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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Eigenthums-Rechte disponirt worden; daß er landcsgrundgesetzlich und nament¬
lich nach dem ?a.coin Lonrieo-^UillrkImiMum (das er sonach als verbindlich
anerkennt) mit seinem 18, Lebensjahre regicrungsmündig geworden und kraft
jenes Vertrages die Regierung überkommen habe, woraus sich ergebe, daß
alle Beiordnungen, welche nach Vollendung seines 18. Lebensjahrs (30. Oc-
tober 1822) bis zu seinem Regierungsantritte (30. October 1823) erlassen
worden, seiner speciellen Anerkennung bedürften. Obgleich der Herzog nun
provisorisch alle Anordnungen der vvrmvndschaftlichen Regierung bestätigte,
behielt er sich doch schließlich die definitive Bestimmung über die Anwendbar,
keit und Rechtsgiltigkeü jener Anordnungen vor.

Die hier öffentlich verkündigten Grundsätze führten den Herzog bald da¬
hin, daß er durch ein Rescript vom 20. April 1829 die revidirte Landschaftsordnung
vom 25. April 1820 für unverbindlich erklärte, woraus die Stande am 23.
Mai 1829 eine Vorstellung bei der Bundesversammlung dahin einreichten,
"daß dieselbe die revidirte Landschaftsordnung für rechtsverbindlich erklären,
für die Zukunft eine Gewährleistung derselben übernehmen und zur Belebung
derselben die erforderlichen Schritte thun wolle."

Diese Bitte der braunschweigischen Stände hatte jedoch ebensowenig einen
Erfolg, als ein unter dem 24. Febr. 1830 eingereichtes Erinnerungsgesuch der¬
selben und Bitte um möglichste Beschleunigung des nachgesuchten Beschlusses
der Bundesversammlung. So kam es dahin, daß im September 1830 der
Herzog Carl durch einen Volksaufstand zur Flucht aus seinem Lande gezwun¬
gen wurde und der herbeigerufene Herzog Wilhelm provisorisch die Zügel der
Negierung ergriff.

Nun erst sah sich der Bundestag gemüßigt den wiederholt vergeblich er¬
betenen Beschluß über den Antrag der braunschweigischen Stände zu fassen.
Nach dem vom baierischen Bundestagsgesandter, Freiherrn von Lerchenfeld,
Namens der Neclamationscommission erstatteten Gutachten, welches dahin
lautete,

"daß eine hohe Bundesversammlung auf den Grund der Artikel 54 und
56 der Wiener Schlußacte Sr. Durchlaucht dem Herzoge von Braun¬
schweig eröffnen wolle, daß die in anerkannter Wirksamkeit bestehende
erneuerte Landschaftsordnung vom Jahre 1820 von Höchstdemselben nicht
auf anderem, als auf verfassungsmäßigen Wege abgeändert werden
könne" -

erfolgte in der Bundestagssitzung vom 15, October 1830 die Abstimmung, aus
der wir das Votum Hannovers hier in extenso folgen lassen. -- Es lautet:

"In dem am 19. August dieses Jahres Namens der Neclamationscom¬
mission erstatteten Vortrage ist mit unwiderleglicher Gründen dargethan
worden,


Eigenthums-Rechte disponirt worden; daß er landcsgrundgesetzlich und nament¬
lich nach dem ?a.coin Lonrieo-^UillrkImiMum (das er sonach als verbindlich
anerkennt) mit seinem 18, Lebensjahre regicrungsmündig geworden und kraft
jenes Vertrages die Regierung überkommen habe, woraus sich ergebe, daß
alle Beiordnungen, welche nach Vollendung seines 18. Lebensjahrs (30. Oc-
tober 1822) bis zu seinem Regierungsantritte (30. October 1823) erlassen
worden, seiner speciellen Anerkennung bedürften. Obgleich der Herzog nun
provisorisch alle Anordnungen der vvrmvndschaftlichen Regierung bestätigte,
behielt er sich doch schließlich die definitive Bestimmung über die Anwendbar,
keit und Rechtsgiltigkeü jener Anordnungen vor.

Die hier öffentlich verkündigten Grundsätze führten den Herzog bald da¬
hin, daß er durch ein Rescript vom 20. April 1829 die revidirte Landschaftsordnung
vom 25. April 1820 für unverbindlich erklärte, woraus die Stande am 23.
Mai 1829 eine Vorstellung bei der Bundesversammlung dahin einreichten,
„daß dieselbe die revidirte Landschaftsordnung für rechtsverbindlich erklären,
für die Zukunft eine Gewährleistung derselben übernehmen und zur Belebung
derselben die erforderlichen Schritte thun wolle."

Diese Bitte der braunschweigischen Stände hatte jedoch ebensowenig einen
Erfolg, als ein unter dem 24. Febr. 1830 eingereichtes Erinnerungsgesuch der¬
selben und Bitte um möglichste Beschleunigung des nachgesuchten Beschlusses
der Bundesversammlung. So kam es dahin, daß im September 1830 der
Herzog Carl durch einen Volksaufstand zur Flucht aus seinem Lande gezwun¬
gen wurde und der herbeigerufene Herzog Wilhelm provisorisch die Zügel der
Negierung ergriff.

Nun erst sah sich der Bundestag gemüßigt den wiederholt vergeblich er¬
betenen Beschluß über den Antrag der braunschweigischen Stände zu fassen.
Nach dem vom baierischen Bundestagsgesandter, Freiherrn von Lerchenfeld,
Namens der Neclamationscommission erstatteten Gutachten, welches dahin
lautete,

„daß eine hohe Bundesversammlung auf den Grund der Artikel 54 und
56 der Wiener Schlußacte Sr. Durchlaucht dem Herzoge von Braun¬
schweig eröffnen wolle, daß die in anerkannter Wirksamkeit bestehende
erneuerte Landschaftsordnung vom Jahre 1820 von Höchstdemselben nicht
auf anderem, als auf verfassungsmäßigen Wege abgeändert werden
könne" -

erfolgte in der Bundestagssitzung vom 15, October 1830 die Abstimmung, aus
der wir das Votum Hannovers hier in extenso folgen lassen. — Es lautet:

„In dem am 19. August dieses Jahres Namens der Neclamationscom¬
mission erstatteten Vortrage ist mit unwiderleglicher Gründen dargethan
worden,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/20>, abgerufen am 23.12.2024.