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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Man sag uns, daß in den Regierungskreisen Hamburgs und Bremens
vor Allem geltend gemacht werde, daß eine enge maritime Bundesgenossen¬
schaft mit Preußen der Selbständigkeit der Städte, oder ihrer Regierungen
Gefahr drohe. Man behauptet, nicht bloß an den kleineren deutschen Höfen,
sondern auch innerhalb jener städtischen Regierungen lebe neben dem Bewußt¬
sein der gänzlichen Ohnmacht, neben der klaren Einsicht, daß man schließlich
lediglich von dem Schuhe Preußens abhängig sei, dennoch die Furcht, durch
die Verbindung mit dem größeren Staate etwas von dem souveränen Ein¬
fluß auf die eigenen Verhältnisse einzubüßen, dessen Uebung den Machthabern
sehr werthvoll zu sein pflegt. Aus diesem Grunde, so wird behauptet, seien
die Regierenden nur zu geneigt, im eigenen und persönlichen Interesse einer
Verbindung mit Preußen selbst die Schutzlosigkeit des hansischen Handels und
die Wehrlosigkeit der deutschen Nordseeküsten vorzuziehen.

Sollte es wirklich wahr sein, daß in jenen kleinlichen und selbstsüchtigen
Anschauungen die Ursachen der langen Zögerung Hamburgs und Bremens
liegen, so würde wenigstens zugleich begreiflich sein, weshalb man dort noch
jetzt wünscht, dem Bunde diese Marineangelcgenheit in die Hand zu legen.
Der deutsche Bund ist deshalb dieser Gesinnung so lieb und werth, weil sich
in ihm an jedes Gewicht ein Gegengewicht hängt und dadurch eine gegen¬
seitige Paralysirung der Kräfte herbeigeführt wird, welche freilich dem Gan¬
zen jede Wirkung nach außen, aber auch jedem Theile jede Wirksamkeit auf
den andern Theil nimmt.

Wie es sich aber auch mit den wirklichen Gründen verhalten möge,
welche in den Senaten Bremens und Hamburgs die bisher gezeigte Zurück¬
haltung verschuldet haben, die Besorgniß vor der Verkümmerung der Souve-
ränetät ist jedenfalls nicht geeignet, als letzter Grund offen ausgesprochen zu
werden. Der frischere, nationale Geist der Gegenwart verdammt wie die
Vorliebe für die Wehrlosigkeit so die Souveränetätseifersucht der kleinstaat¬
lichen Regierungen, und dieser Geist macht sich namentlich in den Bürgerschaften
jener beiden Städte geltend.

Es treten nach außen hin andere Gründe hervor, welche schon eher ge-
eignet sind Anhänger zu finden.

Man sagt, es handle sich für die Hansestädte weniger um den Küstenschuh
als um den Schutz der Schiffahrt, jener möge durch Dampfkanonenboote er¬
reicht, dieser werde nur durch Fregatten geübt werden können. Man sagt
ferner, und dieser Grund ist nicht ohne Eindruck selbst auf patriotische Män¬
ner der Hansestädte geblieben, die Kosten einer Flottille von 10 Kanonen¬
booten seien so groß, daß Hamburg und Bremen darunter erliegen würden,
denn 10 Schraubenboote würden auf jährlich 270,000 Thlr., mindestens aber
auf 200,000 zu stehen kommen.


Man sag uns, daß in den Regierungskreisen Hamburgs und Bremens
vor Allem geltend gemacht werde, daß eine enge maritime Bundesgenossen¬
schaft mit Preußen der Selbständigkeit der Städte, oder ihrer Regierungen
Gefahr drohe. Man behauptet, nicht bloß an den kleineren deutschen Höfen,
sondern auch innerhalb jener städtischen Regierungen lebe neben dem Bewußt¬
sein der gänzlichen Ohnmacht, neben der klaren Einsicht, daß man schließlich
lediglich von dem Schuhe Preußens abhängig sei, dennoch die Furcht, durch
die Verbindung mit dem größeren Staate etwas von dem souveränen Ein¬
fluß auf die eigenen Verhältnisse einzubüßen, dessen Uebung den Machthabern
sehr werthvoll zu sein pflegt. Aus diesem Grunde, so wird behauptet, seien
die Regierenden nur zu geneigt, im eigenen und persönlichen Interesse einer
Verbindung mit Preußen selbst die Schutzlosigkeit des hansischen Handels und
die Wehrlosigkeit der deutschen Nordseeküsten vorzuziehen.

Sollte es wirklich wahr sein, daß in jenen kleinlichen und selbstsüchtigen
Anschauungen die Ursachen der langen Zögerung Hamburgs und Bremens
liegen, so würde wenigstens zugleich begreiflich sein, weshalb man dort noch
jetzt wünscht, dem Bunde diese Marineangelcgenheit in die Hand zu legen.
Der deutsche Bund ist deshalb dieser Gesinnung so lieb und werth, weil sich
in ihm an jedes Gewicht ein Gegengewicht hängt und dadurch eine gegen¬
seitige Paralysirung der Kräfte herbeigeführt wird, welche freilich dem Gan¬
zen jede Wirkung nach außen, aber auch jedem Theile jede Wirksamkeit auf
den andern Theil nimmt.

