Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.schauung fernliegenden Stoffen einen Reiz geben. Indessen geben sich die Hier ein Wort über die neueste Ausschmückung der kaiserlichen Paläste. Auch von der monumentalen Kunst hat die Zeit nichts zu hoffen. S>c schauung fernliegenden Stoffen einen Reiz geben. Indessen geben sich die Hier ein Wort über die neueste Ausschmückung der kaiserlichen Paläste. Auch von der monumentalen Kunst hat die Zeit nichts zu hoffen. S>c <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0468" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112438"/> <p xml:id="ID_1507" prev="#ID_1506"> schauung fernliegenden Stoffen einen Reiz geben. Indessen geben sich die<lb/> Bilder durch ihre helle, dünne Behandlung ^und die symbolische Einfassung<lb/> nur für decorative Arbeiten aus und an diese mag man geringere Ansprüche ma¬<lb/> chen. Andere Gemälde einer ähnlichen Richtung von Emil Levy:<lb/> Amor und Psyche in der Götterversammlung, Genty. der sogar die drei<lb/> Farben der französischen Fahne personificirt hat, B our b on-L e b la n c und<lb/> Magaud sind noch geringer. Auf einigen Bildern wirkt die Allegorie, welche<lb/> die Idee wie mit ironischer Bewußtheit absichtlich in das Bild versteckt, ge¬<lb/> radezu widerwärtig; selbst wenn die Gestalt schön wäre, könnte man an ihr<lb/> keine Freude haben, da sie Einem so aufdringlich etwas zu rathen aufgibt. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1508"> Hier ein Wort über die neueste Ausschmückung der kaiserlichen Paläste.<lb/> Die Arbeiten von Chaplin in den Tuilerien sind rein decorativ und von ge¬<lb/> ringem Interesse. Dagegen ist der Thronsaal im Luxemburg mit anspruchs¬<lb/> vollen Wandmalereien von Alaux, Heinrich Lehmann, Couder. Au¬<lb/> gust Hesse, Pils durchaus bedeckt. Gegenstand ist die Verherrlichung des<lb/> neuen Kaiserreichs. Was hier die geistreiche Combination der Maler<lb/> Alaux und Lehmann — aus dem Deckengemälde allein Alles 'auf einander ge¬<lb/> häuft und zusammengebracht hat, das wird wol ein menschliches Auge nie<lb/> zusammenfassen. Die ganze französische Geschichte halb wirklich, halb alle¬<lb/> gorisch von Chlodwig bis zum LutlraM universel, der Vermählung des<lb/> Kaisers und der Geburt des Prinzen läuft in unentwirrbaren Knäuel an den<lb/> Wänden hin. Dabei wechselt süßliche, glänzende Buntheit — in der Leh¬<lb/> mann excellirt — mit dem groben, schmutzigen Grau des Realismus. Hie^<lb/> hört die Kunst aufj; denn die Anschauung hat ein Ende, und diese stoffliche<lb/> Ueberfülle ist nur das Gegenstück zu der tollen Geschmacklosigkeit des Nero,<lb/> der sich 120 Fuß hoch auf Leinwand malen ließ. Es ist bezeichnend für das<lb/> Kaiserreich, daß das historische Bild schließlich zur bloßen Decoration wird<lb/> und die abstracte politische Klugheit und Lüge allegorisch sich verewigen läßt.<lb/> Wenn ein Rubens die Geschichte der Maria von Medicis allegorisch verherr¬<lb/> lichte, so kamen ihm dabei die hohe Entwicklung der Kunst und die Anschau¬<lb/> ung des Zeitalters zu Hilfe; noch konnte die Phantasie den nackten Göttern<lb/> und Nymphen Leben einhauchen, und um die noch malerische Wirklichkeit<lb/> spielte die Lust an den idealen Gestalten und der sinnlichen Gluth des<lb/> Fleisches im heiteren Farbenglanz, wie sich die Schlingpflanze an dem dunkeln<lb/> Gemäuer hinaufzieht. Die Gegenwart bringt nur einen steifen FaschingstnnZ<lb/> von Puppen und modernen Kleiderstöckcn zu Stande, dem die mürrische Unnatur<lb/> und gemachte Festlichkeit schwer und langweilig sich anhängt. —</p><lb/> <p xml:id="ID_1509" next="#ID_1510"> Auch von der monumentalen Kunst hat die Zeit nichts zu hoffen. S>c<lb/> ist die Epoche des in sich zurückgegangenen Geistes, der nur in einzelnen bey<lb/> eigen Stößen was in ihm reif geworden ist, ruckweise verwirklicht und auch</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0468]
