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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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aber entspricht es der Stellung der Hansestädte zu Deutschland, große nationale
Pflichten nur in der Weise erfüllen zu wollen, daß sich damit ein Privat-
vorthcil verbinde?

Wir zweifeln nicht, daß jene kleinen Schraubenbootflotillen Anfang und
Grundlage zur Herstellung einer größeren Flotte bilden werden, die in einer
engen administrativen und organischen Verbindung mit der preußischen stehen
wird. Es mag dann eine Verwandlung der Contingentstellung eintreten, nur
wird dieselbe wohl nie auf dem Bundeswege, und in andrer Weise nur dann
zu erreichen sein, wenn die Senate der Hansestädte sich entschließen, die Ini¬
tiative zu einem engeren Anschlusse an Preußen zu ergreifen.

Gegenwärtig aber handelt es sich um das durchaus Nothwendige und
Unerläßliche sowol für jeden Krieg gegen eine Seemacht, als speciell für
einen Krieg gegen Dänemark, und wir müssen gestehen, daß wir die directe
oder indirecte Ablehnung des preußischen Anerbietens Seitens der beiden
Hansestädte als eine Verletzung ihrer Pflichten gegen die deutsche Nation auf¬
fassen würden.

Mögen diejenigen, welche die geringen Geldopfer scheuen und welche des¬
halb, weil eine Nordseeflotille auch für das übrige Deutschland eine Noth¬
wendigkeit ist, auf den Bund hinweisen, sich die Frage aufwerfen, was denn
Preußen bewegt. 20 bewaffnete Schiffe für die Nordsee stellen zu wollen?
Preußen hat keine nennenswerthe Küstenstrecke an der Nordsee, es hat keinen
Handelshafen an derselben, ja der Vertrag über die Erwerbung des Iahde-
gebicts untersagt ihm jemals einen Handelshafen auf dieser Küste anzulegen.
Der Kriegshafen der Jahde wird nicht durch Kanonenboote vertheidigt werden.
Das Anerbieten Preußens hat doch unzweifelhaft nur darin seinen Grund,
daß Preußen sich als Theil Deutschlands fühlt und dem jämmerlichen Unistand
der Vcrthcidigungslosigkeit einer reichen deutschen Küste ein Ende zu machen
wünscht. Haben die Hansestädte nicht alle Ursache sich gleichfalls als Theile
Deutschlands zu fühlen? und haben sie nicht noch ein ganz anderes und vitales
Interesse an der Nordsee?

Preußen könnte, um zu zeigen, was es für Deutschland thut, auf seine
Armee hinweisen, welche die deutschen Bundescontingente um das Doppelte
an Zahl und ebenso an Kriegstüchtigkeit übertrifft -- die einzige Gewähr des
Sieges, welche Deutschland gegen einen feindlichen Angriff besitzt. Preußen
bringt, um diese Gewähr zu verstärken, grade jetzt größere Opfer für die Na¬
tionalvertheidigung. Auf welche Opfer, die sie Deutschland brächten, können
die Hansestädte hinweisen?

Ohne Zweifel wäre es angenehmer, wenn sich eine Kriegsmarine ohne
Geld herstellen ließe. Die Nationen können sich und ihren Besitz aber nur
durch Opfer schützen -- Opfer, welche nicht bloß in Blut, sondern auch in
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aber entspricht es der Stellung der Hansestädte zu Deutschland, große nationale
Pflichten nur in der Weise erfüllen zu wollen, daß sich damit ein Privat-
vorthcil verbinde?

Wir zweifeln nicht, daß jene kleinen Schraubenbootflotillen Anfang und
Grundlage zur Herstellung einer größeren Flotte bilden werden, die in einer
engen administrativen und organischen Verbindung mit der preußischen stehen
wird. Es mag dann eine Verwandlung der Contingentstellung eintreten, nur
wird dieselbe wohl nie auf dem Bundeswege, und in andrer Weise nur dann
zu erreichen sein, wenn die Senate der Hansestädte sich entschließen, die Ini¬
tiative zu einem engeren Anschlusse an Preußen zu ergreifen.

Gegenwärtig aber handelt es sich um das durchaus Nothwendige und
Unerläßliche sowol für jeden Krieg gegen eine Seemacht, als speciell für
einen Krieg gegen Dänemark, und wir müssen gestehen, daß wir die directe
oder indirecte Ablehnung des preußischen Anerbietens Seitens der beiden
Hansestädte als eine Verletzung ihrer Pflichten gegen die deutsche Nation auf¬
fassen würden.

