Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

der Hand; einem im Anschlagen, den ein russischer Jäger auf der Stelle mit
dem Bajonett niederstieß. Einige Wenige wurden verschont -- eine gute An¬
zahl gefangen; wenn wir nur eine einzige Schwadron bei der Hand gehabt
hätten, so hätten mindestens 500 dieses Schicksal getheilt. Die Wichtigkeit
des Erfolgs war jedoch nicht nach der Zahl der Getödteten oder Gefangenen
zu ermessen. Die Behauptung des Terrains war von hoher Wichtigkeit; und
wir behaupteten es, bis Kleist sich in Stand gesetzt sah, den Punkt mit Artillerie,
Fußvolk und Reiterei zu verstärken; hier behauptete er sich herrlich mehrere
Stunden lang gegen die vielfachen und übermächtigen Versuche des Feindes,
ihn aus seiner Stellung zu verdrängen. Es war heiße Arbeit: fast zwei
Stundenlang wenig mehr Zwischenraunr zwischen uns, als Pistolenschußweite;
und wenn man bedenkt, daß wir, zu Pferde und in glänzender Uniform, sehr
hervorstachen, so ist es ein Wunder, daß kein Schütze uns mit sicherem Schusse
traf; aber das ist nur ein neuer Beweis, daß jede Kugel ihre Adresse hat.

"Abends befand ich mich in der Batterie auf einem kegelförmigen Hügel
auf dem rechten Flügel unserer Stellung, dessen sich der Feind am andern
Tage bemächtigte. Wir waren zahlreiche Gesellschaft als Zuschauer und als
der Feind die Gruppe gewahr wurde, ließ er eine Batterie gegen die Höhe
spielen; jede Kugel schlug ein und viele Personen in der Umgebung der Mo¬
narchen wurden getödtet und verwundet. Als sie sich entfernten, blieb ich
noch, um zu sehen, was der Feind nach einem solchen Feuer thun würde.
Drei preußische Offiziere saßen in der Batterie. Eine Kugel kam ge¬
flogen, schlug unter dem Gurt meines Pferdes in die Erde ein und fuhr
dann unter ihm durch. Ich dachte das Thier würde vor Schrecken in Stücken
fallen. Die preußischen Offiziere traten aa mich heran und gratulirten mir
Zu dem Glücksfall, der wirklich ungewöhnlich war."

Am zweiten Schlachttag führte Wilson auf Befehl des Kaisers Alexander
die russische Grenadierdivision Kleist zur Unterstützung zu und blieb dann bei
diesem General vor Wurschen, bis sich die Truppen zurückzöge". Er spricht
seine Verwunderung aus, daß der Feind keinen Versuch machte die Truppen
"uf dem Marsch zu belästigen, sondern sich mit Siegesgeschrei und einem
wüthenden Geschützfeuer begnügte. "Das durste nicht ganz ungestraft vorüber
Sehen." fährt er fort, "und wir antworteten auf das Kräftigste, vornehmlich
aus einer Batterie von 40 Kanonen und hielten ihrer Artillerie eine halbe
Stunde lang die Wage. Wir verloren kein einziges Geschütz und keine
^"zige Protze. Ueber 600 Kanonen und 1800 Munitionswagen, außer den
ZU den Regimentern gehörigen, fuhren Angesichts des Feindes ab. Ist dies
">ehe ein starker Beweis für die Achtung, welche unsere Haltung eingeflößt
^ne, und wie wenig Bonaparte auf seine eignen Truppen vertraut, wenn er
^ in Massen verwendet, außer auf bedecktem Terrain, wo er Plänkererschwürme


der Hand; einem im Anschlagen, den ein russischer Jäger auf der Stelle mit
dem Bajonett niederstieß. Einige Wenige wurden verschont — eine gute An¬
zahl gefangen; wenn wir nur eine einzige Schwadron bei der Hand gehabt
hätten, so hätten mindestens 500 dieses Schicksal getheilt. Die Wichtigkeit
des Erfolgs war jedoch nicht nach der Zahl der Getödteten oder Gefangenen
zu ermessen. Die Behauptung des Terrains war von hoher Wichtigkeit; und
wir behaupteten es, bis Kleist sich in Stand gesetzt sah, den Punkt mit Artillerie,
Fußvolk und Reiterei zu verstärken; hier behauptete er sich herrlich mehrere
Stunden lang gegen die vielfachen und übermächtigen Versuche des Feindes,
ihn aus seiner Stellung zu verdrängen. Es war heiße Arbeit: fast zwei
Stundenlang wenig mehr Zwischenraunr zwischen uns, als Pistolenschußweite;
und wenn man bedenkt, daß wir, zu Pferde und in glänzender Uniform, sehr
hervorstachen, so ist es ein Wunder, daß kein Schütze uns mit sicherem Schusse
traf; aber das ist nur ein neuer Beweis, daß jede Kugel ihre Adresse hat.

„Abends befand ich mich in der Batterie auf einem kegelförmigen Hügel
auf dem rechten Flügel unserer Stellung, dessen sich der Feind am andern
Tage bemächtigte. Wir waren zahlreiche Gesellschaft als Zuschauer und als
der Feind die Gruppe gewahr wurde, ließ er eine Batterie gegen die Höhe
spielen; jede Kugel schlug ein und viele Personen in der Umgebung der Mo¬
narchen wurden getödtet und verwundet. Als sie sich entfernten, blieb ich
noch, um zu sehen, was der Feind nach einem solchen Feuer thun würde.
Drei preußische Offiziere saßen in der Batterie. Eine Kugel kam ge¬
flogen, schlug unter dem Gurt meines Pferdes in die Erde ein und fuhr
dann unter ihm durch. Ich dachte das Thier würde vor Schrecken in Stücken
fallen. Die preußischen Offiziere traten aa mich heran und gratulirten mir
Zu dem Glücksfall, der wirklich ungewöhnlich war."

Am zweiten Schlachttag führte Wilson auf Befehl des Kaisers Alexander
die russische Grenadierdivision Kleist zur Unterstützung zu und blieb dann bei
diesem General vor Wurschen, bis sich die Truppen zurückzöge». Er spricht
seine Verwunderung aus, daß der Feind keinen Versuch machte die Truppen
"uf dem Marsch zu belästigen, sondern sich mit Siegesgeschrei und einem
wüthenden Geschützfeuer begnügte. „Das durste nicht ganz ungestraft vorüber
Sehen." fährt er fort, „und wir antworteten auf das Kräftigste, vornehmlich
aus einer Batterie von 40 Kanonen und hielten ihrer Artillerie eine halbe
Stunde lang die Wage. Wir verloren kein einziges Geschütz und keine
^"zige Protze. Ueber 600 Kanonen und 1800 Munitionswagen, außer den
ZU den Regimentern gehörigen, fuhren Angesichts des Feindes ab. Ist dies
">ehe ein starker Beweis für die Achtung, welche unsere Haltung eingeflößt
^ne, und wie wenig Bonaparte auf seine eignen Truppen vertraut, wenn er
^ in Massen verwendet, außer auf bedecktem Terrain, wo er Plänkererschwürme


