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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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nur. Der indische Aufstand lähmte eine Zeit lang die englischen Maßregeln;
erst im December 1857 können sie kräftig auftreten und zwar mit französischer
Mitwirkung.*) Von nun an aber geht es um so rascher: Canton wird erobert**)
Ich gefangen, eine einheimische Regierung unter der Aufsicht der Westmächte
in der Stadt eingesetzt (was, beiläufig gesagt, Neumann für ein schweres Ver¬
sehen erklärt: solch eine Unkenntnis orientalischer Denkweise sei bei Männern
welthistorischer Stellung kaum verzeihlich) und auf dem Pedo bis Tientsin
vorgedrungen, wo im Juni 1858 der Friede zu Stande kommt. Wie auf
diesen zweiten englisch-chinesischen Krieg der dritte folgte durch die Weigerung
der Engländer und Franzosen, die Auswechslung der ratisicirten Verträge an
dem von den Chinesen verlangten Orte vorzunehmen, wie die von jenen 1859
am Pedo erlittene Schlappe die Ausrüstung noch beträchtlicherer Streitkräfte
nothwendig machte, mittelst welcher die Alliirten nach Peking selbst gelangten
und hier den Frieden dictirten, Oct. 1860, ist uns Allen noch so gut in der
Erinnerung, daß es überflüssig ist, hier noch ausführlicher zu sein.***)

Zwischen dem ganzen Wesen der Europäer und der Chinesen ist eine
solche ungeheure Kluft, daß eine Verständigung so gut als unmöglich erscheint.
"Das Chinesische ist die Sprache der Herrschaft und des Hochmuths, und zu¬
gleich der Knechtschaft und des unbedingten Gehorsams: man fand es bei der
Uebersetzung der englischen Staatsschriften vor dem Frieden von Nanking in
einzelnen Füllen ganz unmöglich, die Formeln des europäischen Staatsrechts,
die Begriffe von Gleichheit und Gesetz in die Sprache des Jao und Schum
zu übertragen" <p. 76 f.). In einem offiziellen Document urtheilt der Chinese
Kijing über die Ausländer: Die Gefräßigkeit und Habsucht der Fremden stän¬
den auf gleicher Stufe mit ihren Ausschweifungen und ihrem Unverstand.
Durch Schmeicheleien kann man sie leicht berücken (p. 300). Vom Krieg
der Westmächte gegen Rußland wollen sie wissen: Die Engländer Hütten in
der letzten Zeit gar viel verloren; die Russen hätten sie tüchtig durchgeschlagn
und ihnen viel Geld abgenommen; jetzt wollten sie sich bei den Chinesen
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') Der französische Missionär Chapdclaine war 1S56 ermordet worden, und als Frankreich
Genugthuung verlangte, gab die Kreisregierung in Canton zur Antwort: mit Frankreich habe
man keine Irrungen; wäre auch ein französischer Sendbote ermordet worden, so möchte ihn
bloß die gerechte Strafe getroffen haben; solche Leute pflegten, wie bekannt, viele Mädchc"
und Frauen zu verführen. .
") Der amtliche chinesische Bericht über die Einahmc i>, 303.
Der amerikanische Gesandte John Ward ging, den Chinesen nachgebend, nach Petang,
von da wurde er auf seinen Wunsch nach Peking geführt, wo man die ratisicirten Beitrage
austauschte. Zu einer Audienz kam es allerdings nicht, weil er die herkömmlichen neun Ver¬
beugungen verweigerte. Präsident Buchanan ließ den Chinesen in einer Votschaft an de>
Congreß alle Gerechtigkeit widerfahren, daß sie freundlich und.ehrenhaft sich benommen
alle Vertragsbestimmungen erfüllt hätten. -- Die japanische Gesandtschaft in die Vereinigte
Staaten ist ganz ausführlich erzählt Cap. 36.

nur. Der indische Aufstand lähmte eine Zeit lang die englischen Maßregeln;
erst im December 1857 können sie kräftig auftreten und zwar mit französischer
Mitwirkung.*) Von nun an aber geht es um so rascher: Canton wird erobert**)
Ich gefangen, eine einheimische Regierung unter der Aufsicht der Westmächte
in der Stadt eingesetzt (was, beiläufig gesagt, Neumann für ein schweres Ver¬
sehen erklärt: solch eine Unkenntnis orientalischer Denkweise sei bei Männern
welthistorischer Stellung kaum verzeihlich) und auf dem Pedo bis Tientsin
vorgedrungen, wo im Juni 1858 der Friede zu Stande kommt. Wie auf
diesen zweiten englisch-chinesischen Krieg der dritte folgte durch die Weigerung
der Engländer und Franzosen, die Auswechslung der ratisicirten Verträge an
dem von den Chinesen verlangten Orte vorzunehmen, wie die von jenen 1859
am Pedo erlittene Schlappe die Ausrüstung noch beträchtlicherer Streitkräfte
nothwendig machte, mittelst welcher die Alliirten nach Peking selbst gelangten
und hier den Frieden dictirten, Oct. 1860, ist uns Allen noch so gut in der
Erinnerung, daß es überflüssig ist, hier noch ausführlicher zu sein.***)

