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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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daß die älteren Privilegien der Landstände des Herzogthums Braun¬
schweig vom 9. April 1770 vorlängst außer Wirksamkeit getreten, auch
bis zum Eintritt der vormundschaftlichen Negierung nicht wieder hergestellt
worden sind;

daß die erforderliche Modifikation der früheren landschaftlichen Rechte
durch die erneuerte Landschaftsordnung vom 25. April 1820 auf verfas¬
sungsmäßigen Wege stattgefunden hat;

daß diese erneuerte Landschaftsordnung mit dem erwähnten Tage, mit¬
hin vor dem-Dato der Wiener Schlußacte, den 15. Mai 1820 in Wirk¬
samkeit getreten und während der vormundschaftlichen Negierung in sol¬
cher geblieben ist;

daß Se. Durchlaucht der Herzog, bei Höchst ihrem Regierungsantritte
diesen Rechtszustand nicht nur vorgefunden, sondern denselben auch eine
Reihe von Jahren hindurch ungestört hat fortbestehen lassen;

daß es den gegen die anerkannte Wirksamkeit der erneuerten Landschafts¬
ordnung von Seiten der herzoglich braunschweigischen Regierung ange¬
brachten Einreden an allem Grunde ermangelt;

daß Se. Durchlaucht indeß seit dem April des Jahres 1829 zu erken¬
nen gegeben, daß Höchstste aus landesherrlicher Machtvollkommenheit
und ohne daß eine verfassungsmäßige Uebereinkunft dieserhalv eingetreten
ist, der Landschaftsordnung keine verbindliche Kraft zugestehen wollen;

daß ein solches Verfahren mit der Sanction des 56. Artikels der Wie¬
ner Schlußacte, nach welcher die in anerkannter Wirksamkeit befindlichen
landständischen Verfassungen nur aus verfassungsmäßigen Wege wieder
abgeändert werden können, in directem Widerspruche steht;

daß demnach, bei dem in der Natur der Sache liegenden Berufe des
deutschen Bundes, die Grundzüge desselben, als die Bedingung seines
Bestehens, aufrecht zu erhalten, die Kompetenz des Bundes durch den er¬
wähnten Artikel 56 hier um so gewisser begründet ist, als die unzuläs¬
sige Abänderung existenter landschaftlicher Verhältnisse in dem völligen
Umsturze der Verfassung befunden werden muß;

daß außerdem der 54. Artikel der Wiener Schlußacte, in Verbindung
mit dem 13. Artikel der Bundesacte, hier gleichfalls zur Anwendung kommt,
da mit der beabsichtigten Aufhebung der erneuerten Landschaftsordnung
vom Jahre 1820 die Erfüllung der bundesgesetzlichen Verpflichtung des
gedachten Artikels 13 von selbst cesstren würde, indem, bei schon erklärter
Weigerung der Stände, durch die landschaftlichen Privilegien vom Jahre
1770 die also entstehende Lücke nicht auf verfassungsmäßigen Wege aus¬
gefüllt werden kann.

Auf diese Prämissen gestützt, können Se. Majestät der König nicht das min-


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daß die älteren Privilegien der Landstände des Herzogthums Braun¬
schweig vom 9. April 1770 vorlängst außer Wirksamkeit getreten, auch
bis zum Eintritt der vormundschaftlichen Negierung nicht wieder hergestellt
worden sind;

daß die erforderliche Modifikation der früheren landschaftlichen Rechte
durch die erneuerte Landschaftsordnung vom 25. April 1820 auf verfas¬
sungsmäßigen Wege stattgefunden hat;

daß diese erneuerte Landschaftsordnung mit dem erwähnten Tage, mit¬
hin vor dem-Dato der Wiener Schlußacte, den 15. Mai 1820 in Wirk¬
samkeit getreten und während der vormundschaftlichen Negierung in sol¬
cher geblieben ist;

daß Se. Durchlaucht der Herzog, bei Höchst ihrem Regierungsantritte
diesen Rechtszustand nicht nur vorgefunden, sondern denselben auch eine
Reihe von Jahren hindurch ungestört hat fortbestehen lassen;

daß es den gegen die anerkannte Wirksamkeit der erneuerten Landschafts¬
ordnung von Seiten der herzoglich braunschweigischen Regierung ange¬
brachten Einreden an allem Grunde ermangelt;

daß Se. Durchlaucht indeß seit dem April des Jahres 1829 zu erken¬
nen gegeben, daß Höchstste aus landesherrlicher Machtvollkommenheit
und ohne daß eine verfassungsmäßige Uebereinkunft dieserhalv eingetreten
ist, der Landschaftsordnung keine verbindliche Kraft zugestehen wollen;

