Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.trotz allem Drängen und Treiben von Seiten einzelner und gerade der mäch¬ Von dem einen Widerspruch zwischen dem Beabsichtigten und dem That¬ trotz allem Drängen und Treiben von Seiten einzelner und gerade der mäch¬ Von dem einen Widerspruch zwischen dem Beabsichtigten und dem That¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0134" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/112104"/> <p xml:id="ID_452" prev="#ID_451"> trotz allem Drängen und Treiben von Seiten einzelner und gerade der mäch¬<lb/> tigsten Vereinsglieder, trotz der in diesen Verhältnissen klar und scharf gepräg¬<lb/> ten öffentlichen Meinung, die beiden maaßgebenden Grundsätze in folgerichtiger<lb/> und genügender Weise durchzuführen. , Stets nur nach langjährigen, durch<lb/> Sonderinteressen rücksichtslos hingehaltenen Verhandlungen konnte von dem<lb/> allgemein als nothwendig Erkannten ein kleinstes Bruchtheil erreicht werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_453" next="#ID_454"> Von dem einen Widerspruch zwischen dem Beabsichtigten und dem That¬<lb/> sächlichen hat sich der Zollverein endlich, aber freilich auch erst nach langem<lb/> Drängen und Verhandeln befreien dürfen. Mit der Einfuhr fremdländischer<lb/> Waaren in Deutschland, gegen welche das Schutzsystem doch nur gerichtet sein<lb/> konnte, besteuerte der Verein auch die Durchfuhr derselben durch Deutschland<lb/> und erhob also von den Waaren einen Zoll, welche die eine Grenze des<lb/> Vereinsgebietes nur betraten, um es an der gegenüberstehenden wieder zu ver¬<lb/> lassen. Man bestrafte also, was nur Nutzen brachte, man hielt fern, was auf<lb/> Schutz und Erleichterung jeder Art gerechtesten Anspruch hatte. Der Druck<lb/> dieser Abgaben, 17V- Pr. vom Zollcentner, wurde natürlich am schwersten<lb/> in den beiden außerhalb des Vereins stehenden, doch dessen übermeerischen<lb/> Handel zum größten Theil vermittelnden Seehandelsstädten Hamburg und<lb/> Bremen empfunden, wo die Einfuhr von außerdeutschen Erzeugnissen und die<lb/> Ausfuhr der deutschen in mächtigster Strömung sich einander begegnen. Bei¬<lb/> der Märkte Handelsstand erhob deshalb auch schon seit Jahren mit zäher Kraft<lb/> und erfahrungsreicher Sachkenntniß den Widerspruch und bot alle Mittel des<lb/> Wortes und der Schrift auf, um die Durchgangszölle in ihrem wah¬<lb/> ren Wesen als eine Straft und Fessel des gesammten deutschen Han¬<lb/> delsverkehrs von der öffentlichen Meinung erkannt und verurtheilt zu se¬<lb/> hen. Bremen vor Allem, nach glücklich überstandener Handelskrise noch<lb/> kraftvoller emporstrebend, war unermüdlich in wohlgeleiteter und begründeter<lb/> Agitation gegen diese Zölle, von deren Aufhebung die Stadt mit Recht<lb/> eine ausgiebige Förderung ihres ohnedies schon wachsenden Speditions¬<lb/> handels erwartete. Im I. 1849 führte Bremen durch deutsches Gebiet in<lb/> die Schweiz 73,311 Centner Waaren und nach Oestreich 173.907 Centner.<lb/> dagegen im J. 1857 dorthin schon 496.147 Ctnr. und hierhin 3,620.699 Ctnr.<lb/> In ähnlicher Weise hatte auch der Waarenzug von Bremen aus in die süd¬<lb/> deutschen Staaten zugenommen. Obwol also keineswegs der Fehler des Zoll¬<lb/> systems das Aufblühen eines Durchfuhrhandels von Nordwesten nach dem<lb/> Südosten hatte verhindern können, so war dennoch die Behauptung im vollen<lb/> Recht, daß der Aufschwung trotz der Zölle geschehen sei und ohne dieselben<lb/> in weit größerem Maaßstabe statthaben werde. Ebenso begründet war auch<lb/> die warnende Hinweisung auf die Schienenwege, welche jetzt von Frankreichs<lb/> nordwestlichen Seehandelsplätzen, von Havre, Fecamps, Boulogne über Paris.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0134]
trotz allem Drängen und Treiben von Seiten einzelner und gerade der mäch¬
tigsten Vereinsglieder, trotz der in diesen Verhältnissen klar und scharf gepräg¬
ten öffentlichen Meinung, die beiden maaßgebenden Grundsätze in folgerichtiger
und genügender Weise durchzuführen. , Stets nur nach langjährigen, durch
Sonderinteressen rücksichtslos hingehaltenen Verhandlungen konnte von dem
allgemein als nothwendig Erkannten ein kleinstes Bruchtheil erreicht werden.
