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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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lebendigen Creatmen ihr Geist und Leben nach gemeiner Weise durch die
Elemente der Schöpfung, sondern von Gott aus seinem allerheiligsten Munde
ülbst; wie keiner andern Creatur geschehen ist, noch auch geschehen kann.
So wird sie anch jetzt noch allen Menschen un Multerlcive aus seinem Munde
emgeblajen und zwar durch das Mittel, welches sie von Gott aus der eng¬
lischen Welt empfängt, das Gemüth. welches durch den Dienst der Engel der
Flucht im Mutterleibe einverleibt wird.

Der Geist des Gemüths hat keinen freien Willen, noch viel weniger die
himmlische Seele; am allerwenigsten hat aber die Creatur den freien Willen
Bojes zu thun, weil ,le dann ja nicht eme Creatur Gottes, sondern des
Teufels wäre. Der rechte freie Wille erwählt auch nur, waS Gott will, und
hält sich frei vom Bösen. In diesem Sinne kann freilich Niemand freien
Willen haben als Gott allein; den" obgleich die Creatur aus Gott ist, >o ist
sie doch nicht Gott selbst und ihm gleich. Daher steht es auch der Creatur
in>l Nichten zu, frei und ungehindert zu thun, was sie will, sondern sie hat
em Gesetz, dem sie unterworsen ist, während Gott in seiner Welt kein Gesetz
hat und auch keins haben kann. "Darum ist dies die Freiheit des Gewissens,
da es Gott allein frei steht hineinzugehen und in demselben, als in seinem
Hnligthume, seinen Sabbath zu halten, und sonst durchaus Niemand, weder
dem Menschen selbst, noch einem Andern, noch auch der Sünde. Licht das
Wesen in dem Bilde und habt das Wesen in euch, und laßt uns das Bild
tragen mit Furcht und Zittern, daß uns der Versucher nicht hinterschleiche."
Wir sollen daher alle unsere Sinne Gott ergeben, daß er wirtlich Alles in uns ist;
denn es bestehet Alles meinem inwendigen Anschauen, in einem inwendigen Gehör
und in einem inwendigen Geist. Durch diesen Proceß werden wir heilig, gerecht
und fromm werden und bleiben und dermaleinst Gott schauen: denn Gott kann nur
Med einem solchen Auge gesehen werden, das da ist von seinem Auge, und geHort
werden von -einem Ohr. das da ist von seinem Ohre, und gefaßt werden von
unen Geiste, der da ist von seinem Geiste. -- Wer alles dieses besitzt, hat
Wahrheit ein recht frei Gewissen, da es frei ist von menschlicher Weisheit,
und da seine Erkenntniß und Weisheit die Gottes ist. Was er so weiß, ist
gewiß und von Gott erkannt. Daher ist es ja freilich ein böses, verkehrtes
Ding, daß sich eine jegliche Rotte. Secte und Partei rühmt, ein gutes Ge¬
isten zu haben, während in der That keine ist, die nur wüßte, was ein
gutes Gewissen ist. Und mögen sie auch schreien: hier ist des Herrn Tempel,
do' 'se Christus; wir sind katholisch, lutherisch, rcso.aire. und besser, als die
Andern -- es ist doch Alles menschlich, fleischlich und sectirisch; es sind lauter
^n. was diese Schriftgelehrten über sich selbst zeugen. Es gibt keine
°'"zige Secte. die Christum nach dem Geiste kennt. In den drei Haupt,enden
Christenheit, welche mit ihrem satirischen Christenthume die ganze Welt


Grenzboten III. 1861. ^

lebendigen Creatmen ihr Geist und Leben nach gemeiner Weise durch die
Elemente der Schöpfung, sondern von Gott aus seinem allerheiligsten Munde
ülbst; wie keiner andern Creatur geschehen ist, noch auch geschehen kann.
So wird sie anch jetzt noch allen Menschen un Multerlcive aus seinem Munde
emgeblajen und zwar durch das Mittel, welches sie von Gott aus der eng¬
lischen Welt empfängt, das Gemüth. welches durch den Dienst der Engel der
Flucht im Mutterleibe einverleibt wird.

