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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Norden eine unzeitige Neigung zu einem neuen Kompromiß zeigte. Die
Gefahr der Union, der Ruf: "die Union soll und muß erhalten werden"! ließ
für den Augenblick alle Parteischiboleths verstummen; aber es wäre nicht un¬
möglich, daß, wenn der Süden in diesem Punkte. Erhaltung der Union, sich
nachgiebig zeigte, die alte demokratische Partei ihr Haupt wieder erhebt, und
einen schimpflichen Frieden eingeht.




In Sachen der deutschen Flotte.

Die Bemühungen um die HerstelluAg einer Flotille für die Nordsee
nehmen einen erfreulichen Fortgang und es steht zu erwarten, daß vielleicht
schon im Lauf eines Monats erhebliche Resultate gemeldet werden können.

Doch fehlt es auch nicht an Gegnern. Es sind die nämlichen, die wenn
wegen der Ungunst der Zeitumstände in Deutschland nichts geschieht, in die
patriotische Posaune stoßen und Preußen und die Gothaner anklagen, daß
durch ihren böjen Willen oder ihre Saumseligkeit alles Gute hintertrieben
werde; die aber, sobald einmal Etwas ernst in Angriff genommen wird,
entweder Verrath wittern oder die Sache in's Lächerliche zu ziehen suchen.

Es sind dieselben Menschen, die sich bald in's Lager der Demokratie
bald in's Lager der Reaction einschleichen. Sie stecken die Firma des Groß'
deutschthums auf, die aber nicht einen bestimmten politischen Gedanken, einen
bestimmten politischen Plan ausdrückt, sondern nur einen bis zur partiellen
Verrücktheit gesteigerten Haß gegen Preußen. Es ist ihnen vollkommen einerlei,
was mit Deutschland geschieht, Bundestag oder Republik, östreichisches Kaiser-
thum oder französischer Rheinbund, sobald nur Preußen zugleich dadurch
Schaden erleidet. Auch die Gründe, die sie vorbringen, sind ihnen lediglich
durch den Zufall eingegeben.

Diesmal bringen sie zweierlei Gründe vor: die Einen behaupten, eine
Flotte sei für Deutschland unnütz oder wohl gar schädlich; die Andern dage¬
gen erklären eine Flotte für sehr nothwendig, nur dürfe sie nicht Preußen
anvertraut werden.

Die Ersten gehen davon aus, daß eine deutsche Flotte doch nie im
Stande sein wird, sich mit der französischen zu messen; da nun ein deutsches
Herz an keinen andern Krieg denken könne als einen Krieg mit Frankreich,
so könne uns eine deutsche Flotte nichts nützen.

Diesen muß geantwortet werden, daß die deutsche Flotte nicht zu einem-


Norden eine unzeitige Neigung zu einem neuen Kompromiß zeigte. Die
Gefahr der Union, der Ruf: „die Union soll und muß erhalten werden"! ließ
für den Augenblick alle Parteischiboleths verstummen; aber es wäre nicht un¬
möglich, daß, wenn der Süden in diesem Punkte. Erhaltung der Union, sich
nachgiebig zeigte, die alte demokratische Partei ihr Haupt wieder erhebt, und
einen schimpflichen Frieden eingeht.




In Sachen der deutschen Flotte.

Die Bemühungen um die HerstelluAg einer Flotille für die Nordsee
nehmen einen erfreulichen Fortgang und es steht zu erwarten, daß vielleicht
schon im Lauf eines Monats erhebliche Resultate gemeldet werden können.

Doch fehlt es auch nicht an Gegnern. Es sind die nämlichen, die wenn
wegen der Ungunst der Zeitumstände in Deutschland nichts geschieht, in die
patriotische Posaune stoßen und Preußen und die Gothaner anklagen, daß
durch ihren böjen Willen oder ihre Saumseligkeit alles Gute hintertrieben
werde; die aber, sobald einmal Etwas ernst in Angriff genommen wird,
entweder Verrath wittern oder die Sache in's Lächerliche zu ziehen suchen.

