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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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mit der Hauptstadt Scikkatu zwischen dem Niger und dem Tschadsee, das süd¬
lichere vom Berne durchströmte Adamaua mit der Hauptstadt Jola und das
nordwestliche, am obern Niger gelegene Massena mit der Hauptstadt Dschenne.
Unabhängig neben diesen Königreichen bestehen noch folgende Negerreiche:
Bambarra mit Sego, Timbuktu mit Timbuktu als Hauptstadt, beide an der
Grenze des Sudan gegen die große nördliche Wüste, da, wo der mittlere Lauf
des Niger beginnt, beide, gleich den meisten Ländern des Sudan, dem Islam
unterworfen; ferner am untern Niger die Reiche Borgu mit der Hauptstadt
Boussa auf dem rechten, Jaouri mit der Hauptstadt gleiches Namens auf dem
linken Ufer des Stromes, weiter südlich Jorriba mit der Hauptstadt Kcttunga
und das Reich Nyfsi mit der Hauptstadt Rabba.

Das wichtigste der im Tschadgelnet liegenden Negerreiche ist das vom Ko-
madugu durchströmte Bornu, dessen Hauptstadt Kuka am Westufer des Sees
steht. Seine Bewohner haben, wie ihre Gesichtsbildung und ihre bräunliche
Farbe verräth und wie nach der Lage ihres Landes zu erwarten, in Jahrhun¬
derte langer Verbindung mit den kaukasischen Stämmen der Sahara gelebt,
deren Karavanen Bornu mit Fezzan verbinden. Sein Gebiet umschließt den grö߬
ten Theil des Sees sowie die südlichen Bergländer Margi, Mandara und Log-
gue. in einer gewissen Abhängigkeit vom Sultan der Bornuesen steht das am
Schcuyfluß gelegne Reich von Baghirmi. Unabhängig ist das von Heiden
bewohnte Land Musgo um obern Scham, sowie die Biddumah, ein ebenfalls
heidnischer Stamm, der die zahllosen Inseln des Tschad bewohnt.

Auf dem Tafelland, welches sich östlich vom Tschad und von Baghirmi
erhebt und während der Regenzeit dem See den Bethafluß zusendet, liegt das
Reich des Sultans von Wadai mit der Hauptstadt Wara, und noch weiter
östlich, schon im Gebiet des Weißen Nil finden wir die Reiche Darfur und
Kordofan, große Oasen, die von einem Gemisch von Negern und sehr dunkeln
Nomaden aus Arabien bewohnt sind. Kordofan gehört schon zu den vom
Aicekönig von Aegypten eroberten Ländern der Nubaneger und reicht bis an
Nil. welcher.es von Senaar, der südlichsten Landschaft Nubiens. scheidet,
westlich von Nubien endlich erhebt sich das bekannte Alpenland Habesch oder
Avyssinien.

Sind die Küstenländer meist von rohen Völkern bewohnt, welche das von
Vertheidigern der Sklaverei häusig ausgebeutete Vorurtheil, der Neger bilde d^n
^ebergang vom Affen zum Menschen, zu bestätigen scheinen, so gewährt eine Ueber-
schcni über das Leben der Negerstümme in den Gebirgen und an den Ufern der gro¬
ben Ströme einen erfreulicheren Anblick, und derselbe würde ein noch weit
el'tteulichercr sein, wenn nicht der Sklavenhandel fortwährende grausame Kriege
Mischen den zum Islam bekehrten und den heidnischen Völkern veranlaßte. Diese
Stämme sind nichts weniger alsstumpf und träge. Wandernde Araber haben ihnen


mit der Hauptstadt Scikkatu zwischen dem Niger und dem Tschadsee, das süd¬
lichere vom Berne durchströmte Adamaua mit der Hauptstadt Jola und das
nordwestliche, am obern Niger gelegene Massena mit der Hauptstadt Dschenne.
Unabhängig neben diesen Königreichen bestehen noch folgende Negerreiche:
Bambarra mit Sego, Timbuktu mit Timbuktu als Hauptstadt, beide an der
Grenze des Sudan gegen die große nördliche Wüste, da, wo der mittlere Lauf
des Niger beginnt, beide, gleich den meisten Ländern des Sudan, dem Islam
unterworfen; ferner am untern Niger die Reiche Borgu mit der Hauptstadt
Boussa auf dem rechten, Jaouri mit der Hauptstadt gleiches Namens auf dem
linken Ufer des Stromes, weiter südlich Jorriba mit der Hauptstadt Kcttunga
und das Reich Nyfsi mit der Hauptstadt Rabba.

Das wichtigste der im Tschadgelnet liegenden Negerreiche ist das vom Ko-
madugu durchströmte Bornu, dessen Hauptstadt Kuka am Westufer des Sees
steht. Seine Bewohner haben, wie ihre Gesichtsbildung und ihre bräunliche
Farbe verräth und wie nach der Lage ihres Landes zu erwarten, in Jahrhun¬
derte langer Verbindung mit den kaukasischen Stämmen der Sahara gelebt,
deren Karavanen Bornu mit Fezzan verbinden. Sein Gebiet umschließt den grö߬
ten Theil des Sees sowie die südlichen Bergländer Margi, Mandara und Log-
gue. in einer gewissen Abhängigkeit vom Sultan der Bornuesen steht das am
Schcuyfluß gelegne Reich von Baghirmi. Unabhängig ist das von Heiden
bewohnte Land Musgo um obern Scham, sowie die Biddumah, ein ebenfalls
heidnischer Stamm, der die zahllosen Inseln des Tschad bewohnt.

