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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Im September 1797 verstarb indeß der Oberamtmann Heimbach, der
die Sache bisher hauptsächlich geleitet hatte, und hinterließ die ganze Ange¬
legenheit in der größten Unordnung. Denn abgesehen davon, daß fast alle bei
demselben angestellte Beamte arge Defecte gemacht hatten, welche auch die Mans-
feld'sche Allodialmasse tangirten, waren auch von dem Registrator Ehrenberg
aus dem Oberamtsarchive nach und nach solche Quantitäten hauptsächlich das
Mansfeld'sche Creditwesen betreffende Acten verkauft worden, daß man später
von einem einzigen Kaufmann 33 Centner zurückerlangen konnte. Der Nach¬
folger Heimbachs, Oberamtmann Eisenhut, war mit der Sache ganz unbekannt
und hatte natürlich die größte Mühe bei der Größe des Creditwesens und
der vollständigen Verwahrlosung der Acten sich nur nothdürftig zu infor-
miren. Indeß gelang es, nach den unsäglichsten Mühen aller Art, die durch
die nachher erfolgte Remotion des gesammten Beamtcnpersonals und die Un-
bekanntschaft der neuen Beamten mit der ganzen Angelegenheit nicht wenig
vergrößert wurden, endlich im Jahre 1801, also 20 Jahre nach Eröffnung des
Concurses. die zu dem Creditwesen gehörigen Acten und Belege bis auf ein
einziges Stück zusammenzubringen. Hierauf wurden wegen anderweiter An¬
ordnung eines Jnrotulationstermins wieder Edictalien erlassen und der Termin
zur Jnrotulation auf den 27. April 1802, zur Publication des demnächst ab¬
zufassenden Erkenntnisses aber auf den 21. Mai 1803 anberaumt.

Die Acten wurden in zwei besonders dazu gefertigte große Kisten gepackt
und am 26. Mai 1802 durch einen hierzu angenommenen Frachtfuhrmann für 18
Thlr. Lohn nach Wittenberg an die Juristenfacultat zum Verspruche gesendet.

Der Referent Dr. Wernsdorf nahm auch die Sache gleich nach be¬
endigtem Universitälsjubiläum vor, wurde aber mitten in der Arbeit von ei¬
nem hitzigen Fieber hinweggerafft; und eben so wenig gelang es dem neuer¬
nannten Referenten, zumal das Collegium beim Bortrage verschiedene Bedenken in
Betreff der Formation der erlassenen Edictalien erhob, das Urtheil noch zur rechten
Zeit zu vollenden. Vielmehr brachte er es nur zu einer Präclusion, welche
ganz allgemein abgefaßt war und die Außcngebliebenen und die Präcludirten
nicht namentlich enthielt; auch bemerkte die Facultät gleich im Voraus bei
Uebersendung dieses Erkenntnisses, daß durchaus nicht bestimmt werden könnte,
in welcher Zeit die Locatorie abgefaßt werden könnte. Nachdem das Ober¬
amt den Präclusivbescheid am 21. Mai 1803 publicirt und weitere zwei Jahre
vergeblich auf das Haupturtel gewartet hatte, faßte es sich ein Herz und erim'
merke am 11. Novbr. 1805 die Juristenfacultat schüchtern an die versprochene
Locatorie, erhielt aber den wenig tröstlichen Bescheid, daß der zuerst bestellt
gewesene Referent, wie schon oben erwähnt, am hitzigen Fieber gestorben, der
zweite aber bei Bearbeitung der Sache blind geworden sei, sodaß ein dritter
und vierter Referent hatte bestellt werden müssen, welcher nun, wie es heißt,


Im September 1797 verstarb indeß der Oberamtmann Heimbach, der
die Sache bisher hauptsächlich geleitet hatte, und hinterließ die ganze Ange¬
legenheit in der größten Unordnung. Denn abgesehen davon, daß fast alle bei
demselben angestellte Beamte arge Defecte gemacht hatten, welche auch die Mans-
feld'sche Allodialmasse tangirten, waren auch von dem Registrator Ehrenberg
aus dem Oberamtsarchive nach und nach solche Quantitäten hauptsächlich das
Mansfeld'sche Creditwesen betreffende Acten verkauft worden, daß man später
von einem einzigen Kaufmann 33 Centner zurückerlangen konnte. Der Nach¬
folger Heimbachs, Oberamtmann Eisenhut, war mit der Sache ganz unbekannt
und hatte natürlich die größte Mühe bei der Größe des Creditwesens und
der vollständigen Verwahrlosung der Acten sich nur nothdürftig zu infor-
miren. Indeß gelang es, nach den unsäglichsten Mühen aller Art, die durch
die nachher erfolgte Remotion des gesammten Beamtcnpersonals und die Un-
bekanntschaft der neuen Beamten mit der ganzen Angelegenheit nicht wenig
vergrößert wurden, endlich im Jahre 1801, also 20 Jahre nach Eröffnung des
Concurses. die zu dem Creditwesen gehörigen Acten und Belege bis auf ein
einziges Stück zusammenzubringen. Hierauf wurden wegen anderweiter An¬
ordnung eines Jnrotulationstermins wieder Edictalien erlassen und der Termin
zur Jnrotulation auf den 27. April 1802, zur Publication des demnächst ab¬
zufassenden Erkenntnisses aber auf den 21. Mai 1803 anberaumt.

Die Acten wurden in zwei besonders dazu gefertigte große Kisten gepackt
und am 26. Mai 1802 durch einen hierzu angenommenen Frachtfuhrmann für 18
Thlr. Lohn nach Wittenberg an die Juristenfacultat zum Verspruche gesendet.

Der Referent Dr. Wernsdorf nahm auch die Sache gleich nach be¬
endigtem Universitälsjubiläum vor, wurde aber mitten in der Arbeit von ei¬
nem hitzigen Fieber hinweggerafft; und eben so wenig gelang es dem neuer¬
nannten Referenten, zumal das Collegium beim Bortrage verschiedene Bedenken in
Betreff der Formation der erlassenen Edictalien erhob, das Urtheil noch zur rechten
Zeit zu vollenden. Vielmehr brachte er es nur zu einer Präclusion, welche
ganz allgemein abgefaßt war und die Außcngebliebenen und die Präcludirten
nicht namentlich enthielt; auch bemerkte die Facultät gleich im Voraus bei
Uebersendung dieses Erkenntnisses, daß durchaus nicht bestimmt werden könnte,
in welcher Zeit die Locatorie abgefaßt werden könnte. Nachdem das Ober¬
amt den Präclusivbescheid am 21. Mai 1803 publicirt und weitere zwei Jahre
vergeblich auf das Haupturtel gewartet hatte, faßte es sich ein Herz und erim'
merke am 11. Novbr. 1805 die Juristenfacultat schüchtern an die versprochene
Locatorie, erhielt aber den wenig tröstlichen Bescheid, daß der zuerst bestellt
gewesene Referent, wie schon oben erwähnt, am hitzigen Fieber gestorben, der
zweite aber bei Bearbeitung der Sache blind geworden sei, sodaß ein dritter
und vierter Referent hatte bestellt werden müssen, welcher nun, wie es heißt,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/266>, abgerufen am 23.12.2024.