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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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sionen haben bekanntlich den Zweck, die Truppen mit Montur. Wäsche, und
allen Rüstungssorten fortwährend zu versehen und außerdem einen solchen
Norrath dieser Gegenstände bereit zu halten, daß bei einer bedeutenden Ver¬
mehrung der Armee die Ausrüstung ohne Anstand vor sich gehen kann. Schon
in früherer Zeit waren die bei diesen Anstalten vorkommenden Unterschleife
ebenfalls ein öffentliches Geheimniß; aber man ahnte theils nicht deren Größe,
theils tröstete man sich damit, daß die Monturscommissionen gleich den Ver-
Pflegsämtern ein nothwendiges Uebel, im Kriege durch nichts Anderes zu
ersetzen und die Unterschleife auch bei anderen Einrichtungen unvermeidlich
wären.

Indessen bewiesen schon die Feldzüge 1848 und 1849, wie wenig die
Monturscommissionen ungeachtet der seit 33 Jahren darauf verwendeten
Summen ihren Aufgaben gewachsen waren. Schon bei den ersten Truppen¬
vermehrungen wurden die Magazine vollständig geleert und bei der hieraus
ununterbrochen fortgesetzten Thätigkeit einer fast verdoppelten Arbeitskraft
mangelte es den meisten Truppen beständig an einem großen Theile ihrer
Ausrüstungsbedürfnisse; ja es geschah sogar, daß eine ganze östreichische Armee
(die Truppen des Ban Jellachich) fast barfuß, nur mit zerrissenen Bauernklei¬
dern bedeckt und Spagatschnüre statt des Riemenzeuges verwendend, in das
Feld rücken mußte. Wol muß man, um gerecht zu sein, auch berücksichtigen,
daß viele Magazine nicht benutzt werden konnten. So sielen die Depots in
Italien den Insurgenten und Sardiniern in die Hände, und jene in Ungarn
wurden auf Befehl der Regierung bei Errichtung der ersten Homo6dbataillone
geöffnet. Aber demungeachtet hätte man ausgiebigere Leistungen erwarten
können. Nach diesen Feldzügen wurden die Monturscommissionen einer Re¬
form unterworfen, doch war dieselbe leider nur scheinbar, indem fast nur das
Personal vermehrt wurde, die Leistungen jedoch abermals mit den Kosten nicht
im richtigen Verhältniß standen.

Die Vermehrung des Standes der östreichischen Truppen während des
orientalischen Krieges deckte die Schattenseiten dieses Verwaltungszweiges in
greller Weise auf, ohne jedoch ein anderes Resultat zu erzielen, als daß einige
Dutzend Offiziere aus die Festung wanderten. Das Institut selbst aber ließ
uralt nach wie vor umgeändert fortbestehen.

Alles jedoch, was man bisher auf diesem Gebiete erlebt hatte, wurde
von den Ereignissen des Jahres 1859 vollkommen in Vergessenheit gebracht.
Nicht nur zeigte es sich gleich im Anfange, daß die Commissionen vollkommen
unausreichend waren, indem man gezwungen war, jene Artikel, welche der
Vorschrift nach in bereits fertigen Zustande hätten vorräthig sein sollen, erst
aus neu angekauften Stoffen von Gewerbsleuten des Civilstandes erzeugen
in lassen; sondern es wurden zugleich Unterschleife von solcher Größe verübt,


sionen haben bekanntlich den Zweck, die Truppen mit Montur. Wäsche, und
allen Rüstungssorten fortwährend zu versehen und außerdem einen solchen
Norrath dieser Gegenstände bereit zu halten, daß bei einer bedeutenden Ver¬
mehrung der Armee die Ausrüstung ohne Anstand vor sich gehen kann. Schon
in früherer Zeit waren die bei diesen Anstalten vorkommenden Unterschleife
ebenfalls ein öffentliches Geheimniß; aber man ahnte theils nicht deren Größe,
theils tröstete man sich damit, daß die Monturscommissionen gleich den Ver-
Pflegsämtern ein nothwendiges Uebel, im Kriege durch nichts Anderes zu
ersetzen und die Unterschleife auch bei anderen Einrichtungen unvermeidlich
wären.

Indessen bewiesen schon die Feldzüge 1848 und 1849, wie wenig die
Monturscommissionen ungeachtet der seit 33 Jahren darauf verwendeten
Summen ihren Aufgaben gewachsen waren. Schon bei den ersten Truppen¬
vermehrungen wurden die Magazine vollständig geleert und bei der hieraus
ununterbrochen fortgesetzten Thätigkeit einer fast verdoppelten Arbeitskraft
mangelte es den meisten Truppen beständig an einem großen Theile ihrer
Ausrüstungsbedürfnisse; ja es geschah sogar, daß eine ganze östreichische Armee
(die Truppen des Ban Jellachich) fast barfuß, nur mit zerrissenen Bauernklei¬
dern bedeckt und Spagatschnüre statt des Riemenzeuges verwendend, in das
Feld rücken mußte. Wol muß man, um gerecht zu sein, auch berücksichtigen,
daß viele Magazine nicht benutzt werden konnten. So sielen die Depots in
Italien den Insurgenten und Sardiniern in die Hände, und jene in Ungarn
wurden auf Befehl der Regierung bei Errichtung der ersten Homo6dbataillone
geöffnet. Aber demungeachtet hätte man ausgiebigere Leistungen erwarten
können. Nach diesen Feldzügen wurden die Monturscommissionen einer Re¬
form unterworfen, doch war dieselbe leider nur scheinbar, indem fast nur das
Personal vermehrt wurde, die Leistungen jedoch abermals mit den Kosten nicht
im richtigen Verhältniß standen.

