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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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sich verschaffen wollen? In einem Lande von so bedeutender Kraftentwicklung
mußten bergbauliche Unternehmungen zugleich eine um so entschiedenere Durch¬
führung finden; daher auch gewiß keine Uebertreibung in der Ueberlieferung
liegt, daß im alten Aegypten beim Bergbau ganze Berge umgestürzt und
Buche hindurch geleitet worden, um das Erz nuszuwnschen und sonst zu ge¬
winnen. Wir vernehmen darin nur den Widerhall des aus dem Lehrgedichte
Hiob Angeführten:

"Auch legt man Hand an die Felsen und gräbt Berge um.
Man reißet Bäche aus den Felsen und Alles, was köstlich ist, sieht das
Auge.
Man wehret dem Strome des Wassers und bringt, was verborgen ist,
an das Licht."

Nach den Mittheilungen der Historiker gewährte insbesondere die Gebirgs¬
kette längs des arabischen Meerbusens schon im frühesten Alterthume bedeutende
Ausbeute an Gold, und eben so nahm in dem Staatsschatze der ägyptischen
Könige das Gold aus den nubischen Bergwerken eine bedeutsame Stelle ein.
Außerdem werden Silber und Eisen, Kupfer und Blei als Bergbauproducte
des alten Aegyptens genannt. Doch mögen, namentlich von den letzteren,
verhältnißmäßig nur geringe Quantitäten hiervon gewonnen worden sein, da
sonst die Herstellung größerer Bildwerke aus Erz. die wir dort gänzlich ver¬
missen, in solchem Grade kaum unterblieben sein dürfte. Zinn wird von
einzelnen Schriftstellern zwar ebenfalls angeführt, jedoch nach dem von uns
bei Besprechung der mosaischen Metallkunde Erwähnten wol irrthümlich.
Kupferbergwerke hatte Aegypten auf der Sinai-Halbinsel; Smaragdgrubcn auf
dem Berge Zabarah in Oberägypten.

Die edlen Metalle wurden von den alten Aegyptern vorzüglich zu Gefäßen
und Schmucksachen verarbeitet, woran namentlich die Tempel und die Paläste
der Könige reich waren. Insbesondere waren auch die Götterbilder mit Gold
und Edelsteinen geschmückt. Ringe, Spangen und Ketten ans Gold waren
ein beliebter Schmuck der Frauen, und Siegelringe mit geschnittenen Steinen
bildeten ein wesentliches Zubehör des Mannes. Die Einreihung in die Würde
hoher Staatsbeamten geschal) mit Uebergabe eines Siegelringes, wie wir unter
Anderm aus Mosis Berichte (I, 42. 42) ersehen, wonach Joseph b.i Ernennung
zum Statthalter des Königreiches von Pharao einen Ring erhielt, indem er
weiter mit einer goldenen Halskette geschmückt wurde. Silberne Geräthe
waren bei den Hohen des Landes allgemein in Brauch; daher auch nichts
Befremdendes in der Erzählung liegt, daß Joseph in den Getreidesack des
Benjamin einen silbernen Becher habe stecken lassen (I. Mos. 44, 2). Vor¬
nehmlich aber war die Benutzung des Silbers als Tauschmittel in Aegypten
sehr gewöhnlich, wobei jedoch als unentschieden anzusehen ist, ob der ägyptische


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sich verschaffen wollen? In einem Lande von so bedeutender Kraftentwicklung
mußten bergbauliche Unternehmungen zugleich eine um so entschiedenere Durch¬
führung finden; daher auch gewiß keine Uebertreibung in der Ueberlieferung
liegt, daß im alten Aegypten beim Bergbau ganze Berge umgestürzt und
Buche hindurch geleitet worden, um das Erz nuszuwnschen und sonst zu ge¬
winnen. Wir vernehmen darin nur den Widerhall des aus dem Lehrgedichte
Hiob Angeführten:

„Auch legt man Hand an die Felsen und gräbt Berge um.
Man reißet Bäche aus den Felsen und Alles, was köstlich ist, sieht das
Auge.
Man wehret dem Strome des Wassers und bringt, was verborgen ist,
an das Licht."

Nach den Mittheilungen der Historiker gewährte insbesondere die Gebirgs¬
kette längs des arabischen Meerbusens schon im frühesten Alterthume bedeutende
Ausbeute an Gold, und eben so nahm in dem Staatsschatze der ägyptischen
Könige das Gold aus den nubischen Bergwerken eine bedeutsame Stelle ein.
Außerdem werden Silber und Eisen, Kupfer und Blei als Bergbauproducte
des alten Aegyptens genannt. Doch mögen, namentlich von den letzteren,
verhältnißmäßig nur geringe Quantitäten hiervon gewonnen worden sein, da
sonst die Herstellung größerer Bildwerke aus Erz. die wir dort gänzlich ver¬
missen, in solchem Grade kaum unterblieben sein dürfte. Zinn wird von
einzelnen Schriftstellern zwar ebenfalls angeführt, jedoch nach dem von uns
bei Besprechung der mosaischen Metallkunde Erwähnten wol irrthümlich.
Kupferbergwerke hatte Aegypten auf der Sinai-Halbinsel; Smaragdgrubcn auf
dem Berge Zabarah in Oberägypten.

