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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Man nahm jedoch an, daß aus der ersten Verbindlichkeit nicht noth¬
wendig folge, daß der succedirende Lehnsherr die während der Besitzzeit der
Vasallen zur Tilgung ihrer Schulden bestandene Sequestration fortdauern lassen
müsse. Auch war das, was über die Forderungen der Gläubiger und deren
Befriedigung aus der Lehnssequestration in den ebenerwähnten Erkenntnissen
von 1580 und 1609 gegen die Grafen festgesetzt war, nun nicht mehr unbe-
dingt gegen den lehnsherrlich succedirenden Fiscus gültig und konnte daher
nicht ferner als Norm für den Modus der Schuldentilgung betrachtet werden:
zudem war während der seit Beginn der Sequestration verflossenen zwei Jahr¬
hunderte mit ihren welterschütternden Kriegen über die Personen der aus der
Sequestration noch nicht befriedigten Gläubiger, beziehentlich ihrer Erben große
Ungewißheit entstanden, welche zunächst die Beibringung neuer Legitimationen
nöthig machte und es als nicht unwahrscheinlich erscheinen ließ, daß die Auf¬
hebung der bis dahin bestandenen Sequestration kaum großen Widerspruch
Seitens der Gläubigerschaft erfahren würde. Unter diesen Umständen trug die
sächsische Regierung kein Bedenken, die Sequestration ihrerseits, wie erwähnt,
am 2. November 1780 aufzuheben, die Tilgung der Schulden von da ab zu
sistiren und die Bestände der Sequestrationskasse sowie der bis dasür ge¬
führten gräflichen Subsistenz- oder Rentenkasse zu Jedermanns Recht aä äs-
vvLitum zu nehmen und demnächst abzuwarten, ob und welche Ansprüche ge¬
macht werden würden. Um jedoch den sächsischen Antheil der Grafschaft auf
"ne den Rechten gemäße Weise von allen Ansprüchen zu befreien, wurde das
Oberaufseheramt zu Eisleben durch Rescript vom 11. November 1780 ange¬
wiesen, öffentliche Borladung an sämmtliche noch unbefriedigte Gläubiger und
alle diejenigen., welche bei der seitherigen Sequestration ihre Befriedigung noch
uicht erlangt oder sonst einen Anspruch an den unter sächsischer Landeshoheit
und Gerichtsbarkeit befindlichen gräflich Mansfeld'schen Nachlaß an Lehne und
^rde ex yuoeunquö eaxite zu machen hätten, zu erlassen, womit der Concurs
auch formell eröffnet wurde und demnach im I. 1880 sein hundertjähriges Jubi¬
läum feiert. In dem hierauf am 4. Jani 1781 anberaumten Liquidations¬
termine meldeten sich zwar keine Allodialerben der letzten Grafen, dafür aber
eine desto größere Menge von Gläubigern, die zusammen die bescheidene
Summe von 6.650.948 Thlr. 20 Gr. und -- damit dem Erhabenen nicht
das Lächerliche fehle -- 1'/- Pfg. liquidirten.

Der demnächst auf den 8. Mai 1785 anberaumte Termin zum Schlüsse
der Acten wurde indeß auf einen Bericht des Oberaufsehers vom 21. Juni
1792 mittelst Rescripts wiederholt aufgehoben und endlich am 26. November
179K Seitens der Landesregierung angeordnet, daß wegen anderweiter Jnro-
lulation der Acten und Urtelspublication ein Termin anberaumt, inmittelst aber
>^n vollständiges Verzeichnis; der ergangenen Acten eingereicht werden sollte.


Man nahm jedoch an, daß aus der ersten Verbindlichkeit nicht noth¬
wendig folge, daß der succedirende Lehnsherr die während der Besitzzeit der
Vasallen zur Tilgung ihrer Schulden bestandene Sequestration fortdauern lassen
müsse. Auch war das, was über die Forderungen der Gläubiger und deren
Befriedigung aus der Lehnssequestration in den ebenerwähnten Erkenntnissen
von 1580 und 1609 gegen die Grafen festgesetzt war, nun nicht mehr unbe-
dingt gegen den lehnsherrlich succedirenden Fiscus gültig und konnte daher
nicht ferner als Norm für den Modus der Schuldentilgung betrachtet werden:
zudem war während der seit Beginn der Sequestration verflossenen zwei Jahr¬
hunderte mit ihren welterschütternden Kriegen über die Personen der aus der
Sequestration noch nicht befriedigten Gläubiger, beziehentlich ihrer Erben große
Ungewißheit entstanden, welche zunächst die Beibringung neuer Legitimationen
nöthig machte und es als nicht unwahrscheinlich erscheinen ließ, daß die Auf¬
hebung der bis dahin bestandenen Sequestration kaum großen Widerspruch
Seitens der Gläubigerschaft erfahren würde. Unter diesen Umständen trug die
sächsische Regierung kein Bedenken, die Sequestration ihrerseits, wie erwähnt,
am 2. November 1780 aufzuheben, die Tilgung der Schulden von da ab zu
sistiren und die Bestände der Sequestrationskasse sowie der bis dasür ge¬
führten gräflichen Subsistenz- oder Rentenkasse zu Jedermanns Recht aä äs-
vvLitum zu nehmen und demnächst abzuwarten, ob und welche Ansprüche ge¬
macht werden würden. Um jedoch den sächsischen Antheil der Grafschaft auf
"ne den Rechten gemäße Weise von allen Ansprüchen zu befreien, wurde das
Oberaufseheramt zu Eisleben durch Rescript vom 11. November 1780 ange¬
wiesen, öffentliche Borladung an sämmtliche noch unbefriedigte Gläubiger und
alle diejenigen., welche bei der seitherigen Sequestration ihre Befriedigung noch
uicht erlangt oder sonst einen Anspruch an den unter sächsischer Landeshoheit
und Gerichtsbarkeit befindlichen gräflich Mansfeld'schen Nachlaß an Lehne und
^rde ex yuoeunquö eaxite zu machen hätten, zu erlassen, womit der Concurs
auch formell eröffnet wurde und demnach im I. 1880 sein hundertjähriges Jubi¬
läum feiert. In dem hierauf am 4. Jani 1781 anberaumten Liquidations¬
termine meldeten sich zwar keine Allodialerben der letzten Grafen, dafür aber
eine desto größere Menge von Gläubigern, die zusammen die bescheidene
Summe von 6.650.948 Thlr. 20 Gr. und — damit dem Erhabenen nicht
das Lächerliche fehle — 1'/- Pfg. liquidirten.

