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Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band.

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meisten Regierungen bis jetzt standhaft abgekehrte Centralisation irgend einer
Regierungsgewalt sein würde.. Man möchte Angesichts anderer Erfahrungen
fast zweifeln, ob die Wichtigkeit der Folgen richtig gewürdigt worden, oder ob
es in der That Ernst sei mit der Anstrebung einheitlicher Rechtszustände. So
viel ist gewiß, daß in der Durchführung des Handeisgesetzes wo nicht alle doch fast
alle und, wie wir bereits hervorhoben, selbst diejenigen Regierungen einig sind,
welche man bisher keinerlei Förderung des nationalen Einheitsgedankens
zeihen konnte. Mit dem größten Eifer, ja mit einer gewissen Hast sieht man
die Vorlage bei den Ständekammern betreiben; von Seiten der Volksver¬
tretungen wird der Sache sicher kein Hinderniß in den Weg gelegt werden,
auch nicht weil man vermuthen möchte, daß dafür der Drang nach einheitlichen
Institutionen auf anderen Gebieten desto länger vertröstet werden soll.

Sehen wir sonach keine ernstlichen Besorgnisse, daß die Einführung des
Gesetzes ganz und gar irgendwo abgelehnt werden möchte, läßt sich vielmehr
aus den verschiedensten Gründen voraussehen, daß, selbst wenn man hier und da
zu zögern gewillt wäre, doch nach Annahme desselben in dem größten Theil
Deutschlands und in den mächtigsten Staaten der übrige Theil nachfolgen muß,
so fragt es sich doch noch, wie das neue Recht ein- und durchzuführen ist.

Bei unsern jetzigen Zuständen kann sich Niemand der Hoffnung hingeben,
daß der gemeinsamen Berathung eine gemeinsame Einführung folgen werde.
Die Gelegenheit ist recht dazu angethan, Beigleichungen anzustellen. Existirte
eine deutsche Legislative, so wäre es an einer Berathung, an einer Discussion, an
einem Einsührungsgesetz genug. Statt dessen haben wir alles dies in jedem
Einzelstaat zu gewärtigen. Die Statistik mag die Kosten, Zeit, Arbeitskräfte,
welche auf diese Weise consumirt werden, berechnen! Allein der Mehrver¬
brauch an Geld und Geisteskräften mag ganz außer Anschlag bleiben. Der
Verlust ließe sich ertragen, wenn nicht damit sachlicher Schaden Hand in Hand
ginge. Galle es die Vorlage bei dem deutschen Parlament, so stünde nichts
im Wege, den Entwurf in einer Commission desselben noch einmal durch zu be¬
rathen und dann der Discussion auszusetzen. Manchen Fehlern oder Schwächen
des Werkes wäre dadurch noch der Weg der Abhilfe offen. Die hannoversche
Negierung braucht, um ihre Monna noch anbringen können, nur einen Antrag
auf gemeinsame Einführung bei dem Bundestag zu stellen; daß der wohl'
meinende Vorschlag, Ausschüsse sämmtlicher Landesrepräsentationen zusammen¬
treten zu lassen schwerlich ergriffen werden würde, konnte man vorauswifsen-
Der Bundestag hat bereits erklärt, daß die Einführung des Gesetzes den Re¬
gierungen zwar zu empfehlen, aber auch selbständig zu überlassen sei.

Muß das Gesetz die Publication in jedem einzelnen Lande durchmachen,
so erübrigt nun Nichts, als die Annahme desselben co bloc Eine nochmalige
Berathung und Modification der einzelnen Paragraphen würde, wenn sie


meisten Regierungen bis jetzt standhaft abgekehrte Centralisation irgend einer
Regierungsgewalt sein würde.. Man möchte Angesichts anderer Erfahrungen
fast zweifeln, ob die Wichtigkeit der Folgen richtig gewürdigt worden, oder ob
es in der That Ernst sei mit der Anstrebung einheitlicher Rechtszustände. So
viel ist gewiß, daß in der Durchführung des Handeisgesetzes wo nicht alle doch fast
alle und, wie wir bereits hervorhoben, selbst diejenigen Regierungen einig sind,
welche man bisher keinerlei Förderung des nationalen Einheitsgedankens
zeihen konnte. Mit dem größten Eifer, ja mit einer gewissen Hast sieht man
die Vorlage bei den Ständekammern betreiben; von Seiten der Volksver¬
tretungen wird der Sache sicher kein Hinderniß in den Weg gelegt werden,
auch nicht weil man vermuthen möchte, daß dafür der Drang nach einheitlichen
Institutionen auf anderen Gebieten desto länger vertröstet werden soll.

Sehen wir sonach keine ernstlichen Besorgnisse, daß die Einführung des
Gesetzes ganz und gar irgendwo abgelehnt werden möchte, läßt sich vielmehr
aus den verschiedensten Gründen voraussehen, daß, selbst wenn man hier und da
zu zögern gewillt wäre, doch nach Annahme desselben in dem größten Theil
Deutschlands und in den mächtigsten Staaten der übrige Theil nachfolgen muß,
so fragt es sich doch noch, wie das neue Recht ein- und durchzuführen ist.

Bei unsern jetzigen Zuständen kann sich Niemand der Hoffnung hingeben,
daß der gemeinsamen Berathung eine gemeinsame Einführung folgen werde.
Die Gelegenheit ist recht dazu angethan, Beigleichungen anzustellen. Existirte
eine deutsche Legislative, so wäre es an einer Berathung, an einer Discussion, an
einem Einsührungsgesetz genug. Statt dessen haben wir alles dies in jedem
Einzelstaat zu gewärtigen. Die Statistik mag die Kosten, Zeit, Arbeitskräfte,
welche auf diese Weise consumirt werden, berechnen! Allein der Mehrver¬
brauch an Geld und Geisteskräften mag ganz außer Anschlag bleiben. Der
Verlust ließe sich ertragen, wenn nicht damit sachlicher Schaden Hand in Hand
ginge. Galle es die Vorlage bei dem deutschen Parlament, so stünde nichts
im Wege, den Entwurf in einer Commission desselben noch einmal durch zu be¬
rathen und dann der Discussion auszusetzen. Manchen Fehlern oder Schwächen
des Werkes wäre dadurch noch der Weg der Abhilfe offen. Die hannoversche
Negierung braucht, um ihre Monna noch anbringen können, nur einen Antrag
auf gemeinsame Einführung bei dem Bundestag zu stellen; daß der wohl'
meinende Vorschlag, Ausschüsse sämmtlicher Landesrepräsentationen zusammen¬
treten zu lassen schwerlich ergriffen werden würde, konnte man vorauswifsen-
Der Bundestag hat bereits erklärt, daß die Einführung des Gesetzes den Re¬
gierungen zwar zu empfehlen, aber auch selbständig zu überlassen sei.

Muß das Gesetz die Publication in jedem einzelnen Lande durchmachen,
so erübrigt nun Nichts, als die Annahme desselben co bloc Eine nochmalige
Berathung und Modification der einzelnen Paragraphen würde, wenn sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 20, 1861, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341793_111431/458>, abgerufen am 25.08.2024.