Wie es sich aber auch mit den wirklichen Gründen verhalten möge,
welche in den Senaten Bremens und Hamburgs die bisher gezeigte Zurück¬
haltung verschuldet haben, die Besorgniß vor der Verkümmerung der Souve-
ränetät ist jedenfalls nicht geeignet, als letzter Grund offen ausgesprochen zu
werden. Der frischere, nationale Geist der Gegenwart verdammt wie die
Vorliebe für die Wehrlosigkeit so die Souveränetätseifersucht der kleinstaat¬
lichen Regierungen, und dieser Geist macht sich namentlich in den Bürgerschaften
jener beiden Städte geltend.

Es treten nach außen hin andere Gründe hervor, welche schon eher ge-
eignet sind Anhänger zu finden.

Man sagt, es handle sich für die Hansestädte weniger um den Küstenschuh
als um den Schutz der Schiffahrt, jener möge durch Dampfkanonenboote er¬
reicht, dieser werde nur durch Fregatten geübt werden können. Man sagt
ferner, und dieser Grund ist nicht ohne Eindruck selbst auf patriotische Män¬
ner der Hansestädte geblieben, die Kosten einer Flottille von 10 Kanonen¬
booten seien so groß, daß Hamburg und Bremen darunter erliegen würden,
denn 10 Schraubenboote würden auf jährlich 270,000 Thlr., mindestens aber
auf 200,000 zu stehen kommen.


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[0492] Man sag uns, daß in den Regierungskreisen Hamburgs und Bremens vor Allem geltend gemacht werde, daß eine enge maritime Bundesgenossen¬ schaft mit Preußen der Selbständigkeit der Städte, oder ihrer Regierungen Gefahr drohe. Man behauptet, nicht bloß an den kleineren deutschen Höfen, sondern auch innerhalb jener städtischen Regierungen lebe neben dem Bewußt¬ sein der gänzlichen Ohnmacht, neben der klaren Einsicht, daß man schließlich lediglich von dem Schuhe Preußens abhängig sei, dennoch die Furcht, durch die Verbindung mit dem größeren Staate etwas von dem souveränen Ein¬ fluß auf die eigenen Verhältnisse einzubüßen, dessen Uebung den Machthabern sehr werthvoll zu sein pflegt. Aus diesem Grunde, so wird behauptet, seien die Regierenden nur zu geneigt, im eigenen und persönlichen Interesse einer Verbindung mit Preußen selbst die Schutzlosigkeit des hansischen Handels und die Wehrlosigkeit der deutschen Nordseeküsten vorzuziehen. Sollte es wirklich wahr sein, daß in jenen kleinlichen und selbstsüchtigen Anschauungen die Ursachen der langen Zögerung Hamburgs und Bremens liegen, so würde wenigstens zugleich begreiflich sein, weshalb man dort noch jetzt wünscht, dem Bunde diese Marineangelcgenheit in die Hand zu legen. Der deutsche Bund ist deshalb dieser Gesinnung so lieb und werth, weil sich in ihm an jedes Gewicht ein Gegengewicht hängt und dadurch eine gegen¬ seitige Paralysirung der Kräfte herbeigeführt wird, welche freilich dem Gan¬ zen jede Wirkung nach außen, aber auch jedem Theile jede Wirksamkeit auf den andern Theil nimmt. Wie es sich aber auch mit den wirklichen Gründen verhalten möge, welche in den Senaten Bremens und Hamburgs die bisher gezeigte Zurück¬ haltung verschuldet haben, die Besorgniß vor der Verkümmerung der Souve- ränetät ist jedenfalls nicht geeignet, als letzter Grund offen ausgesprochen zu werden. Der frischere, nationale Geist der Gegenwart verdammt wie die Vorliebe für die Wehrlosigkeit so die Souveränetätseifersucht der kleinstaat¬ lichen Regierungen, und dieser Geist macht sich namentlich in den Bürgerschaften jener beiden Städte geltend. Es treten nach außen hin andere Gründe hervor, welche schon eher ge- eignet sind Anhänger zu finden. Man sagt, es handle sich für die Hansestädte weniger um den Küstenschuh als um den Schutz der Schiffahrt, jener möge durch Dampfkanonenboote er¬ reicht, dieser werde nur durch Fregatten geübt werden können. Man sagt ferner, und dieser Grund ist nicht ohne Eindruck selbst auf patriotische Män¬ ner der Hansestädte geblieben, die Kosten einer Flottille von 10 Kanonen¬ booten seien so groß, daß Hamburg und Bremen darunter erliegen würden, denn 10 Schraubenboote würden auf jährlich 270,000 Thlr., mindestens aber auf 200,000 zu stehen kommen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/492>, abgerufen am 23.12.2024.