Der demnächst auf den 8. Mai 1785 anberaumte Termin zum Schlüsse
der Acten wurde indeß auf einen Bericht des Oberaufsehers vom 21. Juni
1792 mittelst Rescripts wiederholt aufgehoben und endlich am 26. November
179K Seitens der Landesregierung angeordnet, daß wegen anderweiter Jnro-
lulation der Acten und Urtelspublication ein Termin anberaumt, inmittelst aber
>^n vollständiges Verzeichnis; der ergangenen Acten eingereicht werden sollte.


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[0265] Man nahm jedoch an, daß aus der ersten Verbindlichkeit nicht noth¬ wendig folge, daß der succedirende Lehnsherr die während der Besitzzeit der Vasallen zur Tilgung ihrer Schulden bestandene Sequestration fortdauern lassen müsse. Auch war das, was über die Forderungen der Gläubiger und deren Befriedigung aus der Lehnssequestration in den ebenerwähnten Erkenntnissen von 1580 und 1609 gegen die Grafen festgesetzt war, nun nicht mehr unbe- dingt gegen den lehnsherrlich succedirenden Fiscus gültig und konnte daher nicht ferner als Norm für den Modus der Schuldentilgung betrachtet werden: zudem war während der seit Beginn der Sequestration verflossenen zwei Jahr¬ hunderte mit ihren welterschütternden Kriegen über die Personen der aus der Sequestration noch nicht befriedigten Gläubiger, beziehentlich ihrer Erben große Ungewißheit entstanden, welche zunächst die Beibringung neuer Legitimationen nöthig machte und es als nicht unwahrscheinlich erscheinen ließ, daß die Auf¬ hebung der bis dahin bestandenen Sequestration kaum großen Widerspruch Seitens der Gläubigerschaft erfahren würde. Unter diesen Umständen trug die sächsische Regierung kein Bedenken, die Sequestration ihrerseits, wie erwähnt, am 2. November 1780 aufzuheben, die Tilgung der Schulden von da ab zu sistiren und die Bestände der Sequestrationskasse sowie der bis dasür ge¬ führten gräflichen Subsistenz- oder Rentenkasse zu Jedermanns Recht aä äs- vvLitum zu nehmen und demnächst abzuwarten, ob und welche Ansprüche ge¬ macht werden würden. Um jedoch den sächsischen Antheil der Grafschaft auf "ne den Rechten gemäße Weise von allen Ansprüchen zu befreien, wurde das Oberaufseheramt zu Eisleben durch Rescript vom 11. November 1780 ange¬ wiesen, öffentliche Borladung an sämmtliche noch unbefriedigte Gläubiger und alle diejenigen., welche bei der seitherigen Sequestration ihre Befriedigung noch uicht erlangt oder sonst einen Anspruch an den unter sächsischer Landeshoheit und Gerichtsbarkeit befindlichen gräflich Mansfeld'schen Nachlaß an Lehne und ^rde ex yuoeunquö eaxite zu machen hätten, zu erlassen, womit der Concurs auch formell eröffnet wurde und demnach im I. 1880 sein hundertjähriges Jubi¬ läum feiert. In dem hierauf am 4. Jani 1781 anberaumten Liquidations¬ termine meldeten sich zwar keine Allodialerben der letzten Grafen, dafür aber eine desto größere Menge von Gläubigern, die zusammen die bescheidene Summe von 6.650.948 Thlr. 20 Gr. und — damit dem Erhabenen nicht das Lächerliche fehle — 1'/- Pfg. liquidirten. Der demnächst auf den 8. Mai 1785 anberaumte Termin zum Schlüsse der Acten wurde indeß auf einen Bericht des Oberaufsehers vom 21. Juni 1792 mittelst Rescripts wiederholt aufgehoben und endlich am 26. November 179K Seitens der Landesregierung angeordnet, daß wegen anderweiter Jnro- lulation der Acten und Urtelspublication ein Termin anberaumt, inmittelst aber >^n vollständiges Verzeichnis; der ergangenen Acten eingereicht werden sollte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/265>, abgerufen am 22.07.2024.