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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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Die Turnkunst in Deutschland.

Die Tage vom 10. bis 12. August werden in Berlin ein Fest sehen,
welches für die Entwickelung der deutschen Nation von hoher Bedeutung ist.
Man wird am Geburtstage Zahns das fünfzigjährige Bestehen der Einführung
des Turnens in das Volk feiern und damit die Grundsteinlegung zu einem
Denkmal verbinden, durch welches die deutschen Turner den Begründer ihrer
Genossenschaft zu ehren gedenken. Indem wir die Freunde der Kunst auf diese
Feier aufmerksam machen, knüpfen wir daran einen Ueberblick über den gegen¬
wärtigen Bestand der deutschen Turnvereine, den wir im Auszug aus der im
Verlag von E. Keil in Leipzig erscheinenden "Deutschen Turnzei'tung" ent¬
nehmen und mit einigen Glossen begleiten. Man wird daraus mit Genug¬
thuung ersehen, daß die Turnerci im letzten Jahre in mehren Gegenden einen
sehr erfreulichen Aufschwung genommen hat, und wenn die nächsten Jahre
ein gleiches Wachsthum zeigen, so wird vor Ablauf dieses Decenniums schon
wenigstens in Betreff der Betheiligung fast erreicht sein, was man billigerweise
vom Volke erwarten kann.

Betrachten wir die einzelnen deutschen Bundesländer, so ist zunächst zu
bemerken, daß Mecklenburg-Strelitz. Anhalt-Bernburg, Waldeck, die beiden Lippe,
Hessen-Homburg und Liechtenstein ohne Turnvereine sind, und daß die zum
Bundesgebiet gehörigen Theile Oestreichs deren nur 4, Luxemburg und Dessau-
Cöthen nur je 1 haben. Die übrigen Staaten zeigen folgende Zahlen:

Preußen, wo Anfangs 1860 erst 45 Turnvereine bestanden, hat deren
jetzt 144, und zwar kommen davon die meisten aus die Rheinprovinz und die
Provinz Brandenburg, dann folgen nach dem Grad der Betheiligung Sachsen,
Westphalen, Schlesien. Pommern, Preußen und Posen, in welcher letzteren
Provinz sich nur 2 Turnvereine, zu Posen und Bromberg, befinden, während
die Rheinprovinz deren 48 besitzt.

Nächst Preußen zählt das Königreich Sachsen die meisten Turnvereine,
und wenn man die Einwohnerzahl der beiden Staaten vergleicht, so hat sich
das Turnen hier sogar bei Weitem mehr Boden erobert, als dort. Preußen
hat bei 18 Millionen Einwohnern 144, Sachsen bei 2^ Millionen 77 Turn¬
plätze. Von letzteren kommen bei Weitem die meisten auf den leipziger und
den zwickauer Kreis; der, in welchem die Hauptstadt liegt, hat nur 10, der
bautzner, der bekanntlich auch sonst hinter den übrigen vielfach zurücksteht, nur
5 Vereine der gedachten Art."

Die Sachsen haben bekanntlich keinen Anspruch auf die Ehre "Kerndeutsche


Die Turnkunst in Deutschland.

Die Tage vom 10. bis 12. August werden in Berlin ein Fest sehen,
welches für die Entwickelung der deutschen Nation von hoher Bedeutung ist.
Man wird am Geburtstage Zahns das fünfzigjährige Bestehen der Einführung
des Turnens in das Volk feiern und damit die Grundsteinlegung zu einem
Denkmal verbinden, durch welches die deutschen Turner den Begründer ihrer
Genossenschaft zu ehren gedenken. Indem wir die Freunde der Kunst auf diese
Feier aufmerksam machen, knüpfen wir daran einen Ueberblick über den gegen¬
wärtigen Bestand der deutschen Turnvereine, den wir im Auszug aus der im
Verlag von E. Keil in Leipzig erscheinenden „Deutschen Turnzei'tung" ent¬
nehmen und mit einigen Glossen begleiten. Man wird daraus mit Genug¬
thuung ersehen, daß die Turnerci im letzten Jahre in mehren Gegenden einen
sehr erfreulichen Aufschwung genommen hat, und wenn die nächsten Jahre
ein gleiches Wachsthum zeigen, so wird vor Ablauf dieses Decenniums schon
wenigstens in Betreff der Betheiligung fast erreicht sein, was man billigerweise
vom Volke erwarten kann.

