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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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aber einen Vorspannswagen für 15 Gulden bewilligte. Dieser Vorfall, dessen
Veröffentlichung dem Redacteur der Wiener "Militär-Zeitung" beinahe einen
Preßproceß von Seite des reZims airoikn zuzog, ist buchstäblich wahr!

Frei von eigener Verantwortlichkeit, ohne Interesse für die zweckmäßige
Manipulation der von ihnen controlirten Verwaltungszweige und entweder
durch den jahrelangen Bureaudienst verkümmert, oder noch an das Leben des
Offiziers, nicht aber an eine angestrengte Thätigkeit gewöhnt, lassen die meisten
Commissäre die Sachen gehen, wie sie eben gehen wollen, wenn ihnen nur
keuie Rüge erwächst und die Amtsstunden möglichst ausgefüllt werden.

Dazu ist durch die 1357 erfolgte, eben so große, als ungerechtfertigte Be¬
vorzugung des Kriegscommissariats auch die Armee gegen ein Institut aufge¬
regt worden, welches jährlich eine enorme Summe zu seiner Erhaltung bean¬
sprucht und doch nicht im Stande war, im Feldzuge 1859 die richtige Ver¬
pflegung der Truppen durchzuführen und auch nur einen der begangenen
Uiuerschleife zu verhindern. Beinahe wäre das ältere System vorzuziehen,
nach welchem die Commissäre reine Beamte und aller besonderen Rücksichten
gegen die höchsten Militärpersonen entbunden waren. Dagegen ist jetzt, wo
der vom Offizier zum Commissär Uebersetzte sich noch immer im Tragen des
Schleppsäbels und der Sporen gefällt und dabei mit ängstlicher Scheu vor
jedem General die Honneurs macht, keine ernsthafte Opposition gegen die
militärischen Machthaber zu erwarten. Wie gut wußte General Eynatten
alle Bedenklichkeiten der Kriegscommissare durch die Drohung: "Ich lasse Sie
Pensioniren" zu verscheuchen! --

Es bleiben nunmehr noch die eigentlichen Controlebehörden zu betrachten.

Alle den Haushalt der Armee betreffenden Rechnungen werden zuerst in
den Provinzen bei den sogenannten "Militär-Landes-Rechnungs-Departements
und schließlich von der Centralstelle in Wien, der sogenannten Hofkriegs¬
buchhaltung geprüft.

Bei den selbstständigen Truppenkörpern bestehen eigene Nechnungsbureaus,
deren Personal einen integrirenden Theil der Rechnungsbranche bildet. Die¬
selben wurden gleich den Provmzialbehörden seit den letzten zwölf Jahren
wiederholt reorganisirt und es wurde bereits in einem frühern Artikel über
das östreichische Heereswesen **) auf die Nachtheile hingewiesen, welche dieser
fortwährende System- und Personenwechsel dem Ganzen bringen mußte.

Die Hofkriegsbuchhaltung in Wien aber blieb nach wie vor bestehen,
wenn auch ihr Stand nicht gleich blieb und der Geschäftsgang geändert wurde;
sie blieb immer noch die alte Hofkriegsbuchhaltung, der Schrecken der Haupt-
l^nec und Feldwebel, sonst aber in militärischen und nicht militärischen Kreisen




^) Man sieht, der alte Kanzleistyl lebt in schönster Blüthe fort.
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) Grenzboten, 13S1, Ur, S.
Grenzboten III. 1861. 53

aber einen Vorspannswagen für 15 Gulden bewilligte. Dieser Vorfall, dessen
Veröffentlichung dem Redacteur der Wiener „Militär-Zeitung" beinahe einen
Preßproceß von Seite des reZims airoikn zuzog, ist buchstäblich wahr!

Frei von eigener Verantwortlichkeit, ohne Interesse für die zweckmäßige
Manipulation der von ihnen controlirten Verwaltungszweige und entweder
durch den jahrelangen Bureaudienst verkümmert, oder noch an das Leben des
Offiziers, nicht aber an eine angestrengte Thätigkeit gewöhnt, lassen die meisten
Commissäre die Sachen gehen, wie sie eben gehen wollen, wenn ihnen nur
keuie Rüge erwächst und die Amtsstunden möglichst ausgefüllt werden.

Dazu ist durch die 1357 erfolgte, eben so große, als ungerechtfertigte Be¬
vorzugung des Kriegscommissariats auch die Armee gegen ein Institut aufge¬
regt worden, welches jährlich eine enorme Summe zu seiner Erhaltung bean¬
sprucht und doch nicht im Stande war, im Feldzuge 1859 die richtige Ver¬
pflegung der Truppen durchzuführen und auch nur einen der begangenen
Uiuerschleife zu verhindern. Beinahe wäre das ältere System vorzuziehen,
nach welchem die Commissäre reine Beamte und aller besonderen Rücksichten
gegen die höchsten Militärpersonen entbunden waren. Dagegen ist jetzt, wo
der vom Offizier zum Commissär Uebersetzte sich noch immer im Tragen des
Schleppsäbels und der Sporen gefällt und dabei mit ängstlicher Scheu vor
jedem General die Honneurs macht, keine ernsthafte Opposition gegen die
militärischen Machthaber zu erwarten. Wie gut wußte General Eynatten
alle Bedenklichkeiten der Kriegscommissare durch die Drohung: „Ich lasse Sie
Pensioniren" zu verscheuchen! —

Es bleiben nunmehr noch die eigentlichen Controlebehörden zu betrachten.

