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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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Die Leute dienen zwar länger als ein Jahr, und ihre Ausbildungszeit
dauert bis 3 Jahre, aber der größte Theil einer Truppe besteht bei uns im¬
mer aus Recruten. Dieser Umstand fordert, daß bei allen Uebungen stets bei
den Elementen stehen geblieben, auf die Anfangsgründe stets die meiste Zeit
verwendet wird. Bei dreijähriger Dienstzeit besteht eine Compagnie der alten
Regimenter heute aus 42 Recruten, 37 Leuten des 2. Jahrgangs und 33 des
3. Jahrgangs. Aus dem letzteren Jahrgang gehen nun an Burschen. Ordon¬
nanzen, Compagniehandwerkern und auswärtigen Commandos mindestens 12
Mann ab; es verbleibt also nur ein Rest von 91 Mann und zwar, außer den
Gefreiten, die wenigst brauchbaren Leute übrig. So muß denn der elemen¬
tare Bestandtheil in jeder Uebung das Uebergewicht behalten. Geist und
Körper der Führer und Leute wird in einem geistesarmen, alljährlich sich wie¬
derholenden sogenannten Gamaschendienst abgenutzt, und das jährlich erreichte
Resultat bleibt weit hinter dem durch die Vorschriften und die Forderungen
des Krieges gesteckten Ziele zurück.

Wenn wir der Infanterie also auch dreijährige Dienstzeit oder eine noch
längere geben, wir kommen so lange nicht an das Ziel, als bei der auszu¬
bildenden Truppe es die Recruten sind, die unausgesetzt das meist zu berück¬
sichtigende Element bilden. Wir können unsere Führer selbst, Offiziere und
Unteroffiziere nicht fördern, so lange sie immer nur mit der Ausbildung der
Truppe, nie mit dem Gebrauch derselben beschäftigt sind. In jeder Schule,
welche höhere Resultate erreichen will, sehen wir, daß die alljährlich eintreten-
den Schüler in einer Klasse vereinigt und geschlossen den mehrjährigen Kur¬
sus durchlaufen. Sollten wir nicht durch eine ähnliche Einrichtung bei den
Soldaten dasselbe erreichen? Sollten hierbei nicht Führer und Mannschaft
viel weiter gefördert werden können? Ich zweifle nicht daran. Ich bin über¬
zeugt, daß bei einer so durchgeführten zweijährigen Dienstzeit viel mehr erreicht
wird, als bei der jetzigen dreijährigen. Ein so eingerichteter dreijähriger
Cursus würde noch besser sein; aber wenn die bisherige Ausbildung genügt
hat, so würde man V- der für die Mannschaften der Infanterie ausgeworfe-
nen.Summen ersparen können, wenn man jenen zweijährigen Cursus einführte.

Die Maßregel ließe sich folgendermaßen leicht ausführen:

1. Je zwei Regimenter haben einen gemeinschaftlichen Ersatzbezirk. Je¬
des erhält alljährlich circa 480 Recruten. Ich würde also 1861 dem ersten
und 1862 dem 2. Regiment jedes Mal 960 Recruten geben.

2. Die Unteroffiziere und Kapitulanten eines Regimentes betragen in
Summa 180 Mann, das Regiment würde also 1140 Köpfe stark sein, wäh¬
rend es, von den Stäben abgesehen, heute 1548 beträgt. Die Compagnie
hätte alsdann eine Stärke von 95 Mann, von denen 80 Recruten.

3. Die Recruten werden den ersten Oetober eingestellt, die sämmtlichen


Grenzboten IV. 1S61. 3

Die Leute dienen zwar länger als ein Jahr, und ihre Ausbildungszeit
dauert bis 3 Jahre, aber der größte Theil einer Truppe besteht bei uns im¬
mer aus Recruten. Dieser Umstand fordert, daß bei allen Uebungen stets bei
den Elementen stehen geblieben, auf die Anfangsgründe stets die meiste Zeit
verwendet wird. Bei dreijähriger Dienstzeit besteht eine Compagnie der alten
Regimenter heute aus 42 Recruten, 37 Leuten des 2. Jahrgangs und 33 des
3. Jahrgangs. Aus dem letzteren Jahrgang gehen nun an Burschen. Ordon¬
nanzen, Compagniehandwerkern und auswärtigen Commandos mindestens 12
Mann ab; es verbleibt also nur ein Rest von 91 Mann und zwar, außer den
Gefreiten, die wenigst brauchbaren Leute übrig. So muß denn der elemen¬
tare Bestandtheil in jeder Uebung das Uebergewicht behalten. Geist und
Körper der Führer und Leute wird in einem geistesarmen, alljährlich sich wie¬
derholenden sogenannten Gamaschendienst abgenutzt, und das jährlich erreichte
Resultat bleibt weit hinter dem durch die Vorschriften und die Forderungen
des Krieges gesteckten Ziele zurück.