Zwischen dem ganzen Wesen der Europäer und der Chinesen ist eine
solche ungeheure Kluft, daß eine Verständigung so gut als unmöglich erscheint.
„Das Chinesische ist die Sprache der Herrschaft und des Hochmuths, und zu¬
gleich der Knechtschaft und des unbedingten Gehorsams: man fand es bei der
Uebersetzung der englischen Staatsschriften vor dem Frieden von Nanking in
einzelnen Füllen ganz unmöglich, die Formeln des europäischen Staatsrechts,
die Begriffe von Gleichheit und Gesetz in die Sprache des Jao und Schum
zu übertragen" <p. 76 f.). In einem offiziellen Document urtheilt der Chinese
Kijing über die Ausländer: Die Gefräßigkeit und Habsucht der Fremden stän¬
den auf gleicher Stufe mit ihren Ausschweifungen und ihrem Unverstand.
Durch Schmeicheleien kann man sie leicht berücken (p. 300). Vom Krieg
der Westmächte gegen Rußland wollen sie wissen: Die Engländer Hütten in
der letzten Zeit gar viel verloren; die Russen hätten sie tüchtig durchgeschlagn
und ihnen viel Geld abgenommen; jetzt wollten sie sich bei den Chinesen
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') Der französische Missionär Chapdclaine war 1S56 ermordet worden, und als Frankreich
Genugthuung verlangte, gab die Kreisregierung in Canton zur Antwort: mit Frankreich habe
man keine Irrungen; wäre auch ein französischer Sendbote ermordet worden, so möchte ihn
bloß die gerechte Strafe getroffen haben; solche Leute pflegten, wie bekannt, viele Mädchc»
und Frauen zu verführen. .
") Der amtliche chinesische Bericht über die Einahmc i>, 303.
Der amerikanische Gesandte John Ward ging, den Chinesen nachgebend, nach Petang,
von da wurde er auf seinen Wunsch nach Peking geführt, wo man die ratisicirten Beitrage
austauschte. Zu einer Audienz kam es allerdings nicht, weil er die herkömmlichen neun Ver¬
beugungen verweigerte. Präsident Buchanan ließ den Chinesen in einer Votschaft an de>
Congreß alle Gerechtigkeit widerfahren, daß sie freundlich und.ehrenhaft sich benommen
alle Vertragsbestimmungen erfüllt hätten. — Die japanische Gesandtschaft in die Vereinigte
Staaten ist ganz ausführlich erzählt Cap. 36.
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[0346] nur. Der indische Aufstand lähmte eine Zeit lang die englischen Maßregeln; erst im December 1857 können sie kräftig auftreten und zwar mit französischer Mitwirkung.*) Von nun an aber geht es um so rascher: Canton wird erobert**) Ich gefangen, eine einheimische Regierung unter der Aufsicht der Westmächte in der Stadt eingesetzt (was, beiläufig gesagt, Neumann für ein schweres Ver¬ sehen erklärt: solch eine Unkenntnis orientalischer Denkweise sei bei Männern welthistorischer Stellung kaum verzeihlich) und auf dem Pedo bis Tientsin vorgedrungen, wo im Juni 1858 der Friede zu Stande kommt. Wie auf diesen zweiten englisch-chinesischen Krieg der dritte folgte durch die Weigerung der Engländer und Franzosen, die Auswechslung der ratisicirten Verträge an dem von den Chinesen verlangten Orte vorzunehmen, wie die von jenen 1859 am Pedo erlittene Schlappe die Ausrüstung noch beträchtlicherer Streitkräfte nothwendig machte, mittelst welcher die Alliirten nach Peking selbst gelangten und hier den Frieden dictirten, Oct. 1860, ist uns Allen noch so gut in der Erinnerung, daß es überflüssig ist, hier noch ausführlicher zu sein.***) Zwischen dem ganzen Wesen der Europäer und der Chinesen ist eine solche ungeheure Kluft, daß eine Verständigung so gut als unmöglich erscheint. „Das Chinesische ist die Sprache der Herrschaft und des Hochmuths, und zu¬ gleich der Knechtschaft und des unbedingten Gehorsams: man fand es bei der Uebersetzung der englischen Staatsschriften vor dem Frieden von Nanking in einzelnen Füllen ganz unmöglich, die Formeln des europäischen Staatsrechts, die Begriffe von Gleichheit und Gesetz in die Sprache des Jao und Schum zu übertragen" <p. 76 f.). In einem offiziellen Document urtheilt der Chinese Kijing über die Ausländer: Die Gefräßigkeit und Habsucht der Fremden stän¬ den auf gleicher Stufe mit ihren Ausschweifungen und ihrem Unverstand. Durch Schmeicheleien kann man sie leicht berücken (p. 300). Vom Krieg der Westmächte gegen Rußland wollen sie wissen: Die Engländer Hütten in der letzten Zeit gar viel verloren; die Russen hätten sie tüchtig durchgeschlagn und ihnen viel Geld abgenommen; jetzt wollten sie sich bei den Chinesen .^jM'-dei ,..>l>7is> »chWmch s6,i''ik',ii asis,lit,l»hö »z-j rout »»«1 ') Der französische Missionär Chapdclaine war 1S56 ermordet worden, und als Frankreich Genugthuung verlangte, gab die Kreisregierung in Canton zur Antwort: mit Frankreich habe man keine Irrungen; wäre auch ein französischer Sendbote ermordet worden, so möchte ihn bloß die gerechte Strafe getroffen haben; solche Leute pflegten, wie bekannt, viele Mädchc» und Frauen zu verführen. . ") Der amtliche chinesische Bericht über die Einahmc i>, 303. Der amerikanische Gesandte John Ward ging, den Chinesen nachgebend, nach Petang, von da wurde er auf seinen Wunsch nach Peking geführt, wo man die ratisicirten Beitrage austauschte. Zu einer Audienz kam es allerdings nicht, weil er die herkömmlichen neun Ver¬ beugungen verweigerte. Präsident Buchanan ließ den Chinesen in einer Votschaft an de> Congreß alle Gerechtigkeit widerfahren, daß sie freundlich und.ehrenhaft sich benommen alle Vertragsbestimmungen erfüllt hätten. — Die japanische Gesandtschaft in die Vereinigte Staaten ist ganz ausführlich erzählt Cap. 36.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/346>, abgerufen am 23.12.2024.