Von dem einen Widerspruch zwischen dem Beabsichtigten und dem That¬
sächlichen hat sich der Zollverein endlich, aber freilich auch erst nach langem
Drängen und Verhandeln befreien dürfen. Mit der Einfuhr fremdländischer
Waaren in Deutschland, gegen welche das Schutzsystem doch nur gerichtet sein
konnte, besteuerte der Verein auch die Durchfuhr derselben durch Deutschland
und erhob also von den Waaren einen Zoll, welche die eine Grenze des
Vereinsgebietes nur betraten, um es an der gegenüberstehenden wieder zu ver¬
lassen. Man bestrafte also, was nur Nutzen brachte, man hielt fern, was auf
Schutz und Erleichterung jeder Art gerechtesten Anspruch hatte. Der Druck
dieser Abgaben, 17V- Pr. vom Zollcentner, wurde natürlich am schwersten
in den beiden außerhalb des Vereins stehenden, doch dessen übermeerischen
Handel zum größten Theil vermittelnden Seehandelsstädten Hamburg und
Bremen empfunden, wo die Einfuhr von außerdeutschen Erzeugnissen und die
Ausfuhr der deutschen in mächtigster Strömung sich einander begegnen. Bei¬
der Märkte Handelsstand erhob deshalb auch schon seit Jahren mit zäher Kraft
und erfahrungsreicher Sachkenntniß den Widerspruch und bot alle Mittel des
Wortes und der Schrift auf, um die Durchgangszölle in ihrem wah¬
ren Wesen als eine Straft und Fessel des gesammten deutschen Han¬
delsverkehrs von der öffentlichen Meinung erkannt und verurtheilt zu se¬
hen. Bremen vor Allem, nach glücklich überstandener Handelskrise noch
kraftvoller emporstrebend, war unermüdlich in wohlgeleiteter und begründeter
Agitation gegen diese Zölle, von deren Aufhebung die Stadt mit Recht
eine ausgiebige Förderung ihres ohnedies schon wachsenden Speditions¬
handels erwartete. Im I. 1849 führte Bremen durch deutsches Gebiet in
die Schweiz 73,311 Centner Waaren und nach Oestreich 173.907 Centner.
dagegen im J. 1857 dorthin schon 496.147 Ctnr. und hierhin 3,620.699 Ctnr.
In ähnlicher Weise hatte auch der Waarenzug von Bremen aus in die süd¬
deutschen Staaten zugenommen. Obwol also keineswegs der Fehler des Zoll¬
systems das Aufblühen eines Durchfuhrhandels von Nordwesten nach dem
Südosten hatte verhindern können, so war dennoch die Behauptung im vollen
Recht, daß der Aufschwung trotz der Zölle geschehen sei und ohne dieselben
in weit größerem Maaßstabe statthaben werde. Ebenso begründet war auch
die warnende Hinweisung auf die Schienenwege, welche jetzt von Frankreichs
nordwestlichen Seehandelsplätzen, von Havre, Fecamps, Boulogne über Paris.
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