Wenn wir der Infanterie also auch dreijährige Dienstzeit oder eine noch
längere geben, wir kommen so lange nicht an das Ziel, als bei der auszu¬
bildenden Truppe es die Recruten sind, die unausgesetzt das meist zu berück¬
sichtigende Element bilden. Wir können unsere Führer selbst, Offiziere und
Unteroffiziere nicht fördern, so lange sie immer nur mit der Ausbildung der
Truppe, nie mit dem Gebrauch derselben beschäftigt sind. In jeder Schule,
welche höhere Resultate erreichen will, sehen wir, daß die alljährlich eintreten-
den Schüler in einer Klasse vereinigt und geschlossen den mehrjährigen Kur¬
sus durchlaufen. Sollten wir nicht durch eine ähnliche Einrichtung bei den
Soldaten dasselbe erreichen? Sollten hierbei nicht Führer und Mannschaft
viel weiter gefördert werden können? Ich zweifle nicht daran. Ich bin über¬
zeugt, daß bei einer so durchgeführten zweijährigen Dienstzeit viel mehr erreicht
wird, als bei der jetzigen dreijährigen. Ein so eingerichteter dreijähriger
Cursus würde noch besser sein; aber wenn die bisherige Ausbildung genügt
hat, so würde man V- der für die Mannschaften der Infanterie ausgeworfe-
nen.Summen ersparen können, wenn man jenen zweijährigen Cursus einführte.

Die Maßregel ließe sich folgendermaßen leicht ausführen:

1. Je zwei Regimenter haben einen gemeinschaftlichen Ersatzbezirk. Je¬
des erhält alljährlich circa 480 Recruten. Ich würde also 1861 dem ersten
und 1862 dem 2. Regiment jedes Mal 960 Recruten geben.

2. Die Unteroffiziere und Kapitulanten eines Regimentes betragen in
Summa 180 Mann, das Regiment würde also 1140 Köpfe stark sein, wäh¬
rend es, von den Stäben abgesehen, heute 1548 beträgt. Die Compagnie
hätte alsdann eine Stärke von 95 Mann, von denen 80 Recruten.

3. Die Recruten werden den ersten Oetober eingestellt, die sämmtlichen


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[0027] Die Leute dienen zwar länger als ein Jahr, und ihre Ausbildungszeit dauert bis 3 Jahre, aber der größte Theil einer Truppe besteht bei uns im¬ mer aus Recruten. Dieser Umstand fordert, daß bei allen Uebungen stets bei den Elementen stehen geblieben, auf die Anfangsgründe stets die meiste Zeit verwendet wird. Bei dreijähriger Dienstzeit besteht eine Compagnie der alten Regimenter heute aus 42 Recruten, 37 Leuten des 2. Jahrgangs und 33 des 3. Jahrgangs. Aus dem letzteren Jahrgang gehen nun an Burschen. Ordon¬ nanzen, Compagniehandwerkern und auswärtigen Commandos mindestens 12 Mann ab; es verbleibt also nur ein Rest von 91 Mann und zwar, außer den Gefreiten, die wenigst brauchbaren Leute übrig. So muß denn der elemen¬ tare Bestandtheil in jeder Uebung das Uebergewicht behalten. Geist und Körper der Führer und Leute wird in einem geistesarmen, alljährlich sich wie¬ derholenden sogenannten Gamaschendienst abgenutzt, und das jährlich erreichte Resultat bleibt weit hinter dem durch die Vorschriften und die Forderungen des Krieges gesteckten Ziele zurück. Wenn wir der Infanterie also auch dreijährige Dienstzeit oder eine noch längere geben, wir kommen so lange nicht an das Ziel, als bei der auszu¬ bildenden Truppe es die Recruten sind, die unausgesetzt das meist zu berück¬ sichtigende Element bilden. Wir können unsere Führer selbst, Offiziere und Unteroffiziere nicht fördern, so lange sie immer nur mit der Ausbildung der Truppe, nie mit dem Gebrauch derselben beschäftigt sind. In jeder Schule, welche höhere Resultate erreichen will, sehen wir, daß die alljährlich eintreten- den Schüler in einer Klasse vereinigt und geschlossen den mehrjährigen Kur¬ sus durchlaufen. Sollten wir nicht durch eine ähnliche Einrichtung bei den Soldaten dasselbe erreichen? Sollten hierbei nicht Führer und Mannschaft viel weiter gefördert werden können? Ich zweifle nicht daran. Ich bin über¬ zeugt, daß bei einer so durchgeführten zweijährigen Dienstzeit viel mehr erreicht wird, als bei der jetzigen dreijährigen. Ein so eingerichteter dreijähriger Cursus würde noch besser sein; aber wenn die bisherige Ausbildung genügt hat, so würde man V- der für die Mannschaften der Infanterie ausgeworfe- nen.Summen ersparen können, wenn man jenen zweijährigen Cursus einführte. Die Maßregel ließe sich folgendermaßen leicht ausführen: 1. Je zwei Regimenter haben einen gemeinschaftlichen Ersatzbezirk. Je¬ des erhält alljährlich circa 480 Recruten. Ich würde also 1861 dem ersten und 1862 dem 2. Regiment jedes Mal 960 Recruten geben. 2. Die Unteroffiziere und Kapitulanten eines Regimentes betragen in Summa 180 Mann, das Regiment würde also 1140 Köpfe stark sein, wäh¬ rend es, von den Stäben abgesehen, heute 1548 beträgt. Die Compagnie hätte alsdann eine Stärke von 95 Mann, von denen 80 Recruten. 3. Die Recruten werden den ersten Oetober eingestellt, die sämmtlichen Grenzboten IV. 1S61. 3

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/27>, abgerufen am 25.08.2024.