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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Ein anderer großer Nachtheil, der durch den Bezug der Montur aus den
Commissionen für den Staatsschatz erwächst, besteht in der oft bedeutenden
Entfernung der letzteren von den Standorten der Truppen, wodurch die Zu¬
führung der Monturen mit bedeutenden Auslagen verbunden und eine nicht
unbedeutende Anzahl streitfähiger Militärs dem eigentlichen Dienste entzogen
wird. Denn nicht selten pflegt es zu geschehen, daß die von den Regimentern
zur Abholung der neuen, oder auch nur zur Ablieferung der alten oder über¬
zähligen Monturen abgeschickten, gewöhnlich aus einem Offiziere, mehreren Unter¬
offizieren und Gemeinen bestehenden Detachements einige Wochen, ja selbst Mo¬
nate, unthätig zubringen müssen, ehe sie den Zweck ihrer Sendung erfüllen könne".
Und da bis vor Kurzem noch die Vorschrift bestand, daß ein von einem Trans¬
porte zurückkehrender Offizier, wenn er nicht wieder einen Transport führte, die
Reise aus eigenen Mitteln bestreiten mußte, so war es ganz gebräuchlich, daß die
zu einer derartigen Sendung Beorderten den Befehl auszuwirken trachteten.
,,so lange bei der betreffenden Monturscommission zu warten, bis sich eine
Retoursendung ergeben würde". Auch geschah es, daß die Truppen nicht von
der zunächst befindlichen, sondern oft von einer weit entfernten Monturscom¬
mission versorgt wurden. So bezogen z. B. die in Italien stationirten
Regimenter ihren Bedarf nicht aus Venedig oder Verona, sondern oft aus
Gratz oder Wien und mußten dahin selbst unbedeutender Sendungen wegen
eigene sogenannte "Fassungscvmmanden" absenden.

Vielleicht hat man die offenbaren Nachtheile dieser beiden Institute end¬
lich erkannt und will nun eine gründliche Reform beginnen. Wenigstens
deutet die von dem Kriegsminister Grafen Degenfeld jüngst in der Wiener
Handelskammer gemachte Mittheilung, daß die Armee künftig ihren Bedarf
durch directe Lieferung der Industriellen und Gewerbtreibenden des Inlandes
beziehen werde, daraus hin, und auch der gegenwärtige Finanzminister sprach
bereits im Abgeordnetenhaus" von einer bevorstehenden Reform aller Zweige
der Staatsverwaltung.

Wichtiger jedoch und nicht vollständig durch etwas Anderes zu ersetzen
ist die Fortisicationsbranche. Leider aber war auch hier zahlreichen und be¬
deutenden Unterschleifen der Weg offen, und die bisherigen Leistungen standen
in keinem Verhältniß zu den von dem Staate verwendeten Summen. Dieser
Branche ist die Instandhaltung und Erbauung nicht nur der eigentlichen
Festungsbauten, sondern auch der Kasernen und aller für Militürzwecke be¬
stimmten Gebäude übertragen, und es besteht selbe aus dem Jngenieurcorps
und der Fortisicationsrechnungsbranche. Das Jngenieurcorps zerfällt wieder
in den Geniestab und die Genietruppen. Ersterer besteht aus Offizieren ver¬
schiedener Grade, von welchen die höhern als Chefs in den Festungen und
Landeshauptstädten fungiren und in der Leitung und Ueberwachung der vor-


Grenzboten III. 1861. 52

Ein anderer großer Nachtheil, der durch den Bezug der Montur aus den
Commissionen für den Staatsschatz erwächst, besteht in der oft bedeutenden
Entfernung der letzteren von den Standorten der Truppen, wodurch die Zu¬
führung der Monturen mit bedeutenden Auslagen verbunden und eine nicht
unbedeutende Anzahl streitfähiger Militärs dem eigentlichen Dienste entzogen
wird. Denn nicht selten pflegt es zu geschehen, daß die von den Regimentern
zur Abholung der neuen, oder auch nur zur Ablieferung der alten oder über¬
zähligen Monturen abgeschickten, gewöhnlich aus einem Offiziere, mehreren Unter¬
offizieren und Gemeinen bestehenden Detachements einige Wochen, ja selbst Mo¬
nate, unthätig zubringen müssen, ehe sie den Zweck ihrer Sendung erfüllen könne».
Und da bis vor Kurzem noch die Vorschrift bestand, daß ein von einem Trans¬
porte zurückkehrender Offizier, wenn er nicht wieder einen Transport führte, die
Reise aus eigenen Mitteln bestreiten mußte, so war es ganz gebräuchlich, daß die
zu einer derartigen Sendung Beorderten den Befehl auszuwirken trachteten.
,,so lange bei der betreffenden Monturscommission zu warten, bis sich eine
Retoursendung ergeben würde". Auch geschah es, daß die Truppen nicht von
der zunächst befindlichen, sondern oft von einer weit entfernten Monturscom¬
mission versorgt wurden. So bezogen z. B. die in Italien stationirten
Regimenter ihren Bedarf nicht aus Venedig oder Verona, sondern oft aus
Gratz oder Wien und mußten dahin selbst unbedeutender Sendungen wegen
eigene sogenannte „Fassungscvmmanden" absenden.

