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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band.

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einem Schachte der letzteren Art fand sich unter Anderem eine gegossene kupferne
Keilhaue, und statt der Fäustel wurden bis zu 15 Pfund schwere harte Steine
von länglichrunder Form mit eingeschliffenen Vertiefungen zur Befestigung von
Riemen vorgefunden. Auch will man ein hnlbvererztes Gerippe von einem
durch Schachtcinsturz zerdrückten Bergmann getroffen haben, der noch seinen
ledernen Sack mit reichen "Ockercrzen" getragen. An den in den Schächten
erhaltenen Holzrestcn einer alten Verzimmerung und von Leitern zum Ein¬
fahren hatte sich gediegenes Kupfer erzeugt und Gold und Kiesanflug ange¬
setzt. Das Holz selbst war zum Theil vererzt, kupser- und silberhaltig ge-
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Indem wir hier mit einem bergmännischen Volke zu thun haben , dem die
Gewinnung des Eisens noch unbekannt, erscheint um so bemerkenswerther, daß
nach Herodot (IV, 62) die alten Scythen das eiserne Schwert gleich einer
Gottheit verehrt haben sollen, und weiter, daß nach den chinesischen Annalen
die Voreltern jenes jüngeren, eisenschmiedcnden Volksstammes, der gegenwär
eigen Ost-Kirghisen, die Hakas oder Kiau-tuam, über die Zeit vor 100 v. Chr.
hinaufreichen (Ritter :c. II, 1122).

Welch ein Zeitraum mag nun wol die, an Kunstfertigkeiten und Einsichten
bedeutsame Nation der sibirischen Tschuden gänzlich vergessen gemacht und
dafür, so zu sagen, ein ganz neues Menschengeschlecht an die Stelle gesetzt
haben? -- vergessen gemacht nach Hinterlassung so klar sprechender Zeugnisse
nner in das Leben der Völker tief eingreifenden Thätigkeit? -- Für solch eine
Erscheinung kann es Geschichte nicht geben, sondern nur Sage, etwa wie die
von den goldgrabcnden Ameisen und den goldhütenden Greisen.

Wir erblicken aber in jenem Landstriche von Hochasien die Stätte sehr
alten Bergbaues; älter und großartiger als wir sie anderwärts kennen; eine
Urstäite desselben, die sür den russischen Bergbau noch heute als Paradiesiand
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Beiläufig werde hier daran erinnert, daß der Name Altai erst spät bei
den russischen Bewohnern Sibiriens und den Schriftstellern über dieses Land
>n Gebrauch gekommen; daß er namentlich in dem von der Petersburger
Akademie d. W. im Jahr 1745 in 20 Sectionen herausgegebenen ^dias
KusLieus noch nicht angeführt und daß er überhaupt türkischen Ursprungs ist,
aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, wo Völker türkischen
Stammes das Gebirgsland am oberen Irtysch bewohnten, dasselbe Altai
nennend, d. i. Gold, wie Altum und Altan im Mongolischen ebenfalls Gold
bezeichnen. Ob aber jener Name auf die Fundstätte des edeln Metalles zu
beziehen, oder ob er als Ehrenname wegen des Hoflagers der Khane gewählt
sei, wird von den Historikern und Geographen als unentschieden huigestelll
(Ritter :c. II, 477--479).


einem Schachte der letzteren Art fand sich unter Anderem eine gegossene kupferne
Keilhaue, und statt der Fäustel wurden bis zu 15 Pfund schwere harte Steine
von länglichrunder Form mit eingeschliffenen Vertiefungen zur Befestigung von
Riemen vorgefunden. Auch will man ein hnlbvererztes Gerippe von einem
durch Schachtcinsturz zerdrückten Bergmann getroffen haben, der noch seinen
ledernen Sack mit reichen „Ockercrzen" getragen. An den in den Schächten
erhaltenen Holzrestcn einer alten Verzimmerung und von Leitern zum Ein¬
fahren hatte sich gediegenes Kupfer erzeugt und Gold und Kiesanflug ange¬
setzt. Das Holz selbst war zum Theil vererzt, kupser- und silberhaltig ge-
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Indem wir hier mit einem bergmännischen Volke zu thun haben , dem die
Gewinnung des Eisens noch unbekannt, erscheint um so bemerkenswerther, daß
nach Herodot (IV, 62) die alten Scythen das eiserne Schwert gleich einer
Gottheit verehrt haben sollen, und weiter, daß nach den chinesischen Annalen
die Voreltern jenes jüngeren, eisenschmiedcnden Volksstammes, der gegenwär
eigen Ost-Kirghisen, die Hakas oder Kiau-tuam, über die Zeit vor 100 v. Chr.
hinaufreichen (Ritter :c. II, 1122).

Welch ein Zeitraum mag nun wol die, an Kunstfertigkeiten und Einsichten
bedeutsame Nation der sibirischen Tschuden gänzlich vergessen gemacht und
dafür, so zu sagen, ein ganz neues Menschengeschlecht an die Stelle gesetzt
haben? — vergessen gemacht nach Hinterlassung so klar sprechender Zeugnisse
nner in das Leben der Völker tief eingreifenden Thätigkeit? — Für solch eine
Erscheinung kann es Geschichte nicht geben, sondern nur Sage, etwa wie die
von den goldgrabcnden Ameisen und den goldhütenden Greisen.

Wir erblicken aber in jenem Landstriche von Hochasien die Stätte sehr
alten Bergbaues; älter und großartiger als wir sie anderwärts kennen; eine
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Beiläufig werde hier daran erinnert, daß der Name Altai erst spät bei
den russischen Bewohnern Sibiriens und den Schriftstellern über dieses Land
>n Gebrauch gekommen; daß er namentlich in dem von der Petersburger
Akademie d. W. im Jahr 1745 in 20 Sectionen herausgegebenen ^dias
KusLieus noch nicht angeführt und daß er überhaupt türkischen Ursprungs ist,
aus den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung, wo Völker türkischen
Stammes das Gebirgsland am oberen Irtysch bewohnten, dasselbe Altai
nennend, d. i. Gold, wie Altum und Altan im Mongolischen ebenfalls Gold
bezeichnen. Ob aber jener Name auf die Fundstätte des edeln Metalles zu
beziehen, oder ob er als Ehrenname wegen des Hoflagers der Khane gewählt
sei, wird von den Historikern und Geographen als unentschieden huigestelll
(Ritter :c. II, 477—479).


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_112507/153>, abgerufen am 29.12.2024.