Betrachten wir die einzelnen deutschen Bundesländer, so ist zunächst zu
bemerken, daß Mecklenburg-Strelitz. Anhalt-Bernburg, Waldeck, die beiden Lippe,
Hessen-Homburg und Liechtenstein ohne Turnvereine sind, und daß die zum
Bundesgebiet gehörigen Theile Oestreichs deren nur 4, Luxemburg und Dessau-
Cöthen nur je 1 haben. Die übrigen Staaten zeigen folgende Zahlen:

Preußen, wo Anfangs 1860 erst 45 Turnvereine bestanden, hat deren
jetzt 144, und zwar kommen davon die meisten aus die Rheinprovinz und die
Provinz Brandenburg, dann folgen nach dem Grad der Betheiligung Sachsen,
Westphalen, Schlesien. Pommern, Preußen und Posen, in welcher letzteren
Provinz sich nur 2 Turnvereine, zu Posen und Bromberg, befinden, während
die Rheinprovinz deren 48 besitzt.

Nächst Preußen zählt das Königreich Sachsen die meisten Turnvereine,
und wenn man die Einwohnerzahl der beiden Staaten vergleicht, so hat sich
das Turnen hier sogar bei Weitem mehr Boden erobert, als dort. Preußen
hat bei 18 Millionen Einwohnern 144, Sachsen bei 2^ Millionen 77 Turn¬
plätze. Von letzteren kommen bei Weitem die meisten auf den leipziger und
den zwickauer Kreis; der, in welchem die Hauptstadt liegt, hat nur 10, der
bautzner, der bekanntlich auch sonst hinter den übrigen vielfach zurücksteht, nur
5 Vereine der gedachten Art."

Die Sachsen haben bekanntlich keinen Anspruch auf die Ehre „Kerndeutsche


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[0104] Die Turnkunst in Deutschland. Die Tage vom 10. bis 12. August werden in Berlin ein Fest sehen, welches für die Entwickelung der deutschen Nation von hoher Bedeutung ist. Man wird am Geburtstage Zahns das fünfzigjährige Bestehen der Einführung des Turnens in das Volk feiern und damit die Grundsteinlegung zu einem Denkmal verbinden, durch welches die deutschen Turner den Begründer ihrer Genossenschaft zu ehren gedenken. Indem wir die Freunde der Kunst auf diese Feier aufmerksam machen, knüpfen wir daran einen Ueberblick über den gegen¬ wärtigen Bestand der deutschen Turnvereine, den wir im Auszug aus der im Verlag von E. Keil in Leipzig erscheinenden „Deutschen Turnzei'tung" ent¬ nehmen und mit einigen Glossen begleiten. Man wird daraus mit Genug¬ thuung ersehen, daß die Turnerci im letzten Jahre in mehren Gegenden einen sehr erfreulichen Aufschwung genommen hat, und wenn die nächsten Jahre ein gleiches Wachsthum zeigen, so wird vor Ablauf dieses Decenniums schon wenigstens in Betreff der Betheiligung fast erreicht sein, was man billigerweise vom Volke erwarten kann. Betrachten wir die einzelnen deutschen Bundesländer, so ist zunächst zu bemerken, daß Mecklenburg-Strelitz. Anhalt-Bernburg, Waldeck, die beiden Lippe, Hessen-Homburg und Liechtenstein ohne Turnvereine sind, und daß die zum Bundesgebiet gehörigen Theile Oestreichs deren nur 4, Luxemburg und Dessau- Cöthen nur je 1 haben. Die übrigen Staaten zeigen folgende Zahlen: Preußen, wo Anfangs 1860 erst 45 Turnvereine bestanden, hat deren jetzt 144, und zwar kommen davon die meisten aus die Rheinprovinz und die Provinz Brandenburg, dann folgen nach dem Grad der Betheiligung Sachsen, Westphalen, Schlesien. Pommern, Preußen und Posen, in welcher letzteren Provinz sich nur 2 Turnvereine, zu Posen und Bromberg, befinden, während die Rheinprovinz deren 48 besitzt. Nächst Preußen zählt das Königreich Sachsen die meisten Turnvereine, und wenn man die Einwohnerzahl der beiden Staaten vergleicht, so hat sich das Turnen hier sogar bei Weitem mehr Boden erobert, als dort. Preußen hat bei 18 Millionen Einwohnern 144, Sachsen bei 2^ Millionen 77 Turn¬ plätze. Von letzteren kommen bei Weitem die meisten auf den leipziger und den zwickauer Kreis; der, in welchem die Hauptstadt liegt, hat nur 10, der bautzner, der bekanntlich auch sonst hinter den übrigen vielfach zurücksteht, nur 5 Vereine der gedachten Art." Die Sachsen haben bekanntlich keinen Anspruch auf die Ehre „Kerndeutsche

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/104>, abgerufen am 22.12.2024.