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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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und Silbergrube entdeckt haben, denen er Verschiederle Namen beilegte.
Später wurde noch ein Geschwader von 15 Schiffen unter dem Commando
des Admiral Frobisher dahin geschickt; sie führten eine hölzerne Festung am
Bord, um dort festen Fuß zu fassen. Sie nahmen so viele Erzstufen als
möglich in ihre Schiffe auf. hatten aber auf der Heimfahrt so viele Kämpfe
mit Eis und Stürmen zu bestehen, daß diese Expeditionen niemals wiederholt
wurden. Sie haben nichts zur Kenntniß des verschlossenen Grönland beigetragen.

Erst Hans Egede (1721), der treue christliche Prediger zu Vaagen im
südlichen Norwegen, erweckte seine Landsleute, das alte Grönland mit seinen
unglücklichen von der Welt abgeschnittenen Vorfahren von Neuem aufzusuchen.
Das Land fand er wieder, aber die Menschen nicht. Er schiffte mit seiner
ganzen Familie selbst dahin, erreichte aber nicht, wie er nach der Vorstellung
der Zeit erwartete und hoffte, die Eriksbucht an der Ostküste, sondern wurde
von Stürmen und Strömungen an die Westküste des Südendes verschlagen,
eben dahin, wo unstreitig auch früher die Altvordern der Normannen ihre
Ansiedelungen gegründet hatten. Dort fand er diese nicht mehr vor. dagegen
das neue Volk der Eskimos. Doch wußten diese nichts über die Vorzeit
auszusagen. Schon Hans Egede lernte auf der Westküste viele Trümmer von
ältern zerstreut liegenden Häusern und Wohnstellen kennen, deren er 90 bis
110 zählte. Ihre Zahl hat sich seitdem durch fortgesetzte Forschungen um
vieles vermehrt, wozu auch Kirchenbauten und Gräberstätten mit Runen¬
schriften gehören, so daß kein Zweifel geblieben ist, daß die größte Normannen-
Colonie an der Südwestküste Grönlands lag. Man hoffte anfänglich, sie
möchten nur auf die Ostseite der Halbinsel verdrängt worden sein, und scheute
daher keine Gefahr, die wilden Eis- und Schneeberge zu übersteigen, welche
beide Küsten der gegen Süden lang gestreckten Halbinsel scheiden. Aber an
der Ostseite verschwand jede Spur von Bevölkerung. Nur ungern gab man
die Hoffnung ganz auf, hier noch Ueberreste des alten Bisthums Gardar
wiederzufinden.

Hans Egede blieb auf der Westküste und verweilte dort in dem unwirth-
baren Lande von 1721 bis 1735, mit der Bekehrung der Eskimos beschäftigt,
die ihn bald als Wohlthäter und Vater verehrten. Er ist der Apostel der
Grönländer geworden; mit ihm beginnt die genauere geographische Kenntniß
Grönlands, das seitdem ein dänischer Coloniestaat geblieben ist. Herrnhuter-
Colonien haben sich zwischen dänischen Stationen niedergelassen, und an der
Bekehrung der Grönländer weiter gearbeitet. Sie haben sich bis nach Uper-
navik unter 72° 55' N. B. festgesiedelt und zur Civilisirung der Grönländer
vieles gethan. Die Dänen haben dort ihre Fischereien und Handclscomptoire
eingerichtet.

Alle spätern Versuche, direct die großen Eiswälle zwischen Island und
der Ostküste Grönlands zu durchbrechen, mißglückter, bis zum Jahre 1320.


und Silbergrube entdeckt haben, denen er Verschiederle Namen beilegte.
Später wurde noch ein Geschwader von 15 Schiffen unter dem Commando
des Admiral Frobisher dahin geschickt; sie führten eine hölzerne Festung am
Bord, um dort festen Fuß zu fassen. Sie nahmen so viele Erzstufen als
möglich in ihre Schiffe auf. hatten aber auf der Heimfahrt so viele Kämpfe
mit Eis und Stürmen zu bestehen, daß diese Expeditionen niemals wiederholt
wurden. Sie haben nichts zur Kenntniß des verschlossenen Grönland beigetragen.

Erst Hans Egede (1721), der treue christliche Prediger zu Vaagen im
südlichen Norwegen, erweckte seine Landsleute, das alte Grönland mit seinen
unglücklichen von der Welt abgeschnittenen Vorfahren von Neuem aufzusuchen.
Das Land fand er wieder, aber die Menschen nicht. Er schiffte mit seiner
ganzen Familie selbst dahin, erreichte aber nicht, wie er nach der Vorstellung
der Zeit erwartete und hoffte, die Eriksbucht an der Ostküste, sondern wurde
von Stürmen und Strömungen an die Westküste des Südendes verschlagen,
eben dahin, wo unstreitig auch früher die Altvordern der Normannen ihre
Ansiedelungen gegründet hatten. Dort fand er diese nicht mehr vor. dagegen
das neue Volk der Eskimos. Doch wußten diese nichts über die Vorzeit
auszusagen. Schon Hans Egede lernte auf der Westküste viele Trümmer von
ältern zerstreut liegenden Häusern und Wohnstellen kennen, deren er 90 bis
110 zählte. Ihre Zahl hat sich seitdem durch fortgesetzte Forschungen um
vieles vermehrt, wozu auch Kirchenbauten und Gräberstätten mit Runen¬
schriften gehören, so daß kein Zweifel geblieben ist, daß die größte Normannen-
Colonie an der Südwestküste Grönlands lag. Man hoffte anfänglich, sie
möchten nur auf die Ostseite der Halbinsel verdrängt worden sein, und scheute
daher keine Gefahr, die wilden Eis- und Schneeberge zu übersteigen, welche
beide Küsten der gegen Süden lang gestreckten Halbinsel scheiden. Aber an
der Ostseite verschwand jede Spur von Bevölkerung. Nur ungern gab man
die Hoffnung ganz auf, hier noch Ueberreste des alten Bisthums Gardar
wiederzufinden.

Hans Egede blieb auf der Westküste und verweilte dort in dem unwirth-
baren Lande von 1721 bis 1735, mit der Bekehrung der Eskimos beschäftigt,
die ihn bald als Wohlthäter und Vater verehrten. Er ist der Apostel der
Grönländer geworden; mit ihm beginnt die genauere geographische Kenntniß
Grönlands, das seitdem ein dänischer Coloniestaat geblieben ist. Herrnhuter-
Colonien haben sich zwischen dänischen Stationen niedergelassen, und an der
Bekehrung der Grönländer weiter gearbeitet. Sie haben sich bis nach Uper-
navik unter 72° 55' N. B. festgesiedelt und zur Civilisirung der Grönländer
vieles gethan. Die Dänen haben dort ihre Fischereien und Handclscomptoire
eingerichtet.

Alle spätern Versuche, direct die großen Eiswälle zwischen Island und
der Ostküste Grönlands zu durchbrechen, mißglückter, bis zum Jahre 1320.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/164>, abgerufen am 25.08.2024.