Vielleicht hat man die offenbaren Nachtheile dieser beiden Institute end¬
lich erkannt und will nun eine gründliche Reform beginnen. Wenigstens
deutet die von dem Kriegsminister Grafen Degenfeld jüngst in der Wiener
Handelskammer gemachte Mittheilung, daß die Armee künftig ihren Bedarf
durch directe Lieferung der Industriellen und Gewerbtreibenden des Inlandes
beziehen werde, daraus hin, und auch der gegenwärtige Finanzminister sprach
bereits im Abgeordnetenhaus« von einer bevorstehenden Reform aller Zweige
der Staatsverwaltung.

Wichtiger jedoch und nicht vollständig durch etwas Anderes zu ersetzen
ist die Fortisicationsbranche. Leider aber war auch hier zahlreichen und be¬
deutenden Unterschleifen der Weg offen, und die bisherigen Leistungen standen
in keinem Verhältniß zu den von dem Staate verwendeten Summen. Dieser
Branche ist die Instandhaltung und Erbauung nicht nur der eigentlichen
Festungsbauten, sondern auch der Kasernen und aller für Militürzwecke be¬
stimmten Gebäude übertragen, und es besteht selbe aus dem Jngenieurcorps
und der Fortisicationsrechnungsbranche. Das Jngenieurcorps zerfällt wieder
in den Geniestab und die Genietruppen. Ersterer besteht aus Offizieren ver¬
schiedener Grade, von welchen die höhern als Chefs in den Festungen und
Landeshauptstädten fungiren und in der Leitung und Ueberwachung der vor-


Grenzboten III. 1861. 52
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[0419] Ein anderer großer Nachtheil, der durch den Bezug der Montur aus den Commissionen für den Staatsschatz erwächst, besteht in der oft bedeutenden Entfernung der letzteren von den Standorten der Truppen, wodurch die Zu¬ führung der Monturen mit bedeutenden Auslagen verbunden und eine nicht unbedeutende Anzahl streitfähiger Militärs dem eigentlichen Dienste entzogen wird. Denn nicht selten pflegt es zu geschehen, daß die von den Regimentern zur Abholung der neuen, oder auch nur zur Ablieferung der alten oder über¬ zähligen Monturen abgeschickten, gewöhnlich aus einem Offiziere, mehreren Unter¬ offizieren und Gemeinen bestehenden Detachements einige Wochen, ja selbst Mo¬ nate, unthätig zubringen müssen, ehe sie den Zweck ihrer Sendung erfüllen könne». Und da bis vor Kurzem noch die Vorschrift bestand, daß ein von einem Trans¬ porte zurückkehrender Offizier, wenn er nicht wieder einen Transport führte, die Reise aus eigenen Mitteln bestreiten mußte, so war es ganz gebräuchlich, daß die zu einer derartigen Sendung Beorderten den Befehl auszuwirken trachteten. ,,so lange bei der betreffenden Monturscommission zu warten, bis sich eine Retoursendung ergeben würde". Auch geschah es, daß die Truppen nicht von der zunächst befindlichen, sondern oft von einer weit entfernten Monturscom¬ mission versorgt wurden. So bezogen z. B. die in Italien stationirten Regimenter ihren Bedarf nicht aus Venedig oder Verona, sondern oft aus Gratz oder Wien und mußten dahin selbst unbedeutender Sendungen wegen eigene sogenannte „Fassungscvmmanden" absenden. Vielleicht hat man die offenbaren Nachtheile dieser beiden Institute end¬ lich erkannt und will nun eine gründliche Reform beginnen. Wenigstens deutet die von dem Kriegsminister Grafen Degenfeld jüngst in der Wiener Handelskammer gemachte Mittheilung, daß die Armee künftig ihren Bedarf durch directe Lieferung der Industriellen und Gewerbtreibenden des Inlandes beziehen werde, daraus hin, und auch der gegenwärtige Finanzminister sprach bereits im Abgeordnetenhaus« von einer bevorstehenden Reform aller Zweige der Staatsverwaltung. Wichtiger jedoch und nicht vollständig durch etwas Anderes zu ersetzen ist die Fortisicationsbranche. Leider aber war auch hier zahlreichen und be¬ deutenden Unterschleifen der Weg offen, und die bisherigen Leistungen standen in keinem Verhältniß zu den von dem Staate verwendeten Summen. Dieser Branche ist die Instandhaltung und Erbauung nicht nur der eigentlichen Festungsbauten, sondern auch der Kasernen und aller für Militürzwecke be¬ stimmten Gebäude übertragen, und es besteht selbe aus dem Jngenieurcorps und der Fortisicationsrechnungsbranche. Das Jngenieurcorps zerfällt wieder in den Geniestab und die Genietruppen. Ersterer besteht aus Offizieren ver¬ schiedener Grade, von welchen die höhern als Chefs in den Festungen und Landeshauptstädten fungiren und in der Leitung und Ueberwachung der vor- Grenzboten III. 1861. 52

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/419>, abgerufen am 26.08.2024.