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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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möge. Die Erfüllung dieses Wunsches ist nothwendig, und sie ist nichts
weniger als unmöglich, wenn man von Seiten der Regierungen, wie in Sach-
sen und Preußen, Hilfe leistet oder wenigstens anregt, nicht hindernd in den
Weg tritt. Das Meiste aber muß das Volk selbst thun.

Soll jener Wunsch zur Wahrheit werden -- und es wäre im Hinblick
auf die Dinge, die da kommen werden, im höchsten Grade erfreulich und
tröstlich, wenn er sich verwirklichte -- so muß jeder, der sich über die Wichtig¬
keit des Turnens klar ist, so muß vor Allem jeder Turnverein in seiner Um¬
gebung, jeder einzelne Turner nach seinen Kräften als Apostel sür die Weiter¬
verbreitung seiner Kunst und für die Gründung neuer Turnstätten mitarbeiten,
und so muß das Tanzen, Singen und Jubeln, welches von dem modernsten
Jungtumerthum als die wahre Lebensessenz empfohlen wird, den ohnehin
schon viel zu zahlreichen Vergnügungsgesellschaften überlassen bleiben.

Noch bestehen in Tausenden unter den deutschen Städten keine Turnver¬
eine, noch fehlen in fast allen Dörfern die Turnplätze. Hier harrt derer, die
sich dieser Sache gewidmet haben, noch ein tüchtiges Stück Arbeit, und
hier ist für die, welche über kurz oder lang genöthigt sein werden an das
ganze Volk zu appelliren, noch ein Schatz von Kraft und Macht zu heben.

Der berliner Turnrath wird in nächster Zeit nach allen Ortschaften der
Provinz Brandenburg, wo noch keine Turnvereine bestehen, an daselbst woh¬
nende Turm- und Vaterlandsfreunde, oder, wo deren Adressen fehlen, an die Orts¬
vorsteher eine Aufforderung nebst Rathschlägen zur Begründung von solchen Ver¬
einen richten. Er wird die Hauptturnvereine Deutschlands einladen, dieselbe
gedruckte Aufforderung zur Versendung an Städte und Dörfer ihrer Kreise zu
benutzen. Wenn sich dann mit dieser schriftlichen Propaganda auch noch eine
fleißige persönliche Thätigkeit der Turnvereine, etwa durch Turnfahrten nach
den in's Auge zu fassenden Ortschaften, durch Veranstaltung von Schauturnen,
durch Absenkung geeigneter Persönlichkeiten verbände, so könnte der oben er¬
wähnte Wunsch wenigstens annähernd in Erfüllung gehen. Die Ziffer der
Turnvereine in Deutschland schriebe sich dann nicht wie jetzt 506, sondern
506 X 10 5060, und hinter dem Heer, in Preußen hinter Heer und
Landwehr, stünde eine Reserve, die bei einiger Uebung in den Waffen min¬
destens ebensoviel Werth hätte als die Freiwilligen, die jetzt in England von
sich reden machen.

Wir danken denen, die sich dieser Sache mit Wort und That annahmen,
empfehlen ihre Bestrebungen der Theilnahme der Nation, vorzüglich auch dem
Theil derselben, der die baaren Mittel zur Unterstützung des Werkes besitzt,
und schließen mit einem "Gut Heil" sür die weiß-rothe Fahne und alle, die
sich unter ihr sammeln.




möge. Die Erfüllung dieses Wunsches ist nothwendig, und sie ist nichts
weniger als unmöglich, wenn man von Seiten der Regierungen, wie in Sach-
sen und Preußen, Hilfe leistet oder wenigstens anregt, nicht hindernd in den
Weg tritt. Das Meiste aber muß das Volk selbst thun.

Soll jener Wunsch zur Wahrheit werden — und es wäre im Hinblick
auf die Dinge, die da kommen werden, im höchsten Grade erfreulich und
tröstlich, wenn er sich verwirklichte — so muß jeder, der sich über die Wichtig¬
keit des Turnens klar ist, so muß vor Allem jeder Turnverein in seiner Um¬
gebung, jeder einzelne Turner nach seinen Kräften als Apostel sür die Weiter¬
verbreitung seiner Kunst und für die Gründung neuer Turnstätten mitarbeiten,
und so muß das Tanzen, Singen und Jubeln, welches von dem modernsten
Jungtumerthum als die wahre Lebensessenz empfohlen wird, den ohnehin
schon viel zu zahlreichen Vergnügungsgesellschaften überlassen bleiben.

Noch bestehen in Tausenden unter den deutschen Städten keine Turnver¬
eine, noch fehlen in fast allen Dörfern die Turnplätze. Hier harrt derer, die
sich dieser Sache gewidmet haben, noch ein tüchtiges Stück Arbeit, und
hier ist für die, welche über kurz oder lang genöthigt sein werden an das
ganze Volk zu appelliren, noch ein Schatz von Kraft und Macht zu heben.

Der berliner Turnrath wird in nächster Zeit nach allen Ortschaften der
Provinz Brandenburg, wo noch keine Turnvereine bestehen, an daselbst woh¬
nende Turm- und Vaterlandsfreunde, oder, wo deren Adressen fehlen, an die Orts¬
vorsteher eine Aufforderung nebst Rathschlägen zur Begründung von solchen Ver¬
einen richten. Er wird die Hauptturnvereine Deutschlands einladen, dieselbe
gedruckte Aufforderung zur Versendung an Städte und Dörfer ihrer Kreise zu
benutzen. Wenn sich dann mit dieser schriftlichen Propaganda auch noch eine
fleißige persönliche Thätigkeit der Turnvereine, etwa durch Turnfahrten nach
den in's Auge zu fassenden Ortschaften, durch Veranstaltung von Schauturnen,
durch Absenkung geeigneter Persönlichkeiten verbände, so könnte der oben er¬
wähnte Wunsch wenigstens annähernd in Erfüllung gehen. Die Ziffer der
Turnvereine in Deutschland schriebe sich dann nicht wie jetzt 506, sondern
506 X 10 5060, und hinter dem Heer, in Preußen hinter Heer und
Landwehr, stünde eine Reserve, die bei einiger Uebung in den Waffen min¬
destens ebensoviel Werth hätte als die Freiwilligen, die jetzt in England von
sich reden machen.

Wir danken denen, die sich dieser Sache mit Wort und That annahmen,
empfehlen ihre Bestrebungen der Theilnahme der Nation, vorzüglich auch dem
Theil derselben, der die baaren Mittel zur Unterstützung des Werkes besitzt,
und schließen mit einem „Gut Heil" sür die weiß-rothe Fahne und alle, die
sich unter ihr sammeln.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/106>, abgerufen am 23.12.2024.