hierher zu be¬<lb/> ziehen, daß das Anhalten des Athems bei einigen Gebeten der Brahmanen<lb/> vorgeschrieben ist.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0346]
Diener aus Weizenmehl einen zolldicken Kuchen gemacht und denselben heiß
auf den Wirbel des Kopfes gelegt, ihn wieder abgenommen und dies wieder¬
holt. Dann zog er das Wachs und die Baumwolle heraus, womit man
dem Begrabenen Nasenlöcher und Ohren verstopft hatte, und nach großen An¬
strengungen öffnete er vermöge einer Messerklinge, die er zwischen die Zähne
klemmte, den Mund (ist der Bericht überhaupt wahr, so muß man annehmen,
daß der Fakir sich durch irgend ein unbekanntes Mittel künstlich in Starrkrampf
versetzt hatte) und zog. während er die Kinnbacken mit der linken Hand offen
hielt, mit der rechten die Zunge hervor, welche dabei einige Male seinen
Fingern entschlüpfte und in die frühere gebogene Lage zurückschnellte. Nun
rieb er die Augenlider einige Secunden mit Ghy (geklärter Butter), bis sich
dieselben öffneten; die Augen erschienen jedoch glasig und bewegungslos.
Nachdem der heiße Kuchen das dritte Mal auf den Wirbel des Kopfes
gelegt worden, begann der Körper in convulsivische Bewegungen überzugehen,
die Nasenlöcher bewegten sich vom Athem, ein Schweiß brach aus, und die
Glieder bekamen eine mehr natürliche Fülle; aber der Puls war noch immer
kaum zu fühlen. Der Diener legte etwas von der geklärten Butter auf die
Zunge, so daß der Fakir es hinunterschlucken mußte. Wenige Minuten nach¬
her zeigte sich Leben in den Augäpfeln, dieselben gewannen allmächtig ihre
ursprüngliche Färbung, und der Fakir, indem er Runzit erkannte, stammelte
mit matter, kaum hörbarer Stimme die Worte: „Glaubst Du mir jetzt?"
Runzit Sing bejahte es, hing ihm ein Perlenhalsband um. befestigte zwei
prächtige goldene Spangen an seine Arme und schenkte ihm außerdem ein
förmliches Kheiat von Seidenstoffen. Muslin und Shawls.
Bon dem Augenblick an, wo die Kiste geöffnet wurde, bis zu dem. wo der
Fakir seine Stimme wiedergewann, mochte eine halbe Stunde verflossen sein,
und nach Verlauf einer andern halben Stunde redete er mit mir und den
anderen Personen, die ihn umgaben, jedoch mit schwacher Stimme, gleich
einem Kranken." —
Unter den ihre Pflichten streng beobachtenden Fakirs, Gosayens oder U ogies
ist es Gebrauch, daß sie, wenn sie einer Krankheit zu erliegen fürchten, den
Athem anhalten und sich begraben lassen. Uebrigens sagt, wie eine Anmer¬
kung des Herausgebers bemerkt, Dr. Braid in einer 1850 erschienenen Bro-
chüre, daß ein Oberst Townsend fast vierundzwanzig Stunden leblos bleiben
konnte. In Dabistan wirv erzählt, daß einige Personen ihren Athem drei
Stunden hätten anhalten können, einer hat es auf zwölf Stunden gebracht,
und von Balls Natha, der hundert Jahre alt wurde, berichtet man, daß er
zwei Tage lang ohne Athem existiren konnte. Endlich ist noch hierher zu be¬
ziehen, daß das Anhalten des Athems bei einigen Gebeten der Brahmanen
vorgeschrieben ist.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |