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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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das große Unternehmen, dem er zum Opfer gefallen zu sein scheint, die Er¬
forschung der Länder zwischen Tschadsee und Nil, zu Ende zu führen.*)

Es verhält sich mit Vogel fast genau so wie mit Franklin. Die Mög¬
lichkeit, daß der Verschollene noch am Leben, ist nur ein schwacher Dämmer¬
schein. Größere Wahrscheinlichkeit hat die Annahme für sich, daß die Papiere
des unglücklichen Forschers und damit seine Hinterlassenschaft für die Nation
zurückgewonnen werden können. Entschiedene Pflicht endlich schien es, zu
sorgen, daß sein Forschungswerk, von deutschen Reisenden begonnen, mit dem
Opfer deutschen Lebens gefördert, auch durch deutsche Mittel und Männer zum
Abschluß gebracht werde. Wenn diese Pflicht erfüllt jetzt werden kann, die
Mittel gefunden sind, so ist das einer von den Beweisen, das wir angefangen
haben, uns als Nation zu suhlen und eine Ermuthigung der Hoffnungen, die
auf Größeres gerichtet sind.

Vergleichen wir eine Karte von Afrika aus dem Jahre 1850 mit einer
solchen aus dem Jahr 1860, so finden wir, daß in der Zwischenzeit ungeheure
Gebiete des Welttheils in das Licht der Wissenschaft gerückt sind. Wir kennen
sämmtliche Küsten, haben die Wüste im Norden und Süden durchforscht, sind
an den drei großen Hauptströmen des Welttheils weite Strecken in's Innere
vorgedrungen. Mehr oder minder in das Bereich unserer Kenntniß gebracht
ist der ganze Nordwesten bis zu der Linie, welche von Tripolis bis zum
Tschadsee und von dort bis zur Insel Fernando Po geht. Vielfach bereist
ist der Nordosten zwischen dem Stromgebiet des Nil und dem Rothen Meer,
wo Knoblechcr am Tubiri und Petherick über den Bachr El Ghasal hinaus
fast bis zum Aequator vordrangen, Heuglin und- Andere Abyssinien und
die Länder südlich und östlich von da durchwanderten. Ebenfalls viel¬
fach aufgehellt sind endlich die weiten Landstriche südlich vom Aequator,
wo wir im Osten die Reiserouten Burtons, Spekes und Noschers sich
bis zu den großen Seen Uckerewe. Udschidschi und Nyassa Mängeln. die
Südspitze des Welttheils bis über den 10. Grad hinauf von Ladislaus
Magyar, Galton und vor Allem von Livingstone im Zickzack durchforscht
sehen. Weiß auf der Karte, weil noch nie von Europäern betreten oder
doch nie von solchen beschrieben, sind nur noch die Theile des Innern,
welche im Norden östlich vom Land der Tibbu und westlich von Aegypten,
dann die. welche zwischen dem Tschadsee. dem obern Berne und dem obern
Lauf des Weißen Nil liegen, endlich die. welche sich um den Aequator grup-
piren. Wir wissen von diesen nur, daß sie im Norden von mohammedanischen
Schwarzen, im Süden von unabhängigen Heidenvölkern bewohnt sind, daß



") Nach dem neuesten Ausweis in Petermanns Mittheilungen sind bis jetzt fast 19,000
er eingekommen.

das große Unternehmen, dem er zum Opfer gefallen zu sein scheint, die Er¬
forschung der Länder zwischen Tschadsee und Nil, zu Ende zu führen.*)

Es verhält sich mit Vogel fast genau so wie mit Franklin. Die Mög¬
lichkeit, daß der Verschollene noch am Leben, ist nur ein schwacher Dämmer¬
schein. Größere Wahrscheinlichkeit hat die Annahme für sich, daß die Papiere
des unglücklichen Forschers und damit seine Hinterlassenschaft für die Nation
zurückgewonnen werden können. Entschiedene Pflicht endlich schien es, zu
sorgen, daß sein Forschungswerk, von deutschen Reisenden begonnen, mit dem
Opfer deutschen Lebens gefördert, auch durch deutsche Mittel und Männer zum
Abschluß gebracht werde. Wenn diese Pflicht erfüllt jetzt werden kann, die
Mittel gefunden sind, so ist das einer von den Beweisen, das wir angefangen
haben, uns als Nation zu suhlen und eine Ermuthigung der Hoffnungen, die
auf Größeres gerichtet sind.

