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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band.

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den. der die Regel entwarf, unwesentlich gewesen ist) und bemerken nur, daß
ein gehorsamer und den Pflichten des Bundes gewissenhaft nachkommender
Bruder! noch andern Segen als den der gedachten Kasse zu gewärtigen hat.
Das Rauhe Haus hat nicht bloß einen schönen Nothpfennig für ihn bereit,
es hat auch gute Verbindungen. "Jedem Sendbruder wird", so besagen die
Statuten der Nauhhäusler, "nachdem er sich bewährt hat, durch Vermittlung
des Vorstehers ein Amt dargeboten, in welchem er dem Herrn zu dienen im
Stande ist, und das ihm jedenfalls für seine Person ein hinreichendes Aus¬
kommen gewährt." Es bleibe unerörtert, ob man ein hinreichendes Auskom¬
men haben muß, um dem Herrn dienen zu können. Aber manchem wird es
zu aufrichtiger Genugthuung gereichen, daß es gelungen ist, eine Anstalt zu
gründen, die in der angenehmen Lage ist, mit solcher Zuversicht ihren Zöglingen
nach bloß dreijährigem Cursus eine gute Versorgung darzubieten. Unsre Uni¬
versitäten und Schullehrcrseminare sind nicht in dem Falle.

Unsere Genugthuung und unser Erstaunen legen sich aber bald, wenn
wir erfahren, daß der Obereonvictmeister der Rauhhäusler vor einiger Zei
vortragender Rath für Gesüngnißangelegenheiten im preußischen Ministerium
des Innern geworden, und daß die Brüderschaft in den preußischen Staats¬
dienst getreten ist. Wie dieses Verhältniß geordnet ist. zeigt folgende Blumen¬
lese aus den Statuten des Vereins: Der Obereonvictmeister ordnet vor jeder
Entsendung die contractiichen Verhältnisse mit den berufenden Behörden.
Der zu Entsendende bindet sich durch Unterschrist, diesen Contract sorgfältig
zu halten und ist der Brüderschaft dafür verantwortlich. Veränderungen des
Contracts können selbstverständlich nicht ohne Mitwirkung und Zustimmung
des Vorstehers (Obereonvictmeister Dr. Wiehern) vorgenommen werden. In
specielle Angelegenheiten des Dienstes mischt sich die Brüderschaft nicht, es
sei denn, daß die Mitwirkung des Vorstehers von der competenten Seite (der
Regierung) in Anspruch genommen wird. Jeder Bruder hat seinen Dienst
in dem Geist zu thun, in dem er entsendet worden, und ist dafür der Brüder¬
schaft Rechnung schuldig. In etwaigen CollifionsfMen mit seinen (nicht zu dem
Bunde gehörigen) Vorgesetzten ist er verpflichtet, die Vermittelung des Vor¬
stehers in Anspruch zu nehmen, doch nur vertraulich, ohne officielle Berufung
auf denselben, außer in denjenigen Fällen, wo dieß, wie von jetzt an immer
geschehen wird, contractlich bestimmt ist."

Zu welchen Consequenzen solche Vorschriften für den Staat führen müssen,
liegt auf der Hand. Es gibt aber auch noch andere, nicht minder auffällige.
Ein Bruder darf nur nach eingeholter Erlaubniß beim Vorsteher heirathen.
Er muß seine Frau mit strenger Rücksicht auf seinen Dienst für das Reich
Gottes wählen. Andere Brüder haben ihm dabei zu rathen, ihn zu warnen
und, wenn dies unberücksichtigt bleibt, dem Vorsteher davon Anzeige zu ma'


den. der die Regel entwarf, unwesentlich gewesen ist) und bemerken nur, daß
ein gehorsamer und den Pflichten des Bundes gewissenhaft nachkommender
Bruder! noch andern Segen als den der gedachten Kasse zu gewärtigen hat.
Das Rauhe Haus hat nicht bloß einen schönen Nothpfennig für ihn bereit,
es hat auch gute Verbindungen. „Jedem Sendbruder wird", so besagen die
Statuten der Nauhhäusler, „nachdem er sich bewährt hat, durch Vermittlung
des Vorstehers ein Amt dargeboten, in welchem er dem Herrn zu dienen im
Stande ist, und das ihm jedenfalls für seine Person ein hinreichendes Aus¬
kommen gewährt." Es bleibe unerörtert, ob man ein hinreichendes Auskom¬
men haben muß, um dem Herrn dienen zu können. Aber manchem wird es
zu aufrichtiger Genugthuung gereichen, daß es gelungen ist, eine Anstalt zu
gründen, die in der angenehmen Lage ist, mit solcher Zuversicht ihren Zöglingen
nach bloß dreijährigem Cursus eine gute Versorgung darzubieten. Unsre Uni¬
versitäten und Schullehrcrseminare sind nicht in dem Falle.

Unsere Genugthuung und unser Erstaunen legen sich aber bald, wenn
wir erfahren, daß der Obereonvictmeister der Rauhhäusler vor einiger Zei
vortragender Rath für Gesüngnißangelegenheiten im preußischen Ministerium
des Innern geworden, und daß die Brüderschaft in den preußischen Staats¬
dienst getreten ist. Wie dieses Verhältniß geordnet ist. zeigt folgende Blumen¬
lese aus den Statuten des Vereins: Der Obereonvictmeister ordnet vor jeder
Entsendung die contractiichen Verhältnisse mit den berufenden Behörden.
Der zu Entsendende bindet sich durch Unterschrist, diesen Contract sorgfältig
zu halten und ist der Brüderschaft dafür verantwortlich. Veränderungen des
Contracts können selbstverständlich nicht ohne Mitwirkung und Zustimmung
des Vorstehers (Obereonvictmeister Dr. Wiehern) vorgenommen werden. In
specielle Angelegenheiten des Dienstes mischt sich die Brüderschaft nicht, es
sei denn, daß die Mitwirkung des Vorstehers von der competenten Seite (der
Regierung) in Anspruch genommen wird. Jeder Bruder hat seinen Dienst
in dem Geist zu thun, in dem er entsendet worden, und ist dafür der Brüder¬
schaft Rechnung schuldig. In etwaigen CollifionsfMen mit seinen (nicht zu dem
Bunde gehörigen) Vorgesetzten ist er verpflichtet, die Vermittelung des Vor¬
stehers in Anspruch zu nehmen, doch nur vertraulich, ohne officielle Berufung
auf denselben, außer in denjenigen Fällen, wo dieß, wie von jetzt an immer
geschehen wird, contractlich bestimmt ist."

Zu welchen Consequenzen solche Vorschriften für den Staat führen müssen,
liegt auf der Hand. Es gibt aber auch noch andere, nicht minder auffällige.
Ein Bruder darf nur nach eingeholter Erlaubniß beim Vorsteher heirathen.
Er muß seine Frau mit strenger Rücksicht auf seinen Dienst für das Reich
Gottes wählen. Andere Brüder haben ihm dabei zu rathen, ihn zu warnen
und, wenn dies unberücksichtigt bleibt, dem Vorsteher davon Anzeige zu ma'


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111969/100>, abgerufen am 22.07.2024.