Die edlen Metalle wurden von den alten Aegyptern vorzüglich zu Gefäßen
und Schmucksachen verarbeitet, woran namentlich die Tempel und die Paläste
der Könige reich waren. Insbesondere waren auch die Götterbilder mit Gold
und Edelsteinen geschmückt. Ringe, Spangen und Ketten ans Gold waren
ein beliebter Schmuck der Frauen, und Siegelringe mit geschnittenen Steinen
bildeten ein wesentliches Zubehör des Mannes. Die Einreihung in die Würde
hoher Staatsbeamten geschal) mit Uebergabe eines Siegelringes, wie wir unter
Anderm aus Mosis Berichte (I, 42. 42) ersehen, wonach Joseph b.i Ernennung
zum Statthalter des Königreiches von Pharao einen Ring erhielt, indem er
weiter mit einer goldenen Halskette geschmückt wurde. Silberne Geräthe
waren bei den Hohen des Landes allgemein in Brauch; daher auch nichts
Befremdendes in der Erzählung liegt, daß Joseph in den Getreidesack des
Benjamin einen silbernen Becher habe stecken lassen (I. Mos. 44, 2). Vor¬
nehmlich aber war die Benutzung des Silbers als Tauschmittel in Aegypten
sehr gewöhnlich, wobei jedoch als unentschieden anzusehen ist, ob der ägyptische


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[0197] sich verschaffen wollen? In einem Lande von so bedeutender Kraftentwicklung mußten bergbauliche Unternehmungen zugleich eine um so entschiedenere Durch¬ führung finden; daher auch gewiß keine Uebertreibung in der Ueberlieferung liegt, daß im alten Aegypten beim Bergbau ganze Berge umgestürzt und Buche hindurch geleitet worden, um das Erz nuszuwnschen und sonst zu ge¬ winnen. Wir vernehmen darin nur den Widerhall des aus dem Lehrgedichte Hiob Angeführten: „Auch legt man Hand an die Felsen und gräbt Berge um. Man reißet Bäche aus den Felsen und Alles, was köstlich ist, sieht das Auge. Man wehret dem Strome des Wassers und bringt, was verborgen ist, an das Licht." Nach den Mittheilungen der Historiker gewährte insbesondere die Gebirgs¬ kette längs des arabischen Meerbusens schon im frühesten Alterthume bedeutende Ausbeute an Gold, und eben so nahm in dem Staatsschatze der ägyptischen Könige das Gold aus den nubischen Bergwerken eine bedeutsame Stelle ein. Außerdem werden Silber und Eisen, Kupfer und Blei als Bergbauproducte des alten Aegyptens genannt. Doch mögen, namentlich von den letzteren, verhältnißmäßig nur geringe Quantitäten hiervon gewonnen worden sein, da sonst die Herstellung größerer Bildwerke aus Erz. die wir dort gänzlich ver¬ missen, in solchem Grade kaum unterblieben sein dürfte. Zinn wird von einzelnen Schriftstellern zwar ebenfalls angeführt, jedoch nach dem von uns bei Besprechung der mosaischen Metallkunde Erwähnten wol irrthümlich. Kupferbergwerke hatte Aegypten auf der Sinai-Halbinsel; Smaragdgrubcn auf dem Berge Zabarah in Oberägypten. Die edlen Metalle wurden von den alten Aegyptern vorzüglich zu Gefäßen und Schmucksachen verarbeitet, woran namentlich die Tempel und die Paläste der Könige reich waren. Insbesondere waren auch die Götterbilder mit Gold und Edelsteinen geschmückt. Ringe, Spangen und Ketten ans Gold waren ein beliebter Schmuck der Frauen, und Siegelringe mit geschnittenen Steinen bildeten ein wesentliches Zubehör des Mannes. Die Einreihung in die Würde hoher Staatsbeamten geschal) mit Uebergabe eines Siegelringes, wie wir unter Anderm aus Mosis Berichte (I, 42. 42) ersehen, wonach Joseph b.i Ernennung zum Statthalter des Königreiches von Pharao einen Ring erhielt, indem er weiter mit einer goldenen Halskette geschmückt wurde. Silberne Geräthe waren bei den Hohen des Landes allgemein in Brauch; daher auch nichts Befremdendes in der Erzählung liegt, daß Joseph in den Getreidesack des Benjamin einen silbernen Becher habe stecken lassen (I. Mos. 44, 2). Vor¬ nehmlich aber war die Benutzung des Silbers als Tauschmittel in Aegypten sehr gewöhnlich, wobei jedoch als unentschieden anzusehen ist, ob der ägyptische 24*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/197>, abgerufen am 29.12.2024.