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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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battanten werden nicht nur durch das Geräth und Personal der .Verpflegs.
brauche ungeheuer vermehrt, sondern auch den Truppen selbst eine nicht un¬
bedeutende Anzahl von Individuen entzogen, dabei auch die Schreibgeschäfte
der'Militärkanzleien um Nichts vermindert, indem jede Brigade, jedes Regi¬
ment und jedes Bataillon ihre eigenen Proviantoffiziere und diese wieder
mehrere dem Truppenstande entnommene Schreiber haben und gewöhnlich bei
nur etwas vermehrtem Geschäftsdrange mehrere Unteroffiziere und Soldaten
zur Unterstützung der Verpflegsämter abcommandirt werden müssen. Endlich
aber ist bei einem in Feindesland geführten Kriege, wo fast ausschließlich das
Nequisitionssystcm angewendet wird, die Verpflegsbranche vollkommen ent¬
behrlich. Die Zahl der bei diesem Zweige der Heeresverwaltung Angestellten
beträgt weit über 2000. worunter mindestens 500 Beamte, von denen die nie¬
dern einen Jahrgehalt von 500 Gulden beziehen, die höhern aber mit 2000
Gulden und darüber besoldet werden. Rechnet man hierzu noch die Kanzlei¬
spesen, die Kosten der bei den Beamten dieser Branche häusig vorkommenden
Versetzungen in andere Garnisonen, Diäten und Zulagen, Penstonen und end¬
lich den Miethzins und die Unterhaltungskosten der gemietheten und eigenen
Betriebsgebäude, so wird die Summe, um welche der Staatsschatz -- (alle
zufälligen Verluste und alle Veruntreuungen ausgeschlossen) --- jährlich nutzlos
belastet wird, auf wenigstens 5--e Millionen beziffert werden müssen. Die
im Budget für die Ausgaben des Verpflegswesens ausgeworfene Summe ist
freilich minder hoch, weil mehrere der vorerwähnten Auslagen unter andern
Rubriken ausgeführt werden.

Bei der Erzeugung der verschiedenen Verpflegsartikel wurde bisher ganz
handwerksmäßig vorgegangen, und erst in neuester Zeit fängt man an, den
Fortschritten der technischen Wissenschaften hin und wieder einige Rechnung zu
tragen, obgleich man auch da, wie z. B. bei der Erzeugung des compnmirtcn
Kaffees, gewöhnlich die Sache von Anfang an ungeschickt anfängt und unter'
Beiseitelegung des wahrhaft Praktischen das Geld auf müßige und chimärische
Projecte wegwirft.

Die Entbehrlichkeit der Verpflegsämter hat man übrigens selbst schon
dadurch dargethan, daß man sich in vielen Orten und bei vielen Artikeln
nicht auf die Resultate der Regie verließ, sondern nebenbei die Thätigkeit
der Privatgewerbe und die directe Lieferung, sowie das Subarrendatorenfystem
in Anspruch nahm.

Fast dieselben Verhältnisse walten bei den Monturscommissionen ob, ja
es stehen dieselben in vielleicht noch üblerem Rufe als die Verpflegsbranche,
nachdem die in den Jahren 1853 und 1854, noch mehr aber 1859 und 1860
in Gratz, Ofen. Stockerau u. a. O. aufgedeckten Unterschleife die allgemeine
Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand gelenkt haben. Die Monturscornmis'


battanten werden nicht nur durch das Geräth und Personal der .Verpflegs.
brauche ungeheuer vermehrt, sondern auch den Truppen selbst eine nicht un¬
bedeutende Anzahl von Individuen entzogen, dabei auch die Schreibgeschäfte
der'Militärkanzleien um Nichts vermindert, indem jede Brigade, jedes Regi¬
ment und jedes Bataillon ihre eigenen Proviantoffiziere und diese wieder
mehrere dem Truppenstande entnommene Schreiber haben und gewöhnlich bei
nur etwas vermehrtem Geschäftsdrange mehrere Unteroffiziere und Soldaten
zur Unterstützung der Verpflegsämter abcommandirt werden müssen. Endlich
aber ist bei einem in Feindesland geführten Kriege, wo fast ausschließlich das
Nequisitionssystcm angewendet wird, die Verpflegsbranche vollkommen ent¬
behrlich. Die Zahl der bei diesem Zweige der Heeresverwaltung Angestellten
beträgt weit über 2000. worunter mindestens 500 Beamte, von denen die nie¬
dern einen Jahrgehalt von 500 Gulden beziehen, die höhern aber mit 2000
Gulden und darüber besoldet werden. Rechnet man hierzu noch die Kanzlei¬
spesen, die Kosten der bei den Beamten dieser Branche häusig vorkommenden
Versetzungen in andere Garnisonen, Diäten und Zulagen, Penstonen und end¬
lich den Miethzins und die Unterhaltungskosten der gemietheten und eigenen
Betriebsgebäude, so wird die Summe, um welche der Staatsschatz — (alle
zufälligen Verluste und alle Veruntreuungen ausgeschlossen) —- jährlich nutzlos
belastet wird, auf wenigstens 5—e Millionen beziffert werden müssen. Die
im Budget für die Ausgaben des Verpflegswesens ausgeworfene Summe ist
freilich minder hoch, weil mehrere der vorerwähnten Auslagen unter andern
Rubriken ausgeführt werden.