Auf dem Tafelland, welches sich östlich vom Tschad und von Baghirmi
erhebt und während der Regenzeit dem See den Bethafluß zusendet, liegt das
Reich des Sultans von Wadai mit der Hauptstadt Wara, und noch weiter
östlich, schon im Gebiet des Weißen Nil finden wir die Reiche Darfur und
Kordofan, große Oasen, die von einem Gemisch von Negern und sehr dunkeln
Nomaden aus Arabien bewohnt sind. Kordofan gehört schon zu den vom
Aicekönig von Aegypten eroberten Ländern der Nubaneger und reicht bis an
Nil. welcher.es von Senaar, der südlichsten Landschaft Nubiens. scheidet,
westlich von Nubien endlich erhebt sich das bekannte Alpenland Habesch oder
Avyssinien.

Sind die Küstenländer meist von rohen Völkern bewohnt, welche das von
Vertheidigern der Sklaverei häusig ausgebeutete Vorurtheil, der Neger bilde d^n
^ebergang vom Affen zum Menschen, zu bestätigen scheinen, so gewährt eine Ueber-
schcni über das Leben der Negerstümme in den Gebirgen und an den Ufern der gro¬
ben Ströme einen erfreulicheren Anblick, und derselbe würde ein noch weit
el'tteulichercr sein, wenn nicht der Sklavenhandel fortwährende grausame Kriege
Mischen den zum Islam bekehrten und den heidnischen Völkern veranlaßte. Diese
Stämme sind nichts weniger alsstumpf und träge. Wandernde Araber haben ihnen


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[0177] mit der Hauptstadt Scikkatu zwischen dem Niger und dem Tschadsee, das süd¬ lichere vom Berne durchströmte Adamaua mit der Hauptstadt Jola und das nordwestliche, am obern Niger gelegene Massena mit der Hauptstadt Dschenne. Unabhängig neben diesen Königreichen bestehen noch folgende Negerreiche: Bambarra mit Sego, Timbuktu mit Timbuktu als Hauptstadt, beide an der Grenze des Sudan gegen die große nördliche Wüste, da, wo der mittlere Lauf des Niger beginnt, beide, gleich den meisten Ländern des Sudan, dem Islam unterworfen; ferner am untern Niger die Reiche Borgu mit der Hauptstadt Boussa auf dem rechten, Jaouri mit der Hauptstadt gleiches Namens auf dem linken Ufer des Stromes, weiter südlich Jorriba mit der Hauptstadt Kcttunga und das Reich Nyfsi mit der Hauptstadt Rabba. Das wichtigste der im Tschadgelnet liegenden Negerreiche ist das vom Ko- madugu durchströmte Bornu, dessen Hauptstadt Kuka am Westufer des Sees steht. Seine Bewohner haben, wie ihre Gesichtsbildung und ihre bräunliche Farbe verräth und wie nach der Lage ihres Landes zu erwarten, in Jahrhun¬ derte langer Verbindung mit den kaukasischen Stämmen der Sahara gelebt, deren Karavanen Bornu mit Fezzan verbinden. Sein Gebiet umschließt den grö߬ ten Theil des Sees sowie die südlichen Bergländer Margi, Mandara und Log- gue. in einer gewissen Abhängigkeit vom Sultan der Bornuesen steht das am Schcuyfluß gelegne Reich von Baghirmi. Unabhängig ist das von Heiden bewohnte Land Musgo um obern Scham, sowie die Biddumah, ein ebenfalls heidnischer Stamm, der die zahllosen Inseln des Tschad bewohnt. Auf dem Tafelland, welches sich östlich vom Tschad und von Baghirmi erhebt und während der Regenzeit dem See den Bethafluß zusendet, liegt das Reich des Sultans von Wadai mit der Hauptstadt Wara, und noch weiter östlich, schon im Gebiet des Weißen Nil finden wir die Reiche Darfur und Kordofan, große Oasen, die von einem Gemisch von Negern und sehr dunkeln Nomaden aus Arabien bewohnt sind. Kordofan gehört schon zu den vom Aicekönig von Aegypten eroberten Ländern der Nubaneger und reicht bis an Nil. welcher.es von Senaar, der südlichsten Landschaft Nubiens. scheidet, westlich von Nubien endlich erhebt sich das bekannte Alpenland Habesch oder Avyssinien. Sind die Küstenländer meist von rohen Völkern bewohnt, welche das von Vertheidigern der Sklaverei häusig ausgebeutete Vorurtheil, der Neger bilde d^n ^ebergang vom Affen zum Menschen, zu bestätigen scheinen, so gewährt eine Ueber- schcni über das Leben der Negerstümme in den Gebirgen und an den Ufern der gro¬ ben Ströme einen erfreulicheren Anblick, und derselbe würde ein noch weit el'tteulichercr sein, wenn nicht der Sklavenhandel fortwährende grausame Kriege Mischen den zum Islam bekehrten und den heidnischen Völkern veranlaßte. Diese Stämme sind nichts weniger alsstumpf und träge. Wandernde Araber haben ihnen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/177>, abgerufen am 22.07.2024.