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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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Das zuletzt citirte Blatt übertreibt des rhetorischen Schwunges wegen.
Daß die Angaben des ersteren nicht übertrieben sind, daß die Verhältnisse
sogar in der Zwischenzeit noch ungünstiger für Virginien geworden sind, ha¬
ben wir durch unsere Zusätze gezeigt, und mag durch Folgendes noch deutlicher
gemacht werden.

Virginien hatte im Jahre 1790 eine Bevölkerung von 10,68 Menschen
auf der Quadratmeile, das benachbarte, von der Natur im Wesentlichen gleich
ausgestattete Pennsylvanien nur eine von 9,28. Bis zum Jahre 1850 aber
hatte sich das Verhältniß so umgestaltet, daß in Pennsylvanien auf die Ge¬
viertmeile 17.30, in Virginien auf dieselbe nur 13,72 Menschen kamen.
Mit dieser langsameren Zunahme der Bevölkerung in Virginien steht die
relative Ausdehnung des cultivirten Landes und der Werth der Landgüter im
Verhältniß, und in dieser Beziehung vergleiche man nach einem Blick auf die
Größe der betreffenden Staaten die nachstehende kleine Tabelle.

Cultivirtcs Land

Uncultivirtes Land

Werth der Farmer.

Staaten.

Durchschnittspreis

in Ackern.

des Ackers.

in Ackern.

V

216,401.543 Do".

i

15,792,176

10,360,135

rginien8 Doll.

407,876.099 "

P

8,623,619

6,294,728

ennsylvanien27 ..
N

12.408.964

6,710,120

554,546,642 "

euyork29 .,

358,758,603 "

O

9,851.493

8.146.000

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984.955

120,237,511 "

1,767,991

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Mag nun auch die mittlere Qualität des Landes in Pennsylvanien. Neuyork
und Ohio ein wenig besser sein als die des Virginischer, so ist sie in Neujersey
ganz entschieden schlechter als in Virginien.

Der Grund des Zurückbleibens Virginiens gegen diese und viele andere
Staaten ist nicht schwer einzusehen. Es ist eben ein Sklavenstaat, die Skla¬
verei verträgt sich nicht mit der Industrie und nicht mit der Einwanderung,
und nur durch die Einwanderung und die Industrie oder doch hauptsächlich
durch diese Mächte sind jene Nordstaaten groß und reich geworden. Aehnlich
wie in den Ländern, wo die Leibeigenschaft herrscht, fehlt in den sklavenhal-
tcnden Strichen Virginiens ein Bürger- oder Mittelstand, oder ist derselbe
wenigstens nicht hinreichend entwickelt. Der große virginische Landeigenthümer
gleicht fast in allen Stücken unsern polnischen Edelleuten, er besitzt alle ihre
Tugenden und die meisten ihrer Laster. Jener Stand der selbst und für eigne
Rechnung Arbeitenden bedingt durch seine industriellen Sitten die Kraft und das
Gedeihen der ganzen heutigen Welt, und in dessen außerordentlichem Ueber-
wiegen in den nördlichen Staaten ist (vgl. Fröbel: "Aus Amerika" 1. Bd.
S. 118) die außerordentliche Kraftquelle derselben zu suchen. Diesem nach'
eigen Volkselemente fällt selbstverständlich die große Masse der Einwanderung
zu. Nur durch diese könnte den Virginiern nachhaltig geholfen werden. Der
Staat bedarf nicht, was die Machthaber desselben allein zu wünschen scheinen,


Das zuletzt citirte Blatt übertreibt des rhetorischen Schwunges wegen.
Daß die Angaben des ersteren nicht übertrieben sind, daß die Verhältnisse
sogar in der Zwischenzeit noch ungünstiger für Virginien geworden sind, ha¬
ben wir durch unsere Zusätze gezeigt, und mag durch Folgendes noch deutlicher
gemacht werden.

Virginien hatte im Jahre 1790 eine Bevölkerung von 10,68 Menschen
auf der Quadratmeile, das benachbarte, von der Natur im Wesentlichen gleich
ausgestattete Pennsylvanien nur eine von 9,28. Bis zum Jahre 1850 aber
hatte sich das Verhältniß so umgestaltet, daß in Pennsylvanien auf die Ge¬
viertmeile 17.30, in Virginien auf dieselbe nur 13,72 Menschen kamen.
Mit dieser langsameren Zunahme der Bevölkerung in Virginien steht die
relative Ausdehnung des cultivirten Landes und der Werth der Landgüter im
Verhältniß, und in dieser Beziehung vergleiche man nach einem Blick auf die
Größe der betreffenden Staaten die nachstehende kleine Tabelle.

Cultivirtcs Land

Uncultivirtes Land

Werth der Farmer.

Staaten.

Durchschnittspreis

in Ackern.

des Ackers.

in Ackern.

V

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Mag nun auch die mittlere Qualität des Landes in Pennsylvanien. Neuyork
und Ohio ein wenig besser sein als die des Virginischer, so ist sie in Neujersey
ganz entschieden schlechter als in Virginien.

