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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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keit übrig. Da indessen diese Küsten jeder beweglichen Vertheidigung gänzlich
ermangeln, und es daher ihnen gegenüber nicht auf die Kampffähigkeit,
sondern bloß auf die Seetüchtigkeit der Schiffe ankommt, so kann Dünemark
ohne alle Gefahr jene Segelschiffe, die schon über 30 Jahre alt sind, für die¬
sen Zweck verwenden -- also 2 Linienschiffe. 4 Fregatten, 1 Korvette und 2
Briggs. Diese Schiffe werden ausreichen, um Rostock, Wismar und Lübeck,
sowie die Elbe, Weser und Jahde. und etwa "och Emden zu blockiren. Sollte
Dänemark den einen oder anderen dieser Häfen aufgeben oder Hanbels-
dampfer mit einer oder zwei Kanonen bewaffnen, so würde es zugleich im
Stande sein, in der Nordsee auf diejenigen deutschen Handclsfahrzeuge, die
sich nicht in sichere Häfen gerettet haben. Jagd zu machen. Indeß wird dies
nur im Anfang des Kriegs d. h. zu einer Zeit, wo ein Theil der aus ent¬
fernten Welttheilen zurückkehrenden Handelsfahrzeuge noch nicht von dem Aus-
brüche des Kriegs unterrichtet ist, von Interesse sein. Denn es versteht sich
von selbst, daß jedes deutsche Handelsschiff, wenn es den Ausbruch des
Krieges erführe, sich in den ersten besten Hasen zu retten sucht.

Der Umstand, daß Dünemark im Wesentlichen nur mit Segelschiffen die
Blockade der Nordsee und der mecklenburgischen Häfen ausüben kann, gibt diesen
Küsten das Mittel in die Hand, jede Blockade zu verhindern. Dieses Mittel
sind Schraubentanonenboote. Das Folgende wird zur Charakterisirung der
Wirksamkeit derselben genügen.

Schon zu jener Zeit, als es noch keine Dampfschiffe gab, wendete man
gegen die damals der Natur der Sache nach nur aus Segelschiffen bestehen¬
den Biockadegeschwader Fahrzeuge an, welche vom Winde nicht abhängig wa¬
ren, die Ruderkanonenboote. Dieselben sind mit einer oder zwei schweren
Kanonen, die sie am Vorder- oder Hintertheil führen, bewaffnet.

D>e Kriegsgeschichte fast aller seefahrenden Nationen weist glänzende Bei¬
spiele von Siegen aus, die von einigen Ruderbooten gegen große Kriegsschiffe
davongetragen wurden.

Die Voraussetzung eines an sich so ungleichen Kampfes zwischen 6 bis
10 Ruderbooten und einem Linienschiff ober einigen Fregatten und Corvetten
ist, daß das Segelschiff in Folge von Windstille oder sehr schwachen Windes die
Freiheit der Bewegung verliert. Die in ihrer Bewegung vom Winde unab¬
hängigen Boote legen sich dann entweder vor den Spiegel (Hintertheil) oder
Bug (Vordertheil) des großen Schiffes und eröffnen ihr Feuer auf dasselbe.
Die Stärke jedes Schiffes sind seine Seiten. Der Spiegel trügt regelmäßig
gar keine Geschütze, der Bug höchstens zwei. Indessen kann man in Nothfällen
für's Gefecht einige Geschütze auf dem Spiegel anbringen. Das Feuer der angrei¬
fenden Ruderboote bleibt aber, wenn ihrer auch nur etwa 6 bis 10 sind, immer
überlegen. Denn es sind von ihrer Seite mehr Geschütze auf einen Punkt


keit übrig. Da indessen diese Küsten jeder beweglichen Vertheidigung gänzlich
ermangeln, und es daher ihnen gegenüber nicht auf die Kampffähigkeit,
sondern bloß auf die Seetüchtigkeit der Schiffe ankommt, so kann Dünemark
ohne alle Gefahr jene Segelschiffe, die schon über 30 Jahre alt sind, für die¬
sen Zweck verwenden — also 2 Linienschiffe. 4 Fregatten, 1 Korvette und 2
Briggs. Diese Schiffe werden ausreichen, um Rostock, Wismar und Lübeck,
sowie die Elbe, Weser und Jahde. und etwa »och Emden zu blockiren. Sollte
Dänemark den einen oder anderen dieser Häfen aufgeben oder Hanbels-
dampfer mit einer oder zwei Kanonen bewaffnen, so würde es zugleich im
Stande sein, in der Nordsee auf diejenigen deutschen Handclsfahrzeuge, die
sich nicht in sichere Häfen gerettet haben. Jagd zu machen. Indeß wird dies
nur im Anfang des Kriegs d. h. zu einer Zeit, wo ein Theil der aus ent¬
fernten Welttheilen zurückkehrenden Handelsfahrzeuge noch nicht von dem Aus-
brüche des Kriegs unterrichtet ist, von Interesse sein. Denn es versteht sich
von selbst, daß jedes deutsche Handelsschiff, wenn es den Ausbruch des
Krieges erführe, sich in den ersten besten Hasen zu retten sucht.

Der Umstand, daß Dünemark im Wesentlichen nur mit Segelschiffen die
Blockade der Nordsee und der mecklenburgischen Häfen ausüben kann, gibt diesen
Küsten das Mittel in die Hand, jede Blockade zu verhindern. Dieses Mittel
sind Schraubentanonenboote. Das Folgende wird zur Charakterisirung der
Wirksamkeit derselben genügen.

Schon zu jener Zeit, als es noch keine Dampfschiffe gab, wendete man
gegen die damals der Natur der Sache nach nur aus Segelschiffen bestehen¬
den Biockadegeschwader Fahrzeuge an, welche vom Winde nicht abhängig wa¬
ren, die Ruderkanonenboote. Dieselben sind mit einer oder zwei schweren
Kanonen, die sie am Vorder- oder Hintertheil führen, bewaffnet.

D>e Kriegsgeschichte fast aller seefahrenden Nationen weist glänzende Bei¬
spiele von Siegen aus, die von einigen Ruderbooten gegen große Kriegsschiffe
davongetragen wurden.

Die Voraussetzung eines an sich so ungleichen Kampfes zwischen 6 bis
10 Ruderbooten und einem Linienschiff ober einigen Fregatten und Corvetten
ist, daß das Segelschiff in Folge von Windstille oder sehr schwachen Windes die
Freiheit der Bewegung verliert. Die in ihrer Bewegung vom Winde unab¬
hängigen Boote legen sich dann entweder vor den Spiegel (Hintertheil) oder
Bug (Vordertheil) des großen Schiffes und eröffnen ihr Feuer auf dasselbe.
Die Stärke jedes Schiffes sind seine Seiten. Der Spiegel trügt regelmäßig
gar keine Geschütze, der Bug höchstens zwei. Indessen kann man in Nothfällen
für's Gefecht einige Geschütze auf dem Spiegel anbringen. Das Feuer der angrei¬
fenden Ruderboote bleibt aber, wenn ihrer auch nur etwa 6 bis 10 sind, immer
überlegen. Denn es sind von ihrer Seite mehr Geschütze auf einen Punkt


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/32>, abgerufen am 22.07.2024.