Mögen diejenigen, welche die geringen Geldopfer scheuen und welche des¬
halb, weil eine Nordseeflotille auch für das übrige Deutschland eine Noth¬
wendigkeit ist, auf den Bund hinweisen, sich die Frage aufwerfen, was denn
Preußen bewegt. 20 bewaffnete Schiffe für die Nordsee stellen zu wollen?
Preußen hat keine nennenswerthe Küstenstrecke an der Nordsee, es hat keinen
Handelshafen an derselben, ja der Vertrag über die Erwerbung des Iahde-
gebicts untersagt ihm jemals einen Handelshafen auf dieser Küste anzulegen.
Der Kriegshafen der Jahde wird nicht durch Kanonenboote vertheidigt werden.
Das Anerbieten Preußens hat doch unzweifelhaft nur darin seinen Grund,
daß Preußen sich als Theil Deutschlands fühlt und dem jämmerlichen Unistand
der Vcrthcidigungslosigkeit einer reichen deutschen Küste ein Ende zu machen
wünscht. Haben die Hansestädte nicht alle Ursache sich gleichfalls als Theile
Deutschlands zu fühlen? und haben sie nicht noch ein ganz anderes und vitales
Interesse an der Nordsee?

Preußen könnte, um zu zeigen, was es für Deutschland thut, auf seine
Armee hinweisen, welche die deutschen Bundescontingente um das Doppelte
an Zahl und ebenso an Kriegstüchtigkeit übertrifft — die einzige Gewähr des
Sieges, welche Deutschland gegen einen feindlichen Angriff besitzt. Preußen
bringt, um diese Gewähr zu verstärken, grade jetzt größere Opfer für die Na¬
tionalvertheidigung. Auf welche Opfer, die sie Deutschland brächten, können
die Hansestädte hinweisen?

Ohne Zweifel wäre es angenehmer, wenn sich eine Kriegsmarine ohne
Geld herstellen ließe. Die Nationen können sich und ihren Besitz aber nur
durch Opfer schützen — Opfer, welche nicht bloß in Blut, sondern auch in
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[0501] aber entspricht es der Stellung der Hansestädte zu Deutschland, große nationale Pflichten nur in der Weise erfüllen zu wollen, daß sich damit ein Privat- vorthcil verbinde? Wir zweifeln nicht, daß jene kleinen Schraubenbootflotillen Anfang und Grundlage zur Herstellung einer größeren Flotte bilden werden, die in einer engen administrativen und organischen Verbindung mit der preußischen stehen wird. Es mag dann eine Verwandlung der Contingentstellung eintreten, nur wird dieselbe wohl nie auf dem Bundeswege, und in andrer Weise nur dann zu erreichen sein, wenn die Senate der Hansestädte sich entschließen, die Ini¬ tiative zu einem engeren Anschlusse an Preußen zu ergreifen. Gegenwärtig aber handelt es sich um das durchaus Nothwendige und Unerläßliche sowol für jeden Krieg gegen eine Seemacht, als speciell für einen Krieg gegen Dänemark, und wir müssen gestehen, daß wir die directe oder indirecte Ablehnung des preußischen Anerbietens Seitens der beiden Hansestädte als eine Verletzung ihrer Pflichten gegen die deutsche Nation auf¬ fassen würden. Mögen diejenigen, welche die geringen Geldopfer scheuen und welche des¬ halb, weil eine Nordseeflotille auch für das übrige Deutschland eine Noth¬ wendigkeit ist, auf den Bund hinweisen, sich die Frage aufwerfen, was denn Preußen bewegt. 20 bewaffnete Schiffe für die Nordsee stellen zu wollen? Preußen hat keine nennenswerthe Küstenstrecke an der Nordsee, es hat keinen Handelshafen an derselben, ja der Vertrag über die Erwerbung des Iahde- gebicts untersagt ihm jemals einen Handelshafen auf dieser Küste anzulegen. Der Kriegshafen der Jahde wird nicht durch Kanonenboote vertheidigt werden. Das Anerbieten Preußens hat doch unzweifelhaft nur darin seinen Grund, daß Preußen sich als Theil Deutschlands fühlt und dem jämmerlichen Unistand der Vcrthcidigungslosigkeit einer reichen deutschen Küste ein Ende zu machen wünscht. Haben die Hansestädte nicht alle Ursache sich gleichfalls als Theile Deutschlands zu fühlen? und haben sie nicht noch ein ganz anderes und vitales Interesse an der Nordsee? Preußen könnte, um zu zeigen, was es für Deutschland thut, auf seine Armee hinweisen, welche die deutschen Bundescontingente um das Doppelte an Zahl und ebenso an Kriegstüchtigkeit übertrifft — die einzige Gewähr des Sieges, welche Deutschland gegen einen feindlichen Angriff besitzt. Preußen bringt, um diese Gewähr zu verstärken, grade jetzt größere Opfer für die Na¬ tionalvertheidigung. Auf welche Opfer, die sie Deutschland brächten, können die Hansestädte hinweisen? Ohne Zweifel wäre es angenehmer, wenn sich eine Kriegsmarine ohne Geld herstellen ließe. Die Nationen können sich und ihren Besitz aber nur durch Opfer schützen — Opfer, welche nicht bloß in Blut, sondern auch in * 62

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/501>, abgerufen am 23.12.2024.