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0257" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112227"/>
            <p xml:id="ID_841" prev="#ID_840"> der Hand; einem im Anschlagen, den ein russischer Jäger auf der Stelle mit<lb/>
dem Bajonett niederstieß. Einige Wenige wurden verschont &#x2014; eine gute An¬<lb/>
zahl gefangen; wenn wir nur eine einzige Schwadron bei der Hand gehabt<lb/>
hätten, so hätten mindestens 500 dieses Schicksal getheilt. Die Wichtigkeit<lb/>
des Erfolgs war jedoch nicht nach der Zahl der Getödteten oder Gefangenen<lb/>
zu ermessen. Die Behauptung des Terrains war von hoher Wichtigkeit; und<lb/>
wir behaupteten es, bis Kleist sich in Stand gesetzt sah, den Punkt mit Artillerie,<lb/>
Fußvolk und Reiterei zu verstärken; hier behauptete er sich herrlich mehrere<lb/>
Stunden lang gegen die vielfachen und übermächtigen Versuche des Feindes,<lb/>
ihn aus seiner Stellung zu verdrängen. Es war heiße Arbeit: fast zwei<lb/>
Stundenlang wenig mehr Zwischenraunr zwischen uns, als Pistolenschußweite;<lb/>
und wenn man bedenkt, daß wir, zu Pferde und in glänzender Uniform, sehr<lb/>
hervorstachen, so ist es ein Wunder, daß kein Schütze uns mit sicherem Schusse<lb/>
traf; aber das ist nur ein neuer Beweis, daß jede Kugel ihre Adresse hat.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_842"> &#x201E;Abends befand ich mich in der Batterie auf einem kegelförmigen Hügel<lb/>
auf dem rechten Flügel unserer Stellung, dessen sich der Feind am andern<lb/>
Tage bemächtigte. Wir waren zahlreiche Gesellschaft als Zuschauer und als<lb/>
der Feind die Gruppe gewahr wurde, ließ er eine Batterie gegen die Höhe<lb/>
spielen; jede Kugel schlug ein und viele Personen in der Umgebung der Mo¬<lb/>
narchen wurden getödtet und verwundet. Als sie sich entfernten, blieb ich<lb/>
noch, um zu sehen, was der Feind nach einem solchen Feuer thun würde.<lb/>
Drei preußische Offiziere saßen in der Batterie. Eine Kugel kam ge¬<lb/>
flogen, schlug unter dem Gurt meines Pferdes in die Erde ein und fuhr<lb/>
dann unter ihm durch. Ich dachte das Thier würde vor Schrecken in Stücken<lb/>
fallen. Die preußischen Offiziere traten aa mich heran und gratulirten mir<lb/>
Zu dem Glücksfall, der wirklich ungewöhnlich war."</p><lb/>
            <p xml:id="ID_843" next="#ID_844"> Am zweiten Schlachttag führte Wilson auf Befehl des Kaisers Alexander<lb/>
die russische Grenadierdivision Kleist zur Unterstützung zu und blieb dann bei<lb/>
diesem General vor Wurschen, bis sich die Truppen zurückzöge». Er spricht<lb/>
seine Verwunderung aus, daß der Feind keinen Versuch machte die Truppen<lb/>
"uf dem Marsch zu belästigen, sondern sich mit Siegesgeschrei und einem<lb/>
wüthenden Geschützfeuer begnügte. &#x201E;Das durste nicht ganz ungestraft vorüber<lb/>
Sehen." fährt er fort, &#x201E;und wir antworteten auf das Kräftigste, vornehmlich<lb/>
aus einer Batterie von 40 Kanonen und hielten ihrer Artillerie eine halbe<lb/>
Stunde lang die Wage. Wir verloren kein einziges Geschütz und keine<lb/>
^"zige Protze. Ueber 600 Kanonen und 1800 Munitionswagen, außer den<lb/>
ZU den Regimentern gehörigen, fuhren Angesichts des Feindes ab. Ist dies<lb/>
"&gt;ehe ein starker Beweis für die Achtung, welche unsere Haltung eingeflößt<lb/>
^ne, und wie wenig Bonaparte auf seine eignen Truppen vertraut, wenn er<lb/>
^ in Massen verwendet, außer auf bedecktem Terrain, wo er Plänkererschwürme</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0257] der Hand; einem im Anschlagen, den ein russischer Jäger auf der Stelle mit dem Bajonett niederstieß. Einige Wenige wurden verschont — eine gute An¬ zahl gefangen; wenn wir nur eine einzige Schwadron bei der Hand gehabt hätten, so hätten mindestens 500 dieses Schicksal getheilt. Die Wichtigkeit des Erfolgs war jedoch nicht nach der Zahl der Getödteten oder Gefangenen zu ermessen. Die Behauptung des Terrains war von hoher Wichtigkeit; und wir behaupteten es, bis Kleist sich in Stand gesetzt sah, den Punkt mit Artillerie, Fußvolk und Reiterei zu verstärken; hier behauptete er sich herrlich mehrere Stunden lang gegen die vielfachen und übermächtigen Versuche des Feindes, ihn aus seiner Stellung zu verdrängen. Es war heiße Arbeit: fast zwei Stundenlang wenig mehr Zwischenraunr zwischen uns, als Pistolenschußweite; und wenn man bedenkt, daß wir, zu Pferde und in glänzender Uniform, sehr hervorstachen, so ist es ein Wunder, daß kein Schütze uns mit sicherem Schusse traf; aber das ist nur ein neuer Beweis, daß jede Kugel ihre Adresse hat. „Abends befand ich mich in der Batterie auf einem kegelförmigen Hügel auf dem rechten Flügel unserer Stellung, dessen sich der Feind am andern Tage bemächtigte. Wir waren zahlreiche Gesellschaft als Zuschauer und als der Feind die Gruppe gewahr wurde, ließ er eine Batterie gegen die Höhe spielen; jede Kugel schlug ein und viele Personen in der Umgebung der Mo¬ narchen wurden getödtet und verwundet. Als sie sich entfernten, blieb ich noch, um zu sehen, was der Feind nach einem solchen Feuer thun würde. Drei preußische Offiziere saßen in der Batterie. Eine Kugel kam ge¬ flogen, schlug unter dem Gurt meines Pferdes in die Erde ein und fuhr dann unter ihm durch. Ich dachte das Thier würde vor Schrecken in Stücken fallen. Die preußischen Offiziere traten aa mich heran und gratulirten mir Zu dem Glücksfall, der wirklich ungewöhnlich war." Am zweiten Schlachttag führte Wilson auf Befehl des Kaisers Alexander die russische Grenadierdivision Kleist zur Unterstützung zu und blieb dann bei diesem General vor Wurschen, bis sich die Truppen zurückzöge». Er spricht seine Verwunderung aus, daß der Feind keinen Versuch machte die Truppen "uf dem Marsch zu belästigen, sondern sich mit Siegesgeschrei und einem wüthenden Geschützfeuer begnügte. „Das durste nicht ganz ungestraft vorüber Sehen." fährt er fort, „und wir antworteten auf das Kräftigste, vornehmlich aus einer Batterie von 40 Kanonen und hielten ihrer Artillerie eine halbe Stunde lang die Wage. Wir verloren kein einziges Geschütz und keine ^"zige Protze. Ueber 600 Kanonen und 1800 Munitionswagen, außer den ZU den Regimentern gehörigen, fuhren Angesichts des Feindes ab. Ist dies ">ehe ein starker Beweis für die Achtung, welche unsere Haltung eingeflößt ^ne, und wie wenig Bonaparte auf seine eignen Truppen vertraut, wenn er ^ in Massen verwendet, außer auf bedecktem Terrain, wo er Plänkererschwürme

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/257
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/257>, abgerufen am 22.07.2024.