Der Grund des Zurückbleibens Virginiens gegen diese und viele andere
Staaten ist nicht schwer einzusehen. Es ist eben ein Sklavenstaat, die Skla¬
verei verträgt sich nicht mit der Industrie und nicht mit der Einwanderung,
und nur durch die Einwanderung und die Industrie oder doch hauptsächlich
durch diese Mächte sind jene Nordstaaten groß und reich geworden. Aehnlich
wie in den Ländern, wo die Leibeigenschaft herrscht, fehlt in den sklavenhal-
tcnden Strichen Virginiens ein Bürger- oder Mittelstand, oder ist derselbe
wenigstens nicht hinreichend entwickelt. Der große virginische Landeigenthümer
gleicht fast in allen Stücken unsern polnischen Edelleuten, er besitzt alle ihre
Tugenden und die meisten ihrer Laster. Jener Stand der selbst und für eigne
Rechnung Arbeitenden bedingt durch seine industriellen Sitten die Kraft und das
Gedeihen der ganzen heutigen Welt, und in dessen außerordentlichem Ueber-
wiegen in den nördlichen Staaten ist (vgl. Fröbel: „Aus Amerika" 1. Bd.
S. 118) die außerordentliche Kraftquelle derselben zu suchen. Diesem nach'
eigen Volkselemente fällt selbstverständlich die große Masse der Einwanderung
zu. Nur durch diese könnte den Virginiern nachhaltig geholfen werden. Der
Staat bedarf nicht, was die Machthaber desselben allein zu wünschen scheinen,


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[0472] Das zuletzt citirte Blatt übertreibt des rhetorischen Schwunges wegen. Daß die Angaben des ersteren nicht übertrieben sind, daß die Verhältnisse sogar in der Zwischenzeit noch ungünstiger für Virginien geworden sind, ha¬ ben wir durch unsere Zusätze gezeigt, und mag durch Folgendes noch deutlicher gemacht werden. Virginien hatte im Jahre 1790 eine Bevölkerung von 10,68 Menschen auf der Quadratmeile, das benachbarte, von der Natur im Wesentlichen gleich ausgestattete Pennsylvanien nur eine von 9,28. Bis zum Jahre 1850 aber hatte sich das Verhältniß so umgestaltet, daß in Pennsylvanien auf die Ge¬ viertmeile 17.30, in Virginien auf dieselbe nur 13,72 Menschen kamen. Mit dieser langsameren Zunahme der Bevölkerung in Virginien steht die relative Ausdehnung des cultivirten Landes und der Werth der Landgüter im Verhältniß, und in dieser Beziehung vergleiche man nach einem Blick auf die Größe der betreffenden Staaten die nachstehende kleine Tabelle. Cultivirtcs Land Uncultivirtes Land Werth der Farmer. Staaten. Durchschnittspreis in Ackern. des Ackers. in Ackern. V 216,401.543 Do«. i 15,792,176 10,360,135 rginien8 Doll. 407,876.099 „ P 8,623,619 6,294,728 ennsylvanien27 .. N 12.408.964 6,710,120 554,546,642 „ euyork29 ., 358,758,603 „ O 9,851.493 8.146.000 hio19 „ N 984.955 120,237,511 „ 1,767,991 eujersey43 Mag nun auch die mittlere Qualität des Landes in Pennsylvanien. Neuyork und Ohio ein wenig besser sein als die des Virginischer, so ist sie in Neujersey ganz entschieden schlechter als in Virginien. Der Grund des Zurückbleibens Virginiens gegen diese und viele andere Staaten ist nicht schwer einzusehen. Es ist eben ein Sklavenstaat, die Skla¬ verei verträgt sich nicht mit der Industrie und nicht mit der Einwanderung, und nur durch die Einwanderung und die Industrie oder doch hauptsächlich durch diese Mächte sind jene Nordstaaten groß und reich geworden. Aehnlich wie in den Ländern, wo die Leibeigenschaft herrscht, fehlt in den sklavenhal- tcnden Strichen Virginiens ein Bürger- oder Mittelstand, oder ist derselbe wenigstens nicht hinreichend entwickelt. Der große virginische Landeigenthümer gleicht fast in allen Stücken unsern polnischen Edelleuten, er besitzt alle ihre Tugenden und die meisten ihrer Laster. Jener Stand der selbst und für eigne Rechnung Arbeitenden bedingt durch seine industriellen Sitten die Kraft und das Gedeihen der ganzen heutigen Welt, und in dessen außerordentlichem Ueber- wiegen in den nördlichen Staaten ist (vgl. Fröbel: „Aus Amerika" 1. Bd. S. 118) die außerordentliche Kraftquelle derselben zu suchen. Diesem nach' eigen Volkselemente fällt selbstverständlich die große Masse der Einwanderung zu. Nur durch diese könnte den Virginiern nachhaltig geholfen werden. Der Staat bedarf nicht, was die Machthaber desselben allein zu wünschen scheinen,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/472>, abgerufen am 02.10.2024.