Die Vermehrung des Standes der östreichischen Truppen während des
orientalischen Krieges deckte die Schattenseiten dieses Verwaltungszweiges in
greller Weise auf, ohne jedoch ein anderes Resultat zu erzielen, als daß einige
Dutzend Offiziere aus die Festung wanderten. Das Institut selbst aber ließ
uralt nach wie vor umgeändert fortbestehen.

Alles jedoch, was man bisher auf diesem Gebiete erlebt hatte, wurde
von den Ereignissen des Jahres 1859 vollkommen in Vergessenheit gebracht.
Nicht nur zeigte es sich gleich im Anfange, daß die Commissionen vollkommen
unausreichend waren, indem man gezwungen war, jene Artikel, welche der
Vorschrift nach in bereits fertigen Zustande hätten vorräthig sein sollen, erst
aus neu angekauften Stoffen von Gewerbsleuten des Civilstandes erzeugen
in lassen; sondern es wurden zugleich Unterschleife von solcher Größe verübt,


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[0417] sionen haben bekanntlich den Zweck, die Truppen mit Montur. Wäsche, und allen Rüstungssorten fortwährend zu versehen und außerdem einen solchen Norrath dieser Gegenstände bereit zu halten, daß bei einer bedeutenden Ver¬ mehrung der Armee die Ausrüstung ohne Anstand vor sich gehen kann. Schon in früherer Zeit waren die bei diesen Anstalten vorkommenden Unterschleife ebenfalls ein öffentliches Geheimniß; aber man ahnte theils nicht deren Größe, theils tröstete man sich damit, daß die Monturscommissionen gleich den Ver- Pflegsämtern ein nothwendiges Uebel, im Kriege durch nichts Anderes zu ersetzen und die Unterschleife auch bei anderen Einrichtungen unvermeidlich wären. Indessen bewiesen schon die Feldzüge 1848 und 1849, wie wenig die Monturscommissionen ungeachtet der seit 33 Jahren darauf verwendeten Summen ihren Aufgaben gewachsen waren. Schon bei den ersten Truppen¬ vermehrungen wurden die Magazine vollständig geleert und bei der hieraus ununterbrochen fortgesetzten Thätigkeit einer fast verdoppelten Arbeitskraft mangelte es den meisten Truppen beständig an einem großen Theile ihrer Ausrüstungsbedürfnisse; ja es geschah sogar, daß eine ganze östreichische Armee (die Truppen des Ban Jellachich) fast barfuß, nur mit zerrissenen Bauernklei¬ dern bedeckt und Spagatschnüre statt des Riemenzeuges verwendend, in das Feld rücken mußte. Wol muß man, um gerecht zu sein, auch berücksichtigen, daß viele Magazine nicht benutzt werden konnten. So sielen die Depots in Italien den Insurgenten und Sardiniern in die Hände, und jene in Ungarn wurden auf Befehl der Regierung bei Errichtung der ersten Homo6dbataillone geöffnet. Aber demungeachtet hätte man ausgiebigere Leistungen erwarten können. Nach diesen Feldzügen wurden die Monturscommissionen einer Re¬ form unterworfen, doch war dieselbe leider nur scheinbar, indem fast nur das Personal vermehrt wurde, die Leistungen jedoch abermals mit den Kosten nicht im richtigen Verhältniß standen. Die Vermehrung des Standes der östreichischen Truppen während des orientalischen Krieges deckte die Schattenseiten dieses Verwaltungszweiges in greller Weise auf, ohne jedoch ein anderes Resultat zu erzielen, als daß einige Dutzend Offiziere aus die Festung wanderten. Das Institut selbst aber ließ uralt nach wie vor umgeändert fortbestehen. Alles jedoch, was man bisher auf diesem Gebiete erlebt hatte, wurde von den Ereignissen des Jahres 1859 vollkommen in Vergessenheit gebracht. Nicht nur zeigte es sich gleich im Anfange, daß die Commissionen vollkommen unausreichend waren, indem man gezwungen war, jene Artikel, welche der Vorschrift nach in bereits fertigen Zustande hätten vorräthig sein sollen, erst aus neu angekauften Stoffen von Gewerbsleuten des Civilstandes erzeugen in lassen; sondern es wurden zugleich Unterschleife von solcher Größe verübt,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/417>, abgerufen am 26.08.2024.