Vergleichen wir eine Karte von Afrika aus dem Jahre 1850 mit einer
solchen aus dem Jahr 1860, so finden wir, daß in der Zwischenzeit ungeheure
Gebiete des Welttheils in das Licht der Wissenschaft gerückt sind. Wir kennen
sämmtliche Küsten, haben die Wüste im Norden und Süden durchforscht, sind
an den drei großen Hauptströmen des Welttheils weite Strecken in's Innere
vorgedrungen. Mehr oder minder in das Bereich unserer Kenntniß gebracht
ist der ganze Nordwesten bis zu der Linie, welche von Tripolis bis zum
Tschadsee und von dort bis zur Insel Fernando Po geht. Vielfach bereist
ist der Nordosten zwischen dem Stromgebiet des Nil und dem Rothen Meer,
wo Knoblechcr am Tubiri und Petherick über den Bachr El Ghasal hinaus
fast bis zum Aequator vordrangen, Heuglin und- Andere Abyssinien und
die Länder südlich und östlich von da durchwanderten. Ebenfalls viel¬
fach aufgehellt sind endlich die weiten Landstriche südlich vom Aequator,
wo wir im Osten die Reiserouten Burtons, Spekes und Noschers sich
bis zu den großen Seen Uckerewe. Udschidschi und Nyassa Mängeln. die
Südspitze des Welttheils bis über den 10. Grad hinauf von Ladislaus
Magyar, Galton und vor Allem von Livingstone im Zickzack durchforscht
sehen. Weiß auf der Karte, weil noch nie von Europäern betreten oder
doch nie von solchen beschrieben, sind nur noch die Theile des Innern,
welche im Norden östlich vom Land der Tibbu und westlich von Aegypten,
dann die. welche zwischen dem Tschadsee. dem obern Berne und dem obern
Lauf des Weißen Nil liegen, endlich die. welche sich um den Aequator grup-
piren. Wir wissen von diesen nur, daß sie im Norden von mohammedanischen
Schwarzen, im Süden von unabhängigen Heidenvölkern bewohnt sind, daß



") Nach dem neuesten Ausweis in Petermanns Mittheilungen sind bis jetzt fast 19,000
er eingekommen.
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[0175] das große Unternehmen, dem er zum Opfer gefallen zu sein scheint, die Er¬ forschung der Länder zwischen Tschadsee und Nil, zu Ende zu führen.*) Es verhält sich mit Vogel fast genau so wie mit Franklin. Die Mög¬ lichkeit, daß der Verschollene noch am Leben, ist nur ein schwacher Dämmer¬ schein. Größere Wahrscheinlichkeit hat die Annahme für sich, daß die Papiere des unglücklichen Forschers und damit seine Hinterlassenschaft für die Nation zurückgewonnen werden können. Entschiedene Pflicht endlich schien es, zu sorgen, daß sein Forschungswerk, von deutschen Reisenden begonnen, mit dem Opfer deutschen Lebens gefördert, auch durch deutsche Mittel und Männer zum Abschluß gebracht werde. Wenn diese Pflicht erfüllt jetzt werden kann, die Mittel gefunden sind, so ist das einer von den Beweisen, das wir angefangen haben, uns als Nation zu suhlen und eine Ermuthigung der Hoffnungen, die auf Größeres gerichtet sind. Vergleichen wir eine Karte von Afrika aus dem Jahre 1850 mit einer solchen aus dem Jahr 1860, so finden wir, daß in der Zwischenzeit ungeheure Gebiete des Welttheils in das Licht der Wissenschaft gerückt sind. Wir kennen sämmtliche Küsten, haben die Wüste im Norden und Süden durchforscht, sind an den drei großen Hauptströmen des Welttheils weite Strecken in's Innere vorgedrungen. Mehr oder minder in das Bereich unserer Kenntniß gebracht ist der ganze Nordwesten bis zu der Linie, welche von Tripolis bis zum Tschadsee und von dort bis zur Insel Fernando Po geht. Vielfach bereist ist der Nordosten zwischen dem Stromgebiet des Nil und dem Rothen Meer, wo Knoblechcr am Tubiri und Petherick über den Bachr El Ghasal hinaus fast bis zum Aequator vordrangen, Heuglin und- Andere Abyssinien und die Länder südlich und östlich von da durchwanderten. Ebenfalls viel¬ fach aufgehellt sind endlich die weiten Landstriche südlich vom Aequator, wo wir im Osten die Reiserouten Burtons, Spekes und Noschers sich bis zu den großen Seen Uckerewe. Udschidschi und Nyassa Mängeln. die Südspitze des Welttheils bis über den 10. Grad hinauf von Ladislaus Magyar, Galton und vor Allem von Livingstone im Zickzack durchforscht sehen. Weiß auf der Karte, weil noch nie von Europäern betreten oder doch nie von solchen beschrieben, sind nur noch die Theile des Innern, welche im Norden östlich vom Land der Tibbu und westlich von Aegypten, dann die. welche zwischen dem Tschadsee. dem obern Berne und dem obern Lauf des Weißen Nil liegen, endlich die. welche sich um den Aequator grup- piren. Wir wissen von diesen nur, daß sie im Norden von mohammedanischen Schwarzen, im Süden von unabhängigen Heidenvölkern bewohnt sind, daß ") Nach dem neuesten Ausweis in Petermanns Mittheilungen sind bis jetzt fast 19,000 er eingekommen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/175>, abgerufen am 23.12.2024.