Alle den Haushalt der Armee betreffenden Rechnungen werden zuerst in
den Provinzen bei den sogenannten „Militär-Landes-Rechnungs-Departements
und schließlich von der Centralstelle in Wien, der sogenannten Hofkriegs¬
buchhaltung geprüft.

Bei den selbstständigen Truppenkörpern bestehen eigene Nechnungsbureaus,
deren Personal einen integrirenden Theil der Rechnungsbranche bildet. Die¬
selben wurden gleich den Provmzialbehörden seit den letzten zwölf Jahren
wiederholt reorganisirt und es wurde bereits in einem frühern Artikel über
das östreichische Heereswesen **) auf die Nachtheile hingewiesen, welche dieser
fortwährende System- und Personenwechsel dem Ganzen bringen mußte.

Die Hofkriegsbuchhaltung in Wien aber blieb nach wie vor bestehen,
wenn auch ihr Stand nicht gleich blieb und der Geschäftsgang geändert wurde;
sie blieb immer noch die alte Hofkriegsbuchhaltung, der Schrecken der Haupt-
l^nec und Feldwebel, sonst aber in militärischen und nicht militärischen Kreisen




^) Man sieht, der alte Kanzleistyl lebt in schönster Blüthe fort.
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[0427] aber einen Vorspannswagen für 15 Gulden bewilligte. Dieser Vorfall, dessen Veröffentlichung dem Redacteur der Wiener „Militär-Zeitung" beinahe einen Preßproceß von Seite des reZims airoikn zuzog, ist buchstäblich wahr! Frei von eigener Verantwortlichkeit, ohne Interesse für die zweckmäßige Manipulation der von ihnen controlirten Verwaltungszweige und entweder durch den jahrelangen Bureaudienst verkümmert, oder noch an das Leben des Offiziers, nicht aber an eine angestrengte Thätigkeit gewöhnt, lassen die meisten Commissäre die Sachen gehen, wie sie eben gehen wollen, wenn ihnen nur keuie Rüge erwächst und die Amtsstunden möglichst ausgefüllt werden. Dazu ist durch die 1357 erfolgte, eben so große, als ungerechtfertigte Be¬ vorzugung des Kriegscommissariats auch die Armee gegen ein Institut aufge¬ regt worden, welches jährlich eine enorme Summe zu seiner Erhaltung bean¬ sprucht und doch nicht im Stande war, im Feldzuge 1859 die richtige Ver¬ pflegung der Truppen durchzuführen und auch nur einen der begangenen Uiuerschleife zu verhindern. Beinahe wäre das ältere System vorzuziehen, nach welchem die Commissäre reine Beamte und aller besonderen Rücksichten gegen die höchsten Militärpersonen entbunden waren. Dagegen ist jetzt, wo der vom Offizier zum Commissär Uebersetzte sich noch immer im Tragen des Schleppsäbels und der Sporen gefällt und dabei mit ängstlicher Scheu vor jedem General die Honneurs macht, keine ernsthafte Opposition gegen die militärischen Machthaber zu erwarten. Wie gut wußte General Eynatten alle Bedenklichkeiten der Kriegscommissare durch die Drohung: „Ich lasse Sie Pensioniren" zu verscheuchen! — Es bleiben nunmehr noch die eigentlichen Controlebehörden zu betrachten. Alle den Haushalt der Armee betreffenden Rechnungen werden zuerst in den Provinzen bei den sogenannten „Militär-Landes-Rechnungs-Departements und schließlich von der Centralstelle in Wien, der sogenannten Hofkriegs¬ buchhaltung geprüft. Bei den selbstständigen Truppenkörpern bestehen eigene Nechnungsbureaus, deren Personal einen integrirenden Theil der Rechnungsbranche bildet. Die¬ selben wurden gleich den Provmzialbehörden seit den letzten zwölf Jahren wiederholt reorganisirt und es wurde bereits in einem frühern Artikel über das östreichische Heereswesen **) auf die Nachtheile hingewiesen, welche dieser fortwährende System- und Personenwechsel dem Ganzen bringen mußte. Die Hofkriegsbuchhaltung in Wien aber blieb nach wie vor bestehen, wenn auch ihr Stand nicht gleich blieb und der Geschäftsgang geändert wurde; sie blieb immer noch die alte Hofkriegsbuchhaltung, der Schrecken der Haupt- l^nec und Feldwebel, sonst aber in militärischen und nicht militärischen Kreisen ^) Man sieht, der alte Kanzleistyl lebt in schönster Blüthe fort. " ) Grenzboten, 13S1, Ur, S. Grenzboten III. 1861. 53

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/427>, abgerufen am 25.08.2024.