daß ein solches Verfahren mit der Sanction des 56. Artikels der Wie¬
ner Schlußacte, nach welcher die in anerkannter Wirksamkeit befindlichen
landständischen Verfassungen nur aus verfassungsmäßigen Wege wieder
abgeändert werden können, in directem Widerspruche steht;

daß demnach, bei dem in der Natur der Sache liegenden Berufe des
deutschen Bundes, die Grundzüge desselben, als die Bedingung seines
Bestehens, aufrecht zu erhalten, die Kompetenz des Bundes durch den er¬
wähnten Artikel 56 hier um so gewisser begründet ist, als die unzuläs¬
sige Abänderung existenter landschaftlicher Verhältnisse in dem völligen
Umsturze der Verfassung befunden werden muß;

daß außerdem der 54. Artikel der Wiener Schlußacte, in Verbindung
mit dem 13. Artikel der Bundesacte, hier gleichfalls zur Anwendung kommt,
da mit der beabsichtigten Aufhebung der erneuerten Landschaftsordnung
vom Jahre 1820 die Erfüllung der bundesgesetzlichen Verpflichtung des
gedachten Artikels 13 von selbst cesstren würde, indem, bei schon erklärter
Weigerung der Stände, durch die landschaftlichen Privilegien vom Jahre
1770 die also entstehende Lücke nicht auf verfassungsmäßigen Wege aus¬
gefüllt werden kann.

Auf diese Prämissen gestützt, können Se. Majestät der König nicht das min-


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[0021] daß die älteren Privilegien der Landstände des Herzogthums Braun¬ schweig vom 9. April 1770 vorlängst außer Wirksamkeit getreten, auch bis zum Eintritt der vormundschaftlichen Negierung nicht wieder hergestellt worden sind; daß die erforderliche Modifikation der früheren landschaftlichen Rechte durch die erneuerte Landschaftsordnung vom 25. April 1820 auf verfas¬ sungsmäßigen Wege stattgefunden hat; daß diese erneuerte Landschaftsordnung mit dem erwähnten Tage, mit¬ hin vor dem-Dato der Wiener Schlußacte, den 15. Mai 1820 in Wirk¬ samkeit getreten und während der vormundschaftlichen Negierung in sol¬ cher geblieben ist; daß Se. Durchlaucht der Herzog, bei Höchst ihrem Regierungsantritte diesen Rechtszustand nicht nur vorgefunden, sondern denselben auch eine Reihe von Jahren hindurch ungestört hat fortbestehen lassen; daß es den gegen die anerkannte Wirksamkeit der erneuerten Landschafts¬ ordnung von Seiten der herzoglich braunschweigischen Regierung ange¬ brachten Einreden an allem Grunde ermangelt; daß Se. Durchlaucht indeß seit dem April des Jahres 1829 zu erken¬ nen gegeben, daß Höchstste aus landesherrlicher Machtvollkommenheit und ohne daß eine verfassungsmäßige Uebereinkunft dieserhalv eingetreten ist, der Landschaftsordnung keine verbindliche Kraft zugestehen wollen; daß ein solches Verfahren mit der Sanction des 56. Artikels der Wie¬ ner Schlußacte, nach welcher die in anerkannter Wirksamkeit befindlichen landständischen Verfassungen nur aus verfassungsmäßigen Wege wieder abgeändert werden können, in directem Widerspruche steht; daß demnach, bei dem in der Natur der Sache liegenden Berufe des deutschen Bundes, die Grundzüge desselben, als die Bedingung seines Bestehens, aufrecht zu erhalten, die Kompetenz des Bundes durch den er¬ wähnten Artikel 56 hier um so gewisser begründet ist, als die unzuläs¬ sige Abänderung existenter landschaftlicher Verhältnisse in dem völligen Umsturze der Verfassung befunden werden muß; daß außerdem der 54. Artikel der Wiener Schlußacte, in Verbindung mit dem 13. Artikel der Bundesacte, hier gleichfalls zur Anwendung kommt, da mit der beabsichtigten Aufhebung der erneuerten Landschaftsordnung vom Jahre 1820 die Erfüllung der bundesgesetzlichen Verpflichtung des gedachten Artikels 13 von selbst cesstren würde, indem, bei schon erklärter Weigerung der Stände, durch die landschaftlichen Privilegien vom Jahre 1770 die also entstehende Lücke nicht auf verfassungsmäßigen Wege aus¬ gefüllt werden kann. Auf diese Prämissen gestützt, können Se. Majestät der König nicht das min- 2»

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/21>, abgerufen am 23.12.2024.