Es sind dieselben Menschen, die sich bald in's Lager der Demokratie
bald in's Lager der Reaction einschleichen. Sie stecken die Firma des Groß'
deutschthums auf, die aber nicht einen bestimmten politischen Gedanken, einen
bestimmten politischen Plan ausdrückt, sondern nur einen bis zur partiellen
Verrücktheit gesteigerten Haß gegen Preußen. Es ist ihnen vollkommen einerlei,
was mit Deutschland geschieht, Bundestag oder Republik, östreichisches Kaiser-
thum oder französischer Rheinbund, sobald nur Preußen zugleich dadurch
Schaden erleidet. Auch die Gründe, die sie vorbringen, sind ihnen lediglich
durch den Zufall eingegeben.

Diesmal bringen sie zweierlei Gründe vor: die Einen behaupten, eine
Flotte sei für Deutschland unnütz oder wohl gar schädlich; die Andern dage¬
gen erklären eine Flotte für sehr nothwendig, nur dürfe sie nicht Preußen
anvertraut werden.

Die Ersten gehen davon aus, daß eine deutsche Flotte doch nie im
Stande sein wird, sich mit der französischen zu messen; da nun ein deutsches
Herz an keinen andern Krieg denken könne als einen Krieg mit Frankreich,
so könne uns eine deutsche Flotte nichts nützen.

Diesen muß geantwortet werden, daß die deutsche Flotte nicht zu einem-


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[0286] Norden eine unzeitige Neigung zu einem neuen Kompromiß zeigte. Die Gefahr der Union, der Ruf: „die Union soll und muß erhalten werden"! ließ für den Augenblick alle Parteischiboleths verstummen; aber es wäre nicht un¬ möglich, daß, wenn der Süden in diesem Punkte. Erhaltung der Union, sich nachgiebig zeigte, die alte demokratische Partei ihr Haupt wieder erhebt, und einen schimpflichen Frieden eingeht. In Sachen der deutschen Flotte. Die Bemühungen um die HerstelluAg einer Flotille für die Nordsee nehmen einen erfreulichen Fortgang und es steht zu erwarten, daß vielleicht schon im Lauf eines Monats erhebliche Resultate gemeldet werden können. Doch fehlt es auch nicht an Gegnern. Es sind die nämlichen, die wenn wegen der Ungunst der Zeitumstände in Deutschland nichts geschieht, in die patriotische Posaune stoßen und Preußen und die Gothaner anklagen, daß durch ihren böjen Willen oder ihre Saumseligkeit alles Gute hintertrieben werde; die aber, sobald einmal Etwas ernst in Angriff genommen wird, entweder Verrath wittern oder die Sache in's Lächerliche zu ziehen suchen. Es sind dieselben Menschen, die sich bald in's Lager der Demokratie bald in's Lager der Reaction einschleichen. Sie stecken die Firma des Groß' deutschthums auf, die aber nicht einen bestimmten politischen Gedanken, einen bestimmten politischen Plan ausdrückt, sondern nur einen bis zur partiellen Verrücktheit gesteigerten Haß gegen Preußen. Es ist ihnen vollkommen einerlei, was mit Deutschland geschieht, Bundestag oder Republik, östreichisches Kaiser- thum oder französischer Rheinbund, sobald nur Preußen zugleich dadurch Schaden erleidet. Auch die Gründe, die sie vorbringen, sind ihnen lediglich durch den Zufall eingegeben. Diesmal bringen sie zweierlei Gründe vor: die Einen behaupten, eine Flotte sei für Deutschland unnütz oder wohl gar schädlich; die Andern dage¬ gen erklären eine Flotte für sehr nothwendig, nur dürfe sie nicht Preußen anvertraut werden. Die Ersten gehen davon aus, daß eine deutsche Flotte doch nie im Stande sein wird, sich mit der französischen zu messen; da nun ein deutsches Herz an keinen andern Krieg denken könne als einen Krieg mit Frankreich, so könne uns eine deutsche Flotte nichts nützen. Diesen muß geantwortet werden, daß die deutsche Flotte nicht zu einem-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/286>, abgerufen am 13.11.2024.