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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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die Hautfarbe ist nuancirt von bleichem Gelb bis zum tiefsten Schwarzbraun,
die Nase von griechischer Form, das Auge schwarz oder braun, die Lippe voll,
aber nicht aufgeworfen, das Haar reich und etwas gelockt. Hauptbeschäftigung
ist die Viehzucht, doch wird auch etwas Ackerbau getrieben. Ein Drittel der
Bevölkerung, die jetzt etwa 3400 Köpfe zählt, sich zum Christenthum bekennt
und in Adelige (Schmagilli) und Leibeigne (Tigre) zerfällt, zieht jahraus
jahrein mit dem Vieh von Ort zu Ort und wohnt in Zelten von Palmen-
matten. Der Stolz der Bogos ist, viele Kühe zu besitzen. Der Ackerbau ist
vernachlässigt, obwol der Boden in der Ebene äußerst fruchtbar ist. Haupt¬
frucht des Landes ist das Durrha. Weizen und Gerste sind wenig verbreitet.
Von Gemüsen kennt man nur Bohnen und Kohl. Gärten anzulegen gestattet
der Mangel an fließendem Wasser nicht. Wälder kommen hier nicht vor, doch
fehlt es nicht an einzelnen Baumgruppen, und überall trifft man Sykomoren,
Tamarisken, wilde Feigenbäume und Dumpalmen. Das Klima ist sehr ge¬
sund, es wechselt zwischen 14 und 26 Grad Renumur. Jahreszeiten kennt
man nur drei: die Regenzeit, die vom Juni bis zum September, die kalte
Zeit, die vom October bis zum Januar, und die Zeit der trocknen Hitze, die
vom Februar bis zum Mai dauert.

Eigentliche Städte hat das Land der Bogos nicht, wol aber eine An¬
zahl Dörfer. Das Haus hat in denselben die Form eines umgestürzten
Kessels und besteht aus zusammengeflochtenen Stangen, die mit Stroh be¬
legt sind. Sein Licht empfängt es nur durch eine niedrige Thür. Ein Bast-
Vorhang scheidet es in zwei Theile, von denen der nach der Thür zu gelegene
als Besuchszimmer dient, der Hintere das große Bett, den Feuerheerd, und
ein hölzernes Gerüst mit der übrigen Habe enthält. Die Frauen halten viel
auf Putz und Toilettenkünste. Massive Silberringe um die Arme und Fuß'
knöchel, goldne Nasen- und Ohrringe, silberne Kettchen in den Haarflechten,
ein Halsband von Glasperlen bilden die Hauptwünsche einer Dame von
Stande. Ein kleiner Nürnberger Spiegel darf nicht fehlen. Lange Nägel sind
von gutem Ton. Ais Schminke dient frische Butter oder Oel mit Spezereien
vermischt. Vornehme Frauen beschäftigen sich außer dem Flechten von Matten
und Körbchen fast nur mit der Toilette, ärmere holen Wasser und Holz und
besorgen die Küche, die sehr einfach ist und meist aus Polenta und Milch
. besteht. Die Hauptsorgen fallen aber auch hier auf den Mann, der selbst bei
geringem Vermögen eine Magd zu halten sucht; denn es ist allgemeines Vor¬
urtheil, daß der wahre Zustand einer Frau der Müßiggang sei. Alle Bogos
sind leidenschaftliche Freunde des Rauchers. Der Tabak wird im Lande selbst
erbaut und aus einer hölzernen Wasserpfeife geraucht; Männer, Frauen und
Kinder huldigen ohne Unterschied diesem Genuß.

Die Bogos nennen sich Christen sKostan), und es finden sich zahlreiche


die Hautfarbe ist nuancirt von bleichem Gelb bis zum tiefsten Schwarzbraun,
die Nase von griechischer Form, das Auge schwarz oder braun, die Lippe voll,
aber nicht aufgeworfen, das Haar reich und etwas gelockt. Hauptbeschäftigung
ist die Viehzucht, doch wird auch etwas Ackerbau getrieben. Ein Drittel der
Bevölkerung, die jetzt etwa 3400 Köpfe zählt, sich zum Christenthum bekennt
und in Adelige (Schmagilli) und Leibeigne (Tigre) zerfällt, zieht jahraus
jahrein mit dem Vieh von Ort zu Ort und wohnt in Zelten von Palmen-
matten. Der Stolz der Bogos ist, viele Kühe zu besitzen. Der Ackerbau ist
vernachlässigt, obwol der Boden in der Ebene äußerst fruchtbar ist. Haupt¬
frucht des Landes ist das Durrha. Weizen und Gerste sind wenig verbreitet.
Von Gemüsen kennt man nur Bohnen und Kohl. Gärten anzulegen gestattet
der Mangel an fließendem Wasser nicht. Wälder kommen hier nicht vor, doch
fehlt es nicht an einzelnen Baumgruppen, und überall trifft man Sykomoren,
Tamarisken, wilde Feigenbäume und Dumpalmen. Das Klima ist sehr ge¬
sund, es wechselt zwischen 14 und 26 Grad Renumur. Jahreszeiten kennt
man nur drei: die Regenzeit, die vom Juni bis zum September, die kalte
Zeit, die vom October bis zum Januar, und die Zeit der trocknen Hitze, die
vom Februar bis zum Mai dauert.

Eigentliche Städte hat das Land der Bogos nicht, wol aber eine An¬
zahl Dörfer. Das Haus hat in denselben die Form eines umgestürzten
Kessels und besteht aus zusammengeflochtenen Stangen, die mit Stroh be¬
legt sind. Sein Licht empfängt es nur durch eine niedrige Thür. Ein Bast-
Vorhang scheidet es in zwei Theile, von denen der nach der Thür zu gelegene
als Besuchszimmer dient, der Hintere das große Bett, den Feuerheerd, und
ein hölzernes Gerüst mit der übrigen Habe enthält. Die Frauen halten viel
auf Putz und Toilettenkünste. Massive Silberringe um die Arme und Fuß'
knöchel, goldne Nasen- und Ohrringe, silberne Kettchen in den Haarflechten,
ein Halsband von Glasperlen bilden die Hauptwünsche einer Dame von
Stande. Ein kleiner Nürnberger Spiegel darf nicht fehlen. Lange Nägel sind
von gutem Ton. Ais Schminke dient frische Butter oder Oel mit Spezereien
vermischt. Vornehme Frauen beschäftigen sich außer dem Flechten von Matten
und Körbchen fast nur mit der Toilette, ärmere holen Wasser und Holz und
besorgen die Küche, die sehr einfach ist und meist aus Polenta und Milch
. besteht. Die Hauptsorgen fallen aber auch hier auf den Mann, der selbst bei
geringem Vermögen eine Magd zu halten sucht; denn es ist allgemeines Vor¬
urtheil, daß der wahre Zustand einer Frau der Müßiggang sei. Alle Bogos
sind leidenschaftliche Freunde des Rauchers. Der Tabak wird im Lande selbst
erbaut und aus einer hölzernen Wasserpfeife geraucht; Männer, Frauen und
Kinder huldigen ohne Unterschied diesem Genuß.

Die Bogos nennen sich Christen sKostan), und es finden sich zahlreiche


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/182>, abgerufen am 23.07.2024.