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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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sondern gut katholisch gewesen wäre, sie das Recht, ja die Pflicht gehabt
hätte, sich eifrigst zu verwahren gegen eine Anstalt, die in der Form, wie sie
hier ins Werk gesetzt werden sollte, so wenig geeignet erscheinen konnte, in
Wahrheit eine "Pflanzstätte der Wissenschaft" zu werden.

nack der preußischen Besitzergreifung Schlesiens blieb denn den Grund¬
sätzen Friedrichs des Großen entsprechend die Leopoldina im Wesentlichen
ungemildert. und auch als i. I, 1 773 Papst Clemens der Vierzehnte den
Jesuitenorden aufhob, versuchten es die schlesischen Jesuiten, gestützt auf den
edelmüthigen Schutz des Königs, sich hier wie in einigen andern Ländern
noch weiterhin zu behaupten. Die Verhandlungen Friedrichs mit dem Papste,
die sich durch mehrere Jahre hinziehen, endigen damit, daß 1776 den schlesi-
schen Jesuiten gestattet wird, ihre pädagogische Wirksamkeit an der Universi¬
tät wie an den Schule" fortzusetzen, doch nicht mehr als religiöser Orden,
sondern als ein unter Aufsicht des Bischofs stehendes Schuleninstitut.

Wie scharf nun auch der Verfasser jene "offene Empörung des Ordens
gegen das kirchliche Oberhaupt" tadelt, jo läßt er doch den Bestrebungen des
Königs, der schon aus politischen Gründen wünschen mußte, die Universität
erhalten zu sehen, damit nicht der Klerus genöthigt wäre, außer Landes zu
studiren. vollste Gerechtigkeit widerfahren, wie überhaupt dem großen Könige
wiederholt reiches Lob gezollt wird. Nur beklagt er, daß der Unterricht auf
der Universität auch jetzt wieder ausschließlich den unzureichenden Kräften der
Jesuiten des schlesischen Schuleuinstitutes überlassen blieb.

Wir können hier eine Bemerkung nicht unterdrücken. Der an der oben
erwähnten Stelle den Schlesien, gemachte Vorwurf engherziger, provinzieller
Exclusivität trotz der eignen Unzulänglichkeit der Kräfte findet sich, wie er
schon auf S. 5 in klaren Woitnr ausgesprochen wird, durch das ganze Buch
in augenscheinlicher tendenziöser Weise immer wiederholt. Nun scheint es
allerdings, daß der geehrte Verfasser persönlich schlimme Erfahrungen ge¬
macht hat. und die groben Angriffe im schlesisch-katholischen Kirchenblatt, wo
von "westdeutschen Zuzüglern", die "schlesisches" Brot essen und sich dann
über Schlesien lustig machen, und von Ausländern, "die in den Weinberg Kiesel¬
steine hineinwerfen", gesprochen wird, bestätigen dies; doch können wir ver¬
sichern, daß derartige Anschauungen nur in kleinen beschränkten Kreisen herr¬
schend sein können, und daß der Verfasser Unrecht thut, den ganzen Volksstamm
für solche Verirrungen verantwortlich zu machen; im Allgemeinen ließe sich
mit weit mehr Recht den Schlesien, grade das Gegentheil vorwerfen, denn
auch hier gilt das Sprichwort: "der Prophet gilt Nichts in seinem Vaterlande"
im vollsten Maaße. Aber in Wahrheit sind auch die Beispiele, in denen der
Verfasser eine Bestätigung seiner Beobachtung finden will, fast ohne Ausnahme
nicht stichhaltig. Er bringt nämlich jene Exclusivität in Zusammenhang mit


sondern gut katholisch gewesen wäre, sie das Recht, ja die Pflicht gehabt
hätte, sich eifrigst zu verwahren gegen eine Anstalt, die in der Form, wie sie
hier ins Werk gesetzt werden sollte, so wenig geeignet erscheinen konnte, in
Wahrheit eine „Pflanzstätte der Wissenschaft" zu werden.

nack der preußischen Besitzergreifung Schlesiens blieb denn den Grund¬
sätzen Friedrichs des Großen entsprechend die Leopoldina im Wesentlichen
ungemildert. und auch als i. I, 1 773 Papst Clemens der Vierzehnte den
Jesuitenorden aufhob, versuchten es die schlesischen Jesuiten, gestützt auf den
edelmüthigen Schutz des Königs, sich hier wie in einigen andern Ländern
noch weiterhin zu behaupten. Die Verhandlungen Friedrichs mit dem Papste,
die sich durch mehrere Jahre hinziehen, endigen damit, daß 1776 den schlesi-
schen Jesuiten gestattet wird, ihre pädagogische Wirksamkeit an der Universi¬
tät wie an den Schule» fortzusetzen, doch nicht mehr als religiöser Orden,
sondern als ein unter Aufsicht des Bischofs stehendes Schuleninstitut.

Wie scharf nun auch der Verfasser jene „offene Empörung des Ordens
gegen das kirchliche Oberhaupt" tadelt, jo läßt er doch den Bestrebungen des
Königs, der schon aus politischen Gründen wünschen mußte, die Universität
erhalten zu sehen, damit nicht der Klerus genöthigt wäre, außer Landes zu
studiren. vollste Gerechtigkeit widerfahren, wie überhaupt dem großen Könige
wiederholt reiches Lob gezollt wird. Nur beklagt er, daß der Unterricht auf
der Universität auch jetzt wieder ausschließlich den unzureichenden Kräften der
Jesuiten des schlesischen Schuleuinstitutes überlassen blieb.

Wir können hier eine Bemerkung nicht unterdrücken. Der an der oben
erwähnten Stelle den Schlesien, gemachte Vorwurf engherziger, provinzieller
Exclusivität trotz der eignen Unzulänglichkeit der Kräfte findet sich, wie er
schon auf S. 5 in klaren Woitnr ausgesprochen wird, durch das ganze Buch
in augenscheinlicher tendenziöser Weise immer wiederholt. Nun scheint es
allerdings, daß der geehrte Verfasser persönlich schlimme Erfahrungen ge¬
macht hat. und die groben Angriffe im schlesisch-katholischen Kirchenblatt, wo
von „westdeutschen Zuzüglern", die „schlesisches" Brot essen und sich dann
über Schlesien lustig machen, und von Ausländern, „die in den Weinberg Kiesel¬
steine hineinwerfen", gesprochen wird, bestätigen dies; doch können wir ver¬
sichern, daß derartige Anschauungen nur in kleinen beschränkten Kreisen herr¬
schend sein können, und daß der Verfasser Unrecht thut, den ganzen Volksstamm
für solche Verirrungen verantwortlich zu machen; im Allgemeinen ließe sich
mit weit mehr Recht den Schlesien, grade das Gegentheil vorwerfen, denn
auch hier gilt das Sprichwort: „der Prophet gilt Nichts in seinem Vaterlande"
im vollsten Maaße. Aber in Wahrheit sind auch die Beispiele, in denen der
Verfasser eine Bestätigung seiner Beobachtung finden will, fast ohne Ausnahme
nicht stichhaltig. Er bringt nämlich jene Exclusivität in Zusammenhang mit


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/456>, abgerufen am 23.12.2024.