schauung fernliegenden Stoffen einen Reiz geben. Indessen geben sich die
Bilder durch ihre helle, dünne Behandlung ^und die symbolische Einfassung
nur für decorative Arbeiten aus und an diese mag man geringere Ansprüche ma¬
chen. Andere Gemälde einer ähnlichen Richtung von Emil Levy:
Amor und Psyche in der Götterversammlung, Genty. der sogar die drei
Farben der französischen Fahne personificirt hat, B our b on-L e b la n c und
Magaud sind noch geringer. Auf einigen Bildern wirkt die Allegorie, welche
die Idee wie mit ironischer Bewußtheit absichtlich in das Bild versteckt, ge¬
radezu widerwärtig; selbst wenn die Gestalt schön wäre, könnte man an ihr
keine Freude haben, da sie Einem so aufdringlich etwas zu rathen aufgibt. —
Hier ein Wort über die neueste Ausschmückung der kaiserlichen Paläste.
Die Arbeiten von Chaplin in den Tuilerien sind rein decorativ und von ge¬
ringem Interesse. Dagegen ist der Thronsaal im Luxemburg mit anspruchs¬
vollen Wandmalereien von Alaux, Heinrich Lehmann, Couder. Au¬
gust Hesse, Pils durchaus bedeckt. Gegenstand ist die Verherrlichung des
neuen Kaiserreichs. Was hier die geistreiche Combination der Maler
Alaux und Lehmann — aus dem Deckengemälde allein Alles 'auf einander ge¬
häuft und zusammengebracht hat, das wird wol ein menschliches Auge nie
zusammenfassen. Die ganze französische Geschichte halb wirklich, halb alle¬
gorisch von Chlodwig bis zum LutlraM universel, der Vermählung des
Kaisers und der Geburt des Prinzen läuft in unentwirrbaren Knäuel an den
Wänden hin. Dabei wechselt süßliche, glänzende Buntheit — in der Leh¬
mann excellirt — mit dem groben, schmutzigen Grau des Realismus. Hie^
hört die Kunst aufj; denn die Anschauung hat ein Ende, und diese stoffliche
Ueberfülle ist nur das Gegenstück zu der tollen Geschmacklosigkeit des Nero,
der sich 120 Fuß hoch auf Leinwand malen ließ. Es ist bezeichnend für das
Kaiserreich, daß das historische Bild schließlich zur bloßen Decoration wird
und die abstracte politische Klugheit und Lüge allegorisch sich verewigen läßt.
Wenn ein Rubens die Geschichte der Maria von Medicis allegorisch verherr¬
lichte, so kamen ihm dabei die hohe Entwicklung der Kunst und die Anschau¬
ung des Zeitalters zu Hilfe; noch konnte die Phantasie den nackten Göttern
und Nymphen Leben einhauchen, und um die noch malerische Wirklichkeit
spielte die Lust an den idealen Gestalten und der sinnlichen Gluth des
Fleisches im heiteren Farbenglanz, wie sich die Schlingpflanze an dem dunkeln
Gemäuer hinaufzieht. Die Gegenwart bringt nur einen steifen FaschingstnnZ
von Puppen und modernen Kleiderstöckcn zu Stande, dem die mürrische Unnatur
und gemachte Festlichkeit schwer und langweilig sich anhängt. —
Auch von der monumentalen Kunst hat die Zeit nichts zu hoffen. S>c
ist die Epoche des in sich zurückgegangenen Geistes, der nur in einzelnen bey
eigen Stößen was in ihm reif geworden ist, ruckweise verwirklicht und auch
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