Bei der Erzeugung der verschiedenen Verpflegsartikel wurde bisher ganz
handwerksmäßig vorgegangen, und erst in neuester Zeit fängt man an, den
Fortschritten der technischen Wissenschaften hin und wieder einige Rechnung zu
tragen, obgleich man auch da, wie z. B. bei der Erzeugung des compnmirtcn
Kaffees, gewöhnlich die Sache von Anfang an ungeschickt anfängt und unter'
Beiseitelegung des wahrhaft Praktischen das Geld auf müßige und chimärische
Projecte wegwirft.

Die Entbehrlichkeit der Verpflegsämter hat man übrigens selbst schon
dadurch dargethan, daß man sich in vielen Orten und bei vielen Artikeln
nicht auf die Resultate der Regie verließ, sondern nebenbei die Thätigkeit
der Privatgewerbe und die directe Lieferung, sowie das Subarrendatorenfystem
in Anspruch nahm.

Fast dieselben Verhältnisse walten bei den Monturscommissionen ob, ja
es stehen dieselben in vielleicht noch üblerem Rufe als die Verpflegsbranche,
nachdem die in den Jahren 1853 und 1854, noch mehr aber 1859 und 1860
in Gratz, Ofen. Stockerau u. a. O. aufgedeckten Unterschleife die allgemeine
Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand gelenkt haben. Die Monturscornmis'


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[0416] battanten werden nicht nur durch das Geräth und Personal der .Verpflegs. brauche ungeheuer vermehrt, sondern auch den Truppen selbst eine nicht un¬ bedeutende Anzahl von Individuen entzogen, dabei auch die Schreibgeschäfte der'Militärkanzleien um Nichts vermindert, indem jede Brigade, jedes Regi¬ ment und jedes Bataillon ihre eigenen Proviantoffiziere und diese wieder mehrere dem Truppenstande entnommene Schreiber haben und gewöhnlich bei nur etwas vermehrtem Geschäftsdrange mehrere Unteroffiziere und Soldaten zur Unterstützung der Verpflegsämter abcommandirt werden müssen. Endlich aber ist bei einem in Feindesland geführten Kriege, wo fast ausschließlich das Nequisitionssystcm angewendet wird, die Verpflegsbranche vollkommen ent¬ behrlich. Die Zahl der bei diesem Zweige der Heeresverwaltung Angestellten beträgt weit über 2000. worunter mindestens 500 Beamte, von denen die nie¬ dern einen Jahrgehalt von 500 Gulden beziehen, die höhern aber mit 2000 Gulden und darüber besoldet werden. Rechnet man hierzu noch die Kanzlei¬ spesen, die Kosten der bei den Beamten dieser Branche häusig vorkommenden Versetzungen in andere Garnisonen, Diäten und Zulagen, Penstonen und end¬ lich den Miethzins und die Unterhaltungskosten der gemietheten und eigenen Betriebsgebäude, so wird die Summe, um welche der Staatsschatz — (alle zufälligen Verluste und alle Veruntreuungen ausgeschlossen) —- jährlich nutzlos belastet wird, auf wenigstens 5—e Millionen beziffert werden müssen. Die im Budget für die Ausgaben des Verpflegswesens ausgeworfene Summe ist freilich minder hoch, weil mehrere der vorerwähnten Auslagen unter andern Rubriken ausgeführt werden. Bei der Erzeugung der verschiedenen Verpflegsartikel wurde bisher ganz handwerksmäßig vorgegangen, und erst in neuester Zeit fängt man an, den Fortschritten der technischen Wissenschaften hin und wieder einige Rechnung zu tragen, obgleich man auch da, wie z. B. bei der Erzeugung des compnmirtcn Kaffees, gewöhnlich die Sache von Anfang an ungeschickt anfängt und unter' Beiseitelegung des wahrhaft Praktischen das Geld auf müßige und chimärische Projecte wegwirft. Die Entbehrlichkeit der Verpflegsämter hat man übrigens selbst schon dadurch dargethan, daß man sich in vielen Orten und bei vielen Artikeln nicht auf die Resultate der Regie verließ, sondern nebenbei die Thätigkeit der Privatgewerbe und die directe Lieferung, sowie das Subarrendatorenfystem in Anspruch nahm. Fast dieselben Verhältnisse walten bei den Monturscommissionen ob, ja es stehen dieselben in vielleicht noch üblerem Rufe als die Verpflegsbranche, nachdem die in den Jahren 1853 und 1854, noch mehr aber 1859 und 1860 in Gratz, Ofen. Stockerau u. a. O. aufgedeckten Unterschleife die allgemeine Aufmerksamkeit auf diesen Gegenstand gelenkt haben. Die Monturscornmis'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/416>, abgerufen am 23.12.2024.