Der Geist des Gemüths hat keinen freien Willen, noch viel weniger die
himmlische Seele; am allerwenigsten hat aber die Creatur den freien Willen
Bojes zu thun, weil ,le dann ja nicht eme Creatur Gottes, sondern des
Teufels wäre. Der rechte freie Wille erwählt auch nur, waS Gott will, und
hält sich frei vom Bösen. In diesem Sinne kann freilich Niemand freien
Willen haben als Gott allein; den» obgleich die Creatur aus Gott ist, >o ist
sie doch nicht Gott selbst und ihm gleich. Daher steht es auch der Creatur
in>l Nichten zu, frei und ungehindert zu thun, was sie will, sondern sie hat
em Gesetz, dem sie unterworsen ist, während Gott in seiner Welt kein Gesetz
hat und auch keins haben kann. „Darum ist dies die Freiheit des Gewissens,
da es Gott allein frei steht hineinzugehen und in demselben, als in seinem
Hnligthume, seinen Sabbath zu halten, und sonst durchaus Niemand, weder
dem Menschen selbst, noch einem Andern, noch auch der Sünde. Licht das
Wesen in dem Bilde und habt das Wesen in euch, und laßt uns das Bild
tragen mit Furcht und Zittern, daß uns der Versucher nicht hinterschleiche."
Wir sollen daher alle unsere Sinne Gott ergeben, daß er wirtlich Alles in uns ist;
denn es bestehet Alles meinem inwendigen Anschauen, in einem inwendigen Gehör
und in einem inwendigen Geist. Durch diesen Proceß werden wir heilig, gerecht
und fromm werden und bleiben und dermaleinst Gott schauen: denn Gott kann nur
Med einem solchen Auge gesehen werden, das da ist von seinem Auge, und geHort
werden von -einem Ohr. das da ist von seinem Ohre, und gefaßt werden von
unen Geiste, der da ist von seinem Geiste. — Wer alles dieses besitzt, hat
Wahrheit ein recht frei Gewissen, da es frei ist von menschlicher Weisheit,
und da seine Erkenntniß und Weisheit die Gottes ist. Was er so weiß, ist
gewiß und von Gott erkannt. Daher ist es ja freilich ein böses, verkehrtes
Ding, daß sich eine jegliche Rotte. Secte und Partei rühmt, ein gutes Ge¬
isten zu haben, während in der That keine ist, die nur wüßte, was ein
gutes Gewissen ist. Und mögen sie auch schreien: hier ist des Herrn Tempel,
do' 'se Christus; wir sind katholisch, lutherisch, rcso.aire. und besser, als die
Andern — es ist doch Alles menschlich, fleischlich und sectirisch; es sind lauter
^n. was diese Schriftgelehrten über sich selbst zeugen. Es gibt keine
°'"zige Secte. die Christum nach dem Geiste kennt. In den drei Haupt,enden
Christenheit, welche mit ihrem satirischen Christenthume die ganze Welt


Grenzboten III. 1861. ^
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[0299] lebendigen Creatmen ihr Geist und Leben nach gemeiner Weise durch die Elemente der Schöpfung, sondern von Gott aus seinem allerheiligsten Munde ülbst; wie keiner andern Creatur geschehen ist, noch auch geschehen kann. So wird sie anch jetzt noch allen Menschen un Multerlcive aus seinem Munde emgeblajen und zwar durch das Mittel, welches sie von Gott aus der eng¬ lischen Welt empfängt, das Gemüth. welches durch den Dienst der Engel der Flucht im Mutterleibe einverleibt wird. Der Geist des Gemüths hat keinen freien Willen, noch viel weniger die himmlische Seele; am allerwenigsten hat aber die Creatur den freien Willen Bojes zu thun, weil ,le dann ja nicht eme Creatur Gottes, sondern des Teufels wäre. Der rechte freie Wille erwählt auch nur, waS Gott will, und hält sich frei vom Bösen. In diesem Sinne kann freilich Niemand freien Willen haben als Gott allein; den» obgleich die Creatur aus Gott ist, >o ist sie doch nicht Gott selbst und ihm gleich. Daher steht es auch der Creatur in>l Nichten zu, frei und ungehindert zu thun, was sie will, sondern sie hat em Gesetz, dem sie unterworsen ist, während Gott in seiner Welt kein Gesetz hat und auch keins haben kann. „Darum ist dies die Freiheit des Gewissens, da es Gott allein frei steht hineinzugehen und in demselben, als in seinem Hnligthume, seinen Sabbath zu halten, und sonst durchaus Niemand, weder dem Menschen selbst, noch einem Andern, noch auch der Sünde. Licht das Wesen in dem Bilde und habt das Wesen in euch, und laßt uns das Bild tragen mit Furcht und Zittern, daß uns der Versucher nicht hinterschleiche." Wir sollen daher alle unsere Sinne Gott ergeben, daß er wirtlich Alles in uns ist; denn es bestehet Alles meinem inwendigen Anschauen, in einem inwendigen Gehör und in einem inwendigen Geist. Durch diesen Proceß werden wir heilig, gerecht und fromm werden und bleiben und dermaleinst Gott schauen: denn Gott kann nur Med einem solchen Auge gesehen werden, das da ist von seinem Auge, und geHort werden von -einem Ohr. das da ist von seinem Ohre, und gefaßt werden von unen Geiste, der da ist von seinem Geiste. — Wer alles dieses besitzt, hat Wahrheit ein recht frei Gewissen, da es frei ist von menschlicher Weisheit, und da seine Erkenntniß und Weisheit die Gottes ist. Was er so weiß, ist gewiß und von Gott erkannt. Daher ist es ja freilich ein böses, verkehrtes Ding, daß sich eine jegliche Rotte. Secte und Partei rühmt, ein gutes Ge¬ isten zu haben, während in der That keine ist, die nur wüßte, was ein gutes Gewissen ist. Und mögen sie auch schreien: hier ist des Herrn Tempel, do' 'se Christus; wir sind katholisch, lutherisch, rcso.aire. und besser, als die Andern — es ist doch Alles menschlich, fleischlich und sectirisch; es sind lauter ^n. was diese Schriftgelehrten über sich selbst zeugen. Es gibt keine °'"zige Secte. die Christum nach dem Geiste kennt. In den drei Haupt,enden Christenheit, welche mit ihrem satirischen Christenthume die ganze Welt Grenzboten III. 1861. ^

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